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Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil

Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil

Titel: Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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Gänserich: »Wartet! Wartet! ich komme.«
    Er breitete die Flügel aus und schwang sich in die Luft hinauf, aber das Fliegen war ihm etwas so ungewohntes, daß er wieder
     auf die Erde zurücksank.
    Die wilden Gänse mußten seinen Ruf aber doch gehört haben. Sie kehrten um und flogen langsam zurück, um zu sehen, ob er kam.
    »Wartet! Wartet!« rief er und machte einen neuen Versuch.
    Dies alles hörte der Junge, während er da auf dem Steinwall lag. »Es würde wirklich schlimm sein,« dachte er, »wenn der große
     Gänserich davonfliegt. Vater und Mutter würden sehr ärgerlich darüber sein, falls er weg wäre, wenn sie aus der Kirche kommen.«
    Während er so dachte, vergaß er abermals ganz, daß er klein und ohnmächtig war. Er sprang von dem Steinwall mitten in die
     Gänseschar hinein und schlang den Arm um den Gänserich. »Du sollst es schon lassen, fortzufliegen!« sagte er.
    Aber gerade im selben Augenblick hatte der Gänserich entdeckt, wie er es anfangen mußte, um sich von der Erde emporzuheben.
     Er hatte keine Zeit, den Jungen abzuschütteln, der mußte mit ihm in die Luft hinauf.
    Es ging so schnell aufwärts, daß dem Jungen die Luft wegblieb. Ehe es ihm klar wurde, daß er den Hals des Gänserichs freigeben
     mußte, war er so hoch oben, daß er sich totgefallen hätte, wenn er heruntergestürzt wäre.
    Das einzige, was er tun konnte, um seine Lage ein wenig zu verbessern, war ein Versuch, auf den Rücken des Gänserichs hinaufzukommen.
     Er arbeitete sich wirklich da hinauf, wenn auch nicht ohne Mühe. Und es war auch keine leichte Sache, auf dem platten Rücken
     zwischen den beiden schwingenden Flügeln festzusitzen. Er mußte mit beiden Händen einen tiefen Griff in Federn und Flaumen
     hineinmachen, um nicht abzufallen.
Das gewürfelte Tuch.
    Dem Jungen ward es so schwindelig, daß er lange nicht wußte, wie ihm war. Die Luft sauste und pfiff ihm entgegen, die Flügel
     bewegten sich, und es braustein den Federn wie ein wahrer Sturm. Dreizehn Gänse flogen um ihn herum, und alle schlugen sie mit den Flügeln und schnatterten.
     Es flimmerte ihm vor den Augen, und es sauste ihm in den Ohren. Er wußte nicht, ob sie hoch oder niedrig flogen, oder wohin
     es mit ihnen ging.
    Endlich kam er so weit zu sich, daß er begriff, er müsse sich klar darüber werden, wohin die Gänse mit ihm flogen. Aber das
     war nicht so leicht, denn er wußte nicht, woher er den Mut nehmen sollte, hinabzusehen. Er war fest überzeugt, daß ihn schwindeln
     würde, wenn er es versuchte.
    Die wilden Gänse flogen nicht so sehr hoch, da der neue Reisekamerad nicht in der allerdünnsten Luft atmen konnte. Um seinetwillen
     flogen sie auch ein wenig langsamer als sonst.
    Schließlich zwang der Junge sich doch, einen Blick auf die Erde hinabzuwerfen. Und es schien ihm, als liege unter ihm ein
     großes Tuch ausgebreitet, das in eine unglaubliche Menge kleiner und großer Würfel eingeteilt war.
    »Wo in aller Welt bin ich nur hingekommen,« dachte er.
    Er sah nichts anderes als Würfel an Würfel. Einige waren schief und einige waren länglich, aber überall waren da Ecken und
     gerade Seiten. Nichts war rund und nichts war gekrümmt.
    »Was ist das doch für ein großes, gewürfeltes Tuch, das ich da unten sehe?« sagte der Knabe zu sich selbst, ohne eine Antwort
     von irgend jemand zu erwarten.Aber die wilden Gänse, die rings um ihn herumflogen, riefen sogleich: »Äcker und Wiesen. Äcker und Wiesen.«
    Da begriff er, daß das große, gewürfelte Tuch das flache schonensche Land war, über das er hinflog. Und es ward ihm nach und
     nach klar, woher es so vielfarbig und gewürfelt aussah. Die hellgrünen Würfel erkannte er zuerst, das waren die Roggenfelder,
     die im Herbst besät waren und sich grün unterm Schnee gehalten hatten. Die gelblichgrauen Würfel waren Stoppelfelder, auf
     denen im letzten Sommer Korn gewachsen war, die bräunlichen waren Kleewiesen, und die schwarzen waren leere Rübenäcker oder
     umgepflügte Brachfelder. Die braunen Würfel mit den gelben Rändern waren wohl Buchenwälder, denn in denen sind die großen
     Bäume, die mitten im Walde stehen, im Winter kahl, die kleinen Buchen aber, die am Waldrande wachsen, behalten die trockenen,
     gelben Blätter bis ganz in den Frühling hinein. Da waren auch dunkle Würfel mit Grau in der Mitte: das waren die großen, zusammengebauten
     Gehöfte mit den dunklen Strohdächern und den gepflasterten Höfen. Und dann waren da Würfel, die in der

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