Nick aus der Flasche
Eltern.
Nachdem sie noch ausgiebig gekuschelt und danach ein weiteres Mal geduscht hatten, gingen sie zum Hotel, in dem Julie mit ihrer Familie wohnte.
»Mom und Dad sind bestimmt auf ihrem Zimmer, denn um acht wollten wir alle Abendessen.« Julie schaute auf ihre Armbanduhr. »Also haben wir noch eine Stunde.«
Gut, eine Stunde würde er überleben.
Die Sonne senkte sich über dem Meer herab und tauchte den Himmel in verschiedene Rot- und Orangetöne. Es war so warm, dass sich Nick eine kurze Hose und ein kurzärmliges Hemd angezogen hatte. In der Hand trug er seine Sneaker. Es waren die, die er in Julies Zimmer herbeigezaubert hatte. Die andere Kleidung hatte ihm Lavender besorgt.
Sie betraten das Foyer des Hotels und fuhren mit dem Aufzug in die fünfte Etage. Dabei hämmerte ihm das Herz bis zum Hals. Jetzt wurde es ernst.
Sie klopften an Tür Nummer 516 und Julies Mom öffnete ihnen. Ginger und Connor waren bereits da. Sie saßen auf einer Couch, während Linda und Thomas auf Stühlen Platz nahmen. Nick quetschte sich mit Julie in einen breiten Sessel, froh, sie nah bei sich zu haben.
»Schön«, sagte Thomas, »dann kann es ja losgehen.« Er schenkte Nick einen durchdringenden Blick. »Also, wir sind bei deiner Tante stehen geblieben.«
Räuspernd griff Nick nach Julies Hand. »Es ist mir ernst mit Julie. Sehr ernst. Daher sollt ihr auch die Wahrheit erfahren.« Tief atmete er durch, während alle ihn erwartungsvoll anschauten. »Ich war nicht Emmas … Mrs. Warrens Neffe. Eigentlich war sie meine frühere Freundin und ich ein Flaschengeist.«
»Also, das ist doch nicht zu fassen!«, rief Thomas und sprang auf. »Raus mit dir und lass dich nie wieder blicken!«
»Dad!« Julie stand ebenfalls auf und kramte in ihrer Tasche herum. »Es stimmt, er war in dieser Flasche!« Sie stellte sie vor ihren Eltern auf den Tisch.
»Die hattest du von Mrs. Warren, ich erinnere mich«, sagte Linda und zog Thomas an der Hand zurück, sodass er sich setzte. Sein Kopf war dunkelrot und seine Augen funkelten gefährlich.
»Ja, aber das ist für euch nicht Beweis genug, das ist mir klar. Zum Glück habe ich mein altes Handy aufgehoben. Es ist unsichtbar.« Julie holte es ebenfalls aus der Tasche und hielt es in der Hand. Natürlich konnte es niemand sehen.
Ginger gluckste, woraufhin ihr Connor mit einem Stupser ans Bein zu verstehen gab, lieber still zu sein.
»Du hast es noch?« Nick konnte sein Glück kaum fassen, denn er hatte eine grandiose Idee.
Julie lächelte. »Immer dabei. Ich dachte, vielleicht wird es sichtbar, wenn du ein richtiger Mensch wirst oder aus dem Koma erwachst. Aber es ist nichts passiert, und ich glaube, es ist durch das Wasser kaputtgegangen.«
Sie hatten sich zuvor darauf geeinigt, ihren Eltern weder etwas von der Entführung noch von Julies Beinahe-Tod zu erzählen. Das hätte nur wieder zu irgendwelchen Konsequenzen geführt.
Nick versuchte, Thomas zu ignorieren, der wütend vor sich hinmurmelte und sich verhöhnt vorkam, und fragte Julie: »Wer hatte dich damals angerufen, als es … nass wurde?«
»Martin wollte wissen, warum wir nicht da waren, wo wir hätten sein sollen … und, äh, er wollte uns erzählen, dass Josh sich bei ihm entschuldigt hat.«
»Woher weißt du, dass es Martin war?«
»Er hat mir gesagt, dass er mich an diesem Tag mehrfach versucht hat, anzurufen, und außer ihm ruft mich sonst selten jemand an.«
Das konnte Nick bestätigen.
Linda schüttelte den Kopf, ihre Miene war ernst wie nie. »Unsichtbares Telefon! Also das ist das Abenteuerlichste, das du dir jemals ausged…«
Julie drückte ihrer Mom das unsichtbare Gerät in die Hand.
»Scheiße«, wisperte sie – und das sollte was heißen. Laut Julie existierten solche Worte bei Linda nicht.
»Thomas …«, sagte sie atemlos und überreichte ihm das Handy.
Seine Brauen zogen sich noch enger zusammen. »Spielst du jetzt dieses dämliche Spiel auch mit oder …« Abrupt verstummte er, drehte das unsichtbare Gerät in seinen Händen hin und her, und fragte erst eine halbe Minute später: »Was ist das für ein Trick?«
»Darf ich?« Nick beugte sich vor und nahm das Smartphone an sich. »Ich weiß, das klingt alles sehr kurios, aber ich kann euch alles beweisen. Ihr habt mich so herzlich bei euch aufgenommen, dass ich euch die Wahrheit schulde.« Tief blickte er Julie in die Augen. »Die ganze Wahrheit.«
Sie runzelte die Stirn. »Was meinst du damit?«
Okay, jetzt oder nie
, dachte er, wünschte, das
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