Night School 01 - Du darfst keinem trauen
Sie hob die Arme und verschränkte sie in seinem Nacken.
Als Zelazny kurz darauf von der Hintertür aus »Nachtruhe!« rief, hob Sylvain bedauernd den Kopf.
Allie aber hatte noch nicht genug. »Noch mal«, forderte sie.
Er lächelte, seine warmen Hände lagen auf ihren Hüften. »Gleich ist Nachtruhe. Wir müssen rein.«
»Noch ein mal?«
Verführerisch beugte er sich über sie. Sie hob ihr Gesicht und öffnete erwartungsvoll die Lippen, doch er gab ihr nur ein Küsschen auf die Wange. »Rein mit dir, junge Dame, sonst kriegst du noch Arrest.«
»Nachtruhe!«, rief Zelazny wieder. »Letzter Aufruf!«
Sylvain legte ihr besitzergreifend den Arm um die Schulter. An der Tür stießen sie zu den anderen Schülern, unter denen auch Katie und Jules waren. Als Allie den Hass in Katies Augen sah, schenkte sie ihr ein glückseliges Lächeln.
Allie: eins. Katie: null.
Zwölf
Als Allie am nächsten Morgen zum Frühstück kam, wartete Jo bereits ungeduldig vor dem Speisesaal. »Und, wie war’s?«, fragte sie ohne jede Vorrede und folgte Allie nach drinnen. »Erzähl mir alles.«
Allie lachte und häufte Rührei und Toast auf ihren Teller. »Du bist vielleicht neugierig.«
»Gib’s zu, er hat dich wieder geküsst!«, sagte Jo und kreischte auf, als Allie nickte. »Er fährt auf dich ab wie ein Ferrari. Hat er dich auch gefragt, ob du mit ihm auf den Ball gehst?«
»Nee«, sagte Allie. »Vielleicht küsst er mich einfach nur gern.«
»Er wird dich fragen«, sagte Jo zuversichtlich, während sie auf ihren angestammten Tisch zusteuerten.
»Carter war aber total komisch drauf gestern Abend.« Allie erzählte ihr, was vorgefallen war, und Jo runzelte die Stirn.
»Das ist ja … krass. Glaubst du, er ist eifersüchtig?«
»Ach was«, entgegnete Allie entschieden. »Der hasst mich. So, wie er sich gestern Abend verhalten hat … Als ob er mich abstoßend fände. Ich weiß nicht, was zwischen den beiden abgegangen ist, es war ganz schön heftig. Ich dachte, gleich gehen sie sich gegenseitig an die Gurgel.«
»Das würde Carter nie wagen«, sagte Jo. »Damit würde er sich dermaßen Ärger einhandeln. Aber ist ja auch egal, Sylvain steht auf dich! Und er wird dich garantiert fragen, ob du mit ihm auf den Ball gehst. Hundert Pro!«
Die ganze Woche über war der Ball das einzige Gesprächsthema – wer mit wem hinging, was sie dabei anziehen würden, und dass alle Champagner trinken durften und es keine Nachtruhe geben würde.
Sylvain arbeitete an irgendeinem größeren Projekt, weshalb Allie ihn kaum zu Gesicht bekam. Aber die Art und Weise, wie er sie jedes Mal ansah, wenn sie sich trafen, zeigte deutlich, dass die Sache mit Samstagabend kein Ausrutscher war. Er konnte die Finger nicht von ihr lassen. Wenn sie sich im Gang begegneten, zog er sie an sich und umarmte sie oder streichelte ihren Arm. Nach diesen Begegnungen war sie jedes Mal ganz außer Atem und hungrig nach mehr.
Aber ob sie mit ihm zum Ball gehen würde, hatte er sie immer noch nicht gefragt.
Gleichzeitig ließ Carter sie komplett auflaufen. Wann immer sie sich sahen, schaute er über sie hinweg. Im Unterricht begegneten sich ihre Blicke nie. Carter behandelte Allie, als wäre sie gar nicht da. Am Freitag war Allie entschlossen, endlich herauszufinden, was eigentlich los war. Sie wusste nur nicht, wie.
Nach dem Nachmittagsunterricht rannte sie in die Bibliothek, um einen obskuren Gedichtband aufzutreiben, den sie für Isabelles Englischkurs brauchte. Schwungvoll stieß sie die Tür auf – und knallte sie jemandem ins Gesicht, der gerade in die Gegenrichtung wollte.
»Oh, das tut mir leid«, sagte sie – und erstarrte. Im Türrahmen stand Carter und blickte sie finster an.
Als er Anstalten machte, erneut an ihr vorbeizulaufen, ohne ein Wort zu sagen, platzte ihr der Kragen. »Hey!«, fauchte sie. »Was ist los mit dir?«
»Nichts«, erwiderte er distanziert.
»Ach ja?«, sagte sie. »Und warum bist du dann so komisch drauf?« Sie schob sich an ihm vorbei in die Bibliothek. Carter packte sie am Arm und riss sie herum.
»Das sagt ja genau die Richtige!«, zischte er bühnenreif.
Er war stinkwütend, aber das war ihr völlig egal. »Ich sag, was ich will, Carter«, erwiderte sie und schüttelte seine Hand ab. »Und so, wie du dich gerade benimmst, das ist einfach nicht normal. Das ist total daneben.«
»Und was ist für dich normal, Allie?«, flüsterte er zornig. »Definier mir das mal. Ist Sylvain vielleicht normal?«
Sie spürte, wie es
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