Niedersachsen Mafia
ihm
offenbar die zehn Jahre nicht anmerkte, die er dabei unterschlagen hatte. Kurt Buggenthin
war immer schon ein Frauentyp gewesen. Und wenn es doch nicht so viele gewesen
waren, wie er in seinen Berichten vorgab, so lag es nur an der mangelnden
Freizeit, sagte er sich. Aber heute hatte er sich die Stunden freigenommen,
nachdem ihn Elke, die heute ihren freien Tag hatte, endlich zu sich zum
Frühstück eingeladen hatte.
Ihm ging es viel zu langsam voran. Endlos schien die Schlange zu
sein, die sich die Willy-Brandt-Straße entlangquälte, an der abseits des
Zentrums gelegenen Post vorbei, am Kreisel beim Spaßbad SaLü, der Salztherme
Lüneburg, in die Soltauer Straße abbog und bedächtig durch die ruhigere
Vorstadt kroch. Hinter der Häuserfront zur Linken verbarg sich der Lüneburger
Kurpark.
Kurz darauf hatte Buggenthin sein Ziel erreicht. Den Hasenburger
Berg hatte Elke ihm als Anschrift genannt. Die Dreißigerzone und das
Einbahnstraßenschild bekundeten die Ruhe der Wohnstraße mit dem leichten
Linksbogen. Die älteren uniformen Rotklinkerhäuser im einheitlichen Stil
erinnerten Buggenthin an Wohnanlagen, wie sie früher oft von
Baugenossenschaften errichtet wurden. Doch Schlichtheit schloss Behaglichkeit
nicht unbedingt aus.
Langsam rollte er an den Häusern vorbei, bis er die gesuchte
Hausnummer fand und seinen Opel Astra auf dem Parkstreifen abstellte. Er ließ
seinen Blick an der Fassade entlanggleiten. Die Fenster waren mit sauberen
Gardinen versehen, hinter vielen schmückten Blumentöpfe die Fensterbänke.
Unweit ihrer Wohnung hatte Buggenthin die Frau kennengelernt, in der
Bäckereifiliale an der Soltauer Straße Ecke Heidkamp.
Buggenthin öffnete die schlichte Holztür mit den kleinformatigen
Glasscheiben und erklomm die Treppe.
»Hallo, Elkeschatz«, stieß Kurt Buggenthin kurzatmig hervor, als er
die zweite Etage, das Dachgeschoss, erreichte, wo Elke im Türspalt auf ihn
wartete.
»Guten Morgen«, erwiderte die Frau schüchtern.
»Ich bin die Treppe hinaufgerannt«, hechelte Buggenthin und hoffte,
dass Elke nicht mitbekommen hatte, dass es um seine Kondition nicht zum Besten
bestellt war. »Sie müssen etwas gegen den Bluthochdruck unternehmen«, hatte
sein Arzt ihn mehrfach zu einer vernünftigeren Lebensweise aufgefordert.
»Trinken Sie weniger und hören Sie mit dem Rauchen auf. Sonst kann es Sie eines
Tages schlimm erwischen.« Buggenthin hoffte, dass Elke über seinen knallroten
Kopf hinwegsah.
Er blieb vor der Frau stehen, beugte sich zu ihr hinab und
versuchte, ihr einen Kuss auf den Mund zu geben. Ich mag Frauen, die sich
erobern lassen wollen, dachte er bei sich, als Elke den Kopf wegdrehte und
seine Lippen kurz vor dem Ohr auf die Wange trafen.
»Schön, dass Sie da sind«, sagte Elke mit leiser Stimme.
»Sie?«, fragte Buggenthin und folgte ihr in die kleine Küche, aus
der es herrlich nach frisch aufgebrühtem Kaffee und knusprigen Brötchen
duftete. »Ich bin doch der Kurt, mein Zuckerpüppchen.« Wie zufällig strich
seine Hand dabei über den wohlproportionierten Po der Frau. Sexy, der Hintern,
dachte Buggenthin. Und wenn erst einmal die Hülle gefallen war …
Elke hatte sich mit dem Frühstückstisch viel Mühe gegeben. »Hahn und
Henne« hieß die Geschirrserie, die sie eingedeckt hatte. Akkurat gefaltete
Papierservietten lagen auf den Tellern, über die Eierbecher waren selbst
gestrickte Wärmer gestülpt. Honig, Marmelade, ein Teller mit Aufschnitt und das
große Glas mit dem brennenden Teelicht … All das war mit Liebe hergerichtet.
»Wollen Sie … äh du hier sitzen?«, fragte Elke schüchtern und wies
auf den Stuhl am Fenster.
»Ha! Ich möchte auf dir hocken.«
Elke drehte sich rasch um, nahm die Glaskanne von der
Kaffeemaschine, hielt sie vor ihrem Bauch und sagte: »Vorsicht. Heiß.«
Es hatte plötzlich nicht mehr den Anschein, als wäre sie glücklich
über die Einladung zum Frühstück.
»Mir knurrt der Magen. Ich habe noch nichts gegessen«, ergänzte sie.
Buggenthin ließ sich ächzend auf den Holzstuhl fallen. »Man kann
auch von Luft und Liebe leben«, sagte er vieldeutig. Dann strich er sich über
seinen Bauch. »Das hält schlank.« Es folgte ein verunglücktes Augenzwinkern. Er
zeichnete mit beiden Händen die Konturen einer Frau in die Luft. »Ich mag keine
Hungerhaken. An einer Frau muss was dran sein. Man will ja was in Händen
halten.« Dabei deutete er die Wölbung einer weiblichen Brust an.
Elke hatte Kaffee eingeschenkt und sah sich
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