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Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil

Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil

Titel: Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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sprachen, aber er hatte nicht den
     Mut, sich auf den Hofplatz hinauszuwagen. Es währte nicht lange, da kamen die beiden wieder heraus, und da begleiteten der
     Vater und die Mutter sie bis an die Gitterpforte. Es war merkwürdig zu sehen, wie froh die beiden jetzt waren. Sie sahen so
     aus, als hätten sie neues Leben bekommen.
    Als die Gäste wieder fortgefahren waren, blieben der Vater und die Mutter an der Pforte stehen und sahen ihnen nach. »Jetzt
     will ich auch nicht mehr traurig sein,« sagte die Mutter, »jetzt, wo ich soviel Gutes von Niels gehört habe.« – »Viel haben
     sie eigentlich nicht von ihm erzählt,« sagte der Vater nachdenklich. – »War es nicht schon genug, daß sie einzig und allein
     hergereist kamen, um uns zu helfen, nur weil unser Niels ihnen große Dienstegeleistet hatte? Ich finde übrigens, du hättest ihr Anerbieten annehmen sollen, Vater.« – »Nein, Mutter, ich will von niemand
     Geld annehmen, weder als Geschenk noch als Darlehn. Erst will ich meine Schulden abbezahlen, und dann wollen wir versuchen,
     uns wieder emporzuarbeiten. Wir sind ja doch noch nicht so uralt, Mutter!« Der Vater lachte so herzlich, als er das sagte.
     »Ich glaube wahrhaftig, du findest es ergötzlich, den Hof zu verkaufen, in den wir soviel Arbeit hineingesteckt haben,« sagte
     die Mutter. – »Ach, du weißt ja recht gut, weswegen ich lache, Mutter,« entgegnete der Vater. »Was mich so bedrückt hat, daß
     ich zu nichts mehr zu gebrauchen war, das war ja, daß ich glaubte, der Junge sei vor die Hunde gegangen. Aber jetzt, wo ich
     weiß, daß er lebt und sich gut geschickt hat, jetzt sollst du sehen, daß Holger Nielsen noch was wert ist!«
    Die Mutter ging ins Haus hinein, aber Niels Holgersen versteckte sich schleunigst in eine Ecke, denn der Vater kam in den
     Stall, um nach dem Pferd zu sehen. Er ging zu ihm in den Stand hinein und hob, wie er es zu tun pflegte, den kranken Fuß in
     die Höhe, um zu sehen, ob er nicht entdecken könne, was ihm fehlte. »Aber was ist denn das?« fragte der Vater, denn er sah,
     daß einige Buchstaben in den Huf hineingeritzt waren. »Nimm das Eisen von dem Huf ab!« las er. Verwundert und fragend sah
     er sich nach allen Seiten um. Schließlich besah und befühlte er die untere Seite des Hufes. »Ich glaube wahrhaftig, daß etwas
     Scharfes darin sitzt,« murmelte er nach einer Weile.
    Während der Vater mit dem Pferde beschäftigt warund der Junge in einer Ecke des Stalles versteckt saß, kam noch mehr Besuch auf den Hof. Als nämlich der Gänserich Martin
     gesehen hatte, daß er sich so in der Nähe seiner alten Heimat befand, war es ihm unmöglich, der Lust zu widerstehen, seinen
     früheren Kameraden auf dem Hofe Frau und Kinder zu zeigen; und ohne weitere Umstände zu machen, nahm er Daunfein und die jungen
     Gänse mit und flog dahin.
    Es war kein Mensch draußen auf dem Hofe bei Holger Nielsen, als der Gänserich geflogen kam; so konnte er sich denn ganz ruhig
     niederlassen und Daunfein zeigen, wie herrlich er es gehabt hatte, als er noch eine zahme Gans war. Als sie den ganzen Hofplatz
     besichtigt hatten, entdeckte er, daß die Tür zum Kuhstall offen stand. »Guck einen Augenblick hier herein,« sagte er, »dann
     kannst du sehen, wo ich in alten Zeiten gewohnt habe! Das war etwas anderes, als sich in Teichen und Sümpfen aufzuhalten,
     so wie wir es jetzt tun.«
    Der Gänserich stand auf der Schwelle und sah in den Kuhstall hinein. »Hier ist kein Mensch,« sagte er. »Komm nur, Daunfein,
     dann sollst du die Gänsebucht sehen! Du brauchst nicht bange zu sein, da ist nicht die geringste Gefahr!«
    Und dann gingen der Gänserich, Daunfein und alle sechs Jungen in die Gänsebucht hinein, um zu sehen, in welchem Glanz und
     welcher Herrlichkeit der große Weiße gelebt hatte, ehe er sich den Wildgänsen anschloß.
    »Ja, seht, so hatten wir es hier! Da war mein Platz, und da stand der Futtertrog, der immer mit Hafer und Wasser gefüllt war,«
     sagte der Gänserich. »Warteteinmal, da ist auch jetzt Fressen!« Und damit lief er an den Trog und begann Hafer zu verschlingen.
    Aber Daunfein war unruhig. »Laß uns lieber wieder gehen,« sagte sie. – »Ach, nur noch ein paar Körner!« entgegnete der Gänserich.
     Im selben Augenblick stieß er einen Schrei aus und eilte auf den Ausgang zu. Aber es war zu spät. Die Tür fiel ins Schloß,
     Holger Nielsens Frau stand draußen und hakte die Krampe zu, und dann waren sie eingesperrt!
    Holger Nielsen

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