Nimm mich, wie ich bin
das Hotel einen Haufen Geld, den es sich nicht leisten konnte.
Und Miss Wheeler wollte, dass er sich abregte. Wie wäre das möglich? Er liebte sein Leben hier. Sein Job befriedigte sein drängendes Bedürfnis nach Aufregung und Gefahr, das ihn erfüllt hatte, seit sein Vater ihn im Alter von fünf Jahren zum ersten Mal nach Tibet mitgenommen hatte, wo sie einige Monate lang die Berge bestiegen hatten.
Auf seine eigene unorthodoxe Art hatte sein Vater versucht, in jedem seiner drei Söhne eine tiefe Liebe zum Abenteuer zu wecken. Chances beide älteren Brüder, Brandon und Kellan, hatten jedoch nie das Fernweh ihres Vaters geteilt und ihn nie richtig verstanden, ebenso wenig wie ihren jüngsten Bruder. Beide hatten gegen ihre ungewöhnliche Kindheit aufbegehrt und waren zum Militär gegangen.
Aber Chance schlug einen anderen Weg ein. Der Gedanke, sich der Autorität anderer Männer zu beugen, widerstrebte ihm zutiefst. Dafür genoss er seine Freiheit und Unabhängigkeit viel zu sehr. Wie auch sein Vater, sehnte Chance sich nach dem Abenteuer. Nicht viele konnten dieses Bedürfnis nachvollziehen. Und ganz bestimmt keine Frau. Tina war die Einzige gewesen, die ihn fast davon überzeugt hatte, dass sie ihn verstand.
Sie war Kindergärtnerin in Colorado gewesen, als er dort Urlaub machte. Sie waren beide neunzehn gewesen. Tagsüber fuhr Chance bis zur völligen Erschöpfung Ski, und in der Nacht liebte er Tina bis zur völligen Erschöpfung. Sie war so süß, so zerbrechlich und einfühlsam. So unglaublich es ihm zunächst auch vorkam, er hatte sich unwiderstehlich zu ihr hingezogen gefühlt, und obwohl er es versuchte, konnte er sich nicht von ihr losreißen.
Als es Zeit für ihn war, weiterzuziehen, hatte sie mit ihm kommen wollen, auch wenn das ungeregelte Leben, das er führte, ganz und gar nicht ihrer Natur entsprach. Tina hatte jedoch darauf bestanden, mit ihm zu gehen. Eine einmonatige Reise mit ihren Freundinnen in die kanadische Wildnis sollte seine Bedenken zerstreuen. Nach nur fünf Tagen, als sie den abgelegensten Teil von Kanadas wilder Natur erreicht hatten, wurde Tina krank. Als man sie endlich in ein Krankenhaus bringen konnte, hatte sich ihre Erkältung in eine Lungenentzündung verwandelt.
Bald darauf starb Tina.
Und obwohl Chance sich klarmachte, dass er sie nicht geliebt hatte, war er zutiefst getroffen und fühlte sich schuldig. Selbst jetzt, nach all den Jahren quälte ihn die Erinnerung.
Nie wieder hatte er sich mit einem süßen kleinen Ding mit großen, ausdrucksvollen Augen eingelassen. Nie wieder hatte er sich von einer Frau überzeugen lassen, dass er sie für mehr brauchte als für ein schnelles sexuelles Abenteuer.
Dank seines verrückten Arbeitspensums war es jedoch schon eine ganze Weile her, seit er sich dieses Vergnügen gegönnt hatte. Und das musste auch der Grund dafür sein, warum er jetzt die ganze Zeit über daran denken musste, dass Allys Bluse sich wie eine zweite Haut an sie schmiegte.
Plötzlich heftig erregt, beugte er sich vor und stellte die Heizung aus, im selben Moment, als Ally sich vorbeugte, um sie höher zu drehen. Ihre Hände berührten sich, und ihre Gesichter waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt.
Ally wich nervös zurück, und er lächelte grimmig. Es sah nicht so aus, als wäre Miss Prüde zu einem kleinen Abstecher ins Heu bereit.
Jetzt drückte sie die Nase ans Fenster und betrachtete die atemberaubende Landschaft, die schnell an ihnen vorbeisauste. Chance schüttelte den Kopf. “Man kann sehen, dass Sie noch nie in der Wildnis gewesen sind.”
“Nein. Es sei denn, Sie rechnen den Zentralbusbahnhof um fünf Uhr nachmittags dazu.”
“Das ist ein Zoo, nicht die Wildnis”, erwiderte er verächtlich und erkundigte sich mit boshafter Neugier: “Sie haben noch nicht einmal gecampt?”
“Einmal.” Sie verzog den Mund in ihrer Erinnerung zu einem schiefen Lächeln. “Im Garten hinter meinem Haus. Ich aß Marshmallows, trank Limo und sang laut vor mich hin. Es war wundervoll. Dann wurde ich von einer Spinne gebissen, bekam eine Infektion und übergab mich, weil ich zu viele Marshmallows gegessen hatte. Auf dem Weg zum Haus stolperte ich über den Gartenschlauch und brach mir den Fuß. Seitdem habe ich nicht wieder gecampt.” Sie seufzte. “Und keine Marshmallows gegessen.” Sie warf ihm einen Seitenblick zu. “Und das letzte Mal, als ich auf einem Fahrrad gesessen habe, brach ich mir den Arm. Da war ich zwölf. Aber ich kann
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