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Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil

Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil

Titel: Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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lagen. Östlich von ihm waren auch Bergabhänge, aber sie senkten sich und wurden niedriger,
     bis das Land unten am Meer ganz flach wurde. Überall blinkten Bäche und Flüsse, die, so lange sie zwischen den Bergen flössen,
     einen gefährlichen Lauf hatten mit Gießbächen und Wasserfällen, sich aber breit und blank ausdehnten, sobald sie sich dem
     Meeresufer näherten. Auch den Bottnischen Meerbusen konnte er sehen. In der Nahe des Landes war er mit Inseln übersät und
     von Landzungen ausgezackt, weiter draußen aber lag er klar und dunkelblau da wie ein Sommerhimmel.
    »Dies Land sieht aus wie ein Bach, wenn es eben geregnet hat und eine Menge kleiner Rinnsale zu ihm hinabgelaufen kommen und
     Furchen in den Boden graben, die sich winden und krümmen und schließlich zusammenlaufen,« dachte der Junge. »Und schön ist
     es hier. Ich entsinne mich noch, daß der alte Lappe auf Skansen immer sagte, der liebe Gott habe Schweden, als er es auf der
     Erde ausbreitete, auf den Kopf gestellt. Die anderen lachten über ihn, aber er behauptete, wenn sie nur gesehen hätten, wie
     schön es da oben im Norden sei, so würden sie schon begreifen, daß es nicht von Anfang an beabsichtigt gewesen sei, daß ein
     solches Land so abseits liegen sollte. Und ich glaube wirklich, darin hat er recht gehabt.«Als der Junge sich an der Landschaft satt gesehen hatte, nahm er den Ränzel vom Rücken, holte ein Stück seines Weißbrot heraus
     und begann zu essen. »Ich glaube, ich habe niemals so gutes Brot gekostet,« sagte er. »Und wieviel ich noch davon habe! Das
     kann noch für mehrere Tage ausreichen. Gestern um diese Zeit ahnte ich nicht, daß ich in den Besitz eines solchen Reichtums
     kommen würde.«
    Während er aß und kaute, dachte er daran, auf welche Weise er das Brot bekommen hatte. »Es schmeckt mir gewiß so gut, weil
     ich es auf eine so schöne Weise bekommen habe.«
    Schon am vorhergehenden Abend hatte der Königsadler Medelpad verlassen, und kaum war er über die Grenze von Ångermanland gekommen,
     als Niels Holgersen ein Tal und einen Fluß erblickte, die an Größe alles übertrafen, was er bisher an Ähnlichem gesehen hatte.
    Das Tal lag so breit zwischen den Bergrücken, daß der Junge auf den Gedanken kam, ob es nicht in früheren Zeiten von einem
     anderen Fluß gegraben sei, der viel größer und breiter war als der Elf, der es jetzt durchströmte. Das Tal mußte, als es fertig
     war, auf irgendeine Weise mit Sand und Erde angefüllt sein, nicht ganz, aber doch ein gutes Stück an den Bergen hinauf. Und
     durch den losen Sand hindurch hatte sich dann ein anderer Elf, der jetzt durch das Tal lief, und der ebenfalls sehr breit
     und wasserreich war, eine tiefe Furche gegraben. Er hatte seine Ufer auf das prächtigste zugeschnitten, bald waren es weiche
     Abhänge, die so köstlich blühten, daß es ganz bis zu dem Jungen hinauf rot und blau und gelbschimmerte, bald stiegen die Teile des Ufers, die so hart waren, daß das Wasser sie nicht wegwaschen konnte, gleich steilen
     Mauern und Türmen vom Flußufer auf.
    Dort oben in der Höhe, wo Niels Holgersen flog, glaubte er auf einmal in drei verschiedene Arten Welten hinabsehen zu können.
     Ganz unten in der Tiefe des Tales, wo der Elf floß, war die eine Welt. Da wurden Baumstämme geflößt, da gingen Dampfschiffe
     von einer Brücke zur anderen, da klapperten Sägewerke, da wurden große Frachtschiffe beladen, da wurde der Lachs gefangen,
     da wurde gerudert und gesegelt, da flogen eine Menge Schwalben von ihren Nestern am Flußufer hin und her.
    Aber ein Stockwerk höher, sozusagen zur ebenen Erde, das sich ganz bis an den Rand der Berge erstreckte, da war eine andere
     Welt. Da lagen Höfe, Dörfer, Kirchen, da bestellten die Bauern ihre Äcker, da graste das Vieh, da grünten die Wiesen, da waren
     die Frauen in ihren kleinen Gemüsegärten beschäftigt, da schlängelten sich die Landstraßen, da brausten Eisenbahnzüge dahin.
    Und dann, weit entfernt von diesem allen, hoch oben auf den waldbedeckten Bergkuppen, erblickte er eine dritte Welt. Da lag
     das Auerhahnweibchen auf seinen Eiern, da stand der Elch versteckt in dem tiefen Waldesdickicht, da lauerte der Luchs, da
     knabberte das Eichhörnchen, da dufteten die Tannen, da standen die Blaubeeren in Blüte, da schlug die Drossel ihre Triller.
    Als Niels Holgersen das reiche Flußtal erblickte, fing er an, über Hunger zu klagen. Zwei Tage lang hatte er nichts zu essen
     bekommen, sagte er, und

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