Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nightschool. Du darfst keinem trauen

Nightschool. Du darfst keinem trauen

Titel: Nightschool. Du darfst keinem trauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Daugherty
Vom Netzwerk:
Gesichtsausdruck musste sie verraten haben, denn Jos Gesicht wirkte plötzlich entschlossen.
    »Im Ernst? Das gibt’s doch nicht. Na, das werden wir jetzt gleich ändern.«
    Sie sprang vom Sofa, kniete sich neben den Tisch zwischen ihnen und zog eine schuhkartongroße Holzkiste darunter hervor, der sie lauter glänzende Figuren entnahm. Sie stellte die schwarzen Figuren nebeneinander auf und reichte Allie ein weißes Pferd.
    Allie hielt die Figur hoch und ahmte das Wiehern eines Pferds nach. Jo warf ihr einen vernichtenden Blick zu.
    »Pony«, sagte Allie wenig begeistert.
    »Bleib doch mal ernst, Allie. Du kannst Brettspiele nicht leiden, okay. Aber Schach ist eigentlich gar kein Brettspiel. Schach heißt nur Spiel, in Wirklichkeit ist es Krieg.«
    Als Allie sie fragend ansah, fügte Jo voller Überzeugung hinzu: »Und deshalb ist Schach aufregend.« Sie zeigte auf die Figur, die Allie noch immer in der Hand hielt. »Das ist kein Pony, das ist ein Pferd, und es kann töten.« Sie deutete auf ein Feld und sagte: »Stell es hierhin.«
    Allie versuchte, ernst zu gucken, während sie das Pferd auf das bezeichnete Feld stellte und mit einem rebellischen Blick auf Jo leise »Braves Pferdchen« murmelte.
    Jo ignorierte sie und nahm einen Bauern.
    »Das sind die Fußsoldaten. Sie haben den geringsten Bewegungsspielraum und die geringste Schlagkraft, aber sie sind bereit, sich für die Oberen zu opfern. Ohne sie kann man nicht gewinnen.«
    Sie setzte die kleine, rundköpfige Figur ab und holte die nächste heraus.
    »Das ist dein Turm, die Festung des Königs. Es ist die einzige Figur auf dem Brett, die – bei einer Rochade – die Stelle des Königs einnehmen kann. Seine Rolle ist es, den Gegner zu verwirren. Er kommt hierhin.«
    Sie holte zwei weitere Figuren heraus. In der Rechten hielt sie etwas, dessen Form an ein Minarett erinnerte. »Der Läufer. Clever, gefährlich und sehr mächtig. Er macht die Drecksarbeit für die Dame.« Nun wog sie die große, majestätische Figur in ihrer Linken. »Der König. Meist ist er schwächer, als man denken würde – alle anderen Figuren schützen ihn, während er praktisch nie den anderen hilft, weil er sonst sterben könnte.«
    Allie stützte ihr Kinn auf die Hand. »Das ist ja wie bei Shakespeare, nur ein bisschen … gähn.«
    Jetzt nahm Jo eine schlanke weiße Figur mit Krone heraus und reichte sie ihr. »Die Dame. Eine richtige Hexe. Aber wenn man gewinnen will, muss man sich mit ihr arrangieren.«
    »Großartig«, sagte Allie. »Und was passiert jetzt? Wann kann ich dir endlich eins auf die Mütze geben?«
    Jo reichte ihr die restlichen weißen Figuren. »Wenn du fleißig übst und dich anstrengst, meinst du? An deinem siebenundzwanzigsten Geburtstag vielleicht. Ich spiele Schach, seit ich fünf bin. Stell deine so hin wie ich meine, dann werde ich dich zum ersten Mal schlagen.«
    Allie stellte ihre Figuren spiegelbildlich zu denen von Jo auf.
    »Erzähl mir ein bisschen von deinen Freunden«, sagte sie und nahm die Dame in die Hand. »Lisa und Lucas machen einen netten Eindruck, aber bei Ruth und Phil kann ich das noch nicht beurteilen …«
    Jo nickte. »Lisa wirst du bestimmt mögen – sie war meine erste Freundin in Cimmeria. Ruth ist cool, aber irgendwie ein bisschen anstrengend, finde ich. Man muss schon in der richtigen Stimmung sein. Phil ist okay – wenn er aufdreht, macht er schreckliche Witze. Aber wenn neue Leute da sind, ist er eher schüchtern.«
    In diesem Augenblick kam Ruth hereingerannt, völlig außer Atem. Ihre Kleidung war pitschnass, und aus ihren Haaren tropfte das Wasser.
    »Jo!«
    Keuchend stand sie vor ihnen, die Hände in die Seiten gestemmt. Zu ihren Füßen hatte sich eine Pfütze gebildet.
    Allie, die immer noch die Dame in der Hand hielt, erstarrte. Jo brachte kein Wort heraus, doch Ruth wollte nicht warten, bis einer sie fragte.
    »Es ist was passiert … mit Gabe«.

Acht
    Jo sprang so heftig auf, dass sich die Schachfiguren über den Boden verteilten.
    »Was …?« Sie sah verwirrt aus, ängstlich.
    »Er ist verletzt. Phil auch. Es ist schiefgegangen.«
    Allie stand auf und stellte sich zu Jo. »Was ist denn passiert? Wo sind sie?«
    Ruth warf ihr einen taxierenden Blick zu, und Allie meinte, Jo nicken zu sehen.
    »Im Gartenpavillon«, sagte Ruth.
    »Nichts wie hin«, sagte Allie, nahm Jo an der Hand und zerrte sie Richtung Tür. Ruth blieb zurück.
    Sie rannten durch die große Eingangshalle, schlitterten über den Steinboden,

Weitere Kostenlose Bücher