Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Joschka, die siebte Kavallerie

Joschka, die siebte Kavallerie

Titel: Joschka, die siebte Kavallerie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
Vom Netzwerk:
Sieben mal siebenmal wild
    Ich erschrak und stellte mich tot.
    Draußen war es noch finster. Das ganze Haus schlief. Es war mucksmäuschen-gänsehaut-meuchelmord-still. Doch im Flur drückte etwas die Klinke an meiner Zimmertür runter. Langsam, ganz langsam machte es das. Verflixt! Ich schielte zu meinem Bruder, der im Bett unter mir lag. Er war nicht nur älter als ich. Er war Juli „Huckleberry“ Fort Knox, die Viererkette in einer Person. Er musste mir helfen!

    „Juli!“, flüsterte ich. „Juli! Wach auf!“
    Aber der hörte mich nicht. Nein, er traute sich nicht, mich zu hören. Er lag selbst bewegungslos da. Er hatte sich die Decke über den Kopf bis zur karierten Mütze gezogen und einen Zettel darauf geklebt:

    Bitte liebes Monster! Nimm bitte nicht mich, nimm meinen Bruder Joschka mit zu dir in die Hölle!
    „Warte! Das zahl ich dir heim!“, fluchte ich und ballte die Fäuste.
    Da sprang das Schloss der Zimmertür auf. Klack! Ein Stromschlag schoss durch meinen Körper hindurch. Die Tür begann sich ächzend und knarzend zu öffnen und für den Bruchteil einer Sekunde sah ich eine Krallen bewehrte, haarige Hand.
    „Los! Nichts wie raus aus dem Bett!“, schrie mich mein Schutzengel an. „Joschka! Hau ab!“
    Doch die Angst, die ich hatte, war schneller. Schneller und dümmer als ich. Ich hab es euch doch schon gesagt. Ich stellte mich tot. Ja, und deshalb hockte die Muffe wie eine fette Qualle auf meiner Brust. Ich konnte mich nicht mehr bewegen. Extra-touristische Tellergans! Was sollte ich tun? Die Tür schwang jetzt auf. Die Klinke schlug gegen den Schrank an der Wand. Mein Herz begann rasend zu schlagen, und ich konnte nichts anderes tun, als zu beten, dass das Monster zu dumm war, um Julis Klaue auf dem Zettel an seiner Mütze zu lesen.
    Dann war es still. Ich schloss meine Augen. Ich wünschte mir den Mut eines Drachentöters und sein mächtiges Schwert. Doch dieser Wunsch war offensichtlich zu groß für einen sechsjährigen Jungen. Mut und Schwert blieben aus. Oder nein! Wartet doch mal ’ne Sekunde! Wie spät war es eigentlich? Ja, verflixt, das war wichtig! Ich vergaß meine Angst und lugte zu meinem Wecker hinüber, der neben meinem Kopfkissen auf meinem Lieblings-Gruselbuch stand. Dem Buch über die Hexe Staraja Riba und ihren Kampf gegen den Allmächtigen Pink.
    Sechs Uhr sechsundvierzig konnte ich auf der Anzeige lesen. Sechs Uhr sechsundvierzig am siebten März. Das hieß, in sieben Minuten war es sieben vor sieben. Ja, und um sieben vor sieben am siebten März würde ich nicht mehr sechs Jahre alt sein. Um sieben vor sieben würde ich nach einem unerträglich ewigen Jahr und nach den letzten sieben Jahrtausende dauernden Tagen endlich, und den wilden Fußballgöttern sei Dank, sieben Jahre alt sein!
    Doch diese letzten sieben Minuten waren tödlich für mich. Ein Monster lauerte in der offenen Tür und mein Bruder hatte einen Zettel auf seine Mütze gepinnt, der genau dieses Monster dazu auffordern sollte, nicht ihn, sondern mich mit in die Hölle zu nehmen. Ratzfatz und Tattatta-Bumm! Ich würde meinen siebten Geburtstag niemals erleben! Meine Mutter würde umsonst die sieben Kerzen auf dem Geburtstagskuchen anzünden. Der heiße Kakao in meiner nachtschwarzen Wilde Kerle -Monster-Totenkopf-Tasse würde unberührt bleiben. Ja, genau so eine Tasse hatte ich mir nämlich zu meinem Geburtstag gewünscht, und niemand würde meine Brötchen mit dem „Zauberdrauf“ oder dem „Überraschungswurstkäsemarmeladenquarkmurks“, die mir meine Mutter jeden Tag schmierte, mit in die Schule nehmen.
    Sentimental-touristischer Tränensack! Ich sah es, als würde es gerade passieren: Mein Bruder saß einfach nur da. Ganz arglos und engelsrein verputzte er seine Semmel. Und als meine Mutter ihn fragte, wo ich denn blieb, ob ich nicht aufstehen wollte, zuckte er mit den Achseln. Unbeteiligt und desinteressiert, so als hätte sie ihn gefragt, wer den Lockenwickler erfunden hat. Ja, doch in Wirklichkeit rieb er sich unter dem Tisch schon die Hände. Der süße Speichel der Schadenfreude tropfte aus seiner Seele heraus und während ich in der Hölle im Bauch des Monsters verreckte, schielte dieser Mistkerl auf meine Geschenke. Ja, ganz bestimmt tat er das. Dafür leg ich meine Beine ins Feuer! Wer sonst würde sie kriegen, wenn es mich nicht mehr gab? Aber ich hatte noch Zeit. Noch konnte ich Julis hinterlistige Pläne durchkreuzen. Monster hin oder her! Ich sprang aus dem Bett und stürzte schon

Weitere Kostenlose Bücher