No Copyright. Vom Machtkampf der Kulturkonzerne um das Urheberrecht. Eine Streitschrift. (German Edition)
weiter. Da sollte man sich keinen falschen Illusionen hingeben.
Die Kette von der Produktion bis zum Endverbrauch zu überwachen, bleibt daher eine Aufgabe für Staaten, Regionen und internationale Zusammenschlüsse.
Sie zu erfüllen, wird den weltweiten Handel verlangsamen. Aber wenn unsere Wirtschaft dann den Standards an Umwelt- und Sozialverträglichkeit, ja letztlich auch den kulturellen Standards, die wir uns vorstellen, besser entspricht, so ist es die Sache wert. Realistischerweise sollten wir dennoch davon ausgehen, dass auch in Zukunft Güter vom einen Ende der Welt zum anderen transportiert werden müssen. Umso dringlicher erscheint es, dass der von der WTO ausdrücklich erwünschte freie Handel mit regulatorischen Kompetenzen der Nationalstaaten ins Gleichgewicht gebracht wird. Auch Organisationen, die international mit Mandatierung der WTO agieren, sollten eine Kontrollfunktion ausüben. Dass derzeit Güter und Dienstleistungen nahezu unkontrolliert grenzüberschreitend vertrieben werden, verunmöglicht es, unsere Ökonomien zu stabilisieren und auf eine moralisch akzeptable Grundlage zurückzuführen.
Doch selbst wenn die Nationalstaaten den grenzüberschreitenden Warenverkehr besser regulieren und kontrollieren würden, müssten aktive Bürger weltweit die Produktionsbedingungen und Vertriebswege im Auge behalten. Leider beschränken sich sogar die meisten Verbraucherschutzorganisationen heutzutage darauf, die technische Qualität und die Preise verschiedener Produkte zu vergleichen. Das genügt nicht.
Es sollte ein Recht darauf geben zu erfahren, was hinter den geschlossenen Toren der Fabriken, Sweatshops und anderer Produktionsstätten vor sich geht. Auch die Vertriebsnetze sollten offengelegt werden. Bürger sollten einen Rechtsanspruch darauf haben, alle Stadien auf dem Weg eines Produkts von der Produktion bis zum Endverbrauch überblicken zu können, und sie sollten diese Transparenz notfalls vor Gericht einfordern können. So würde deutlich, welches Unternehmen für welchen Anteil an einem bestimmten Produkt verantwortlich ist. Sanktionen unterschiedlicher Art wären dann denkbar. Die WTO könnte eine koordinierende Rolle spielen, was die Kontrolle und die Durchsetzung von Regulierung angeht. Offenkundig wäre dies aber eine andere WTO als jene, die wir heute kennen.
Angefangen bei Filmen, Theater, Musik, Büchern, bildender Kunst, Foto und Design, sind wir am Ende bei Patenten im Bereich der Medizin und beim Markenrecht gelandet. Das ist kein Wunder. Wenn man einmal begonnen hat, an einem Recht des geistigen Eigentums zu zweifeln – so wie wir am Copyright –, dann gibt es schon bald kein Halten mehr. Man stößt dann rasch auf ein ganzes Dickicht an Forschungsgegenständen, das noch durchdrungen werden will. Hoffentlich gibt es viele, die unser Interesse teilen und uns helfen werden.
Wir möchten mit unserem radikalen Denkansatz Mut machen, die jetzigen Marktverhältnisse zu verändern – denn es ist möglich!
Nachwort
Dieses Buch ist, obgleich Titel und erster Anschein es nahezulegen scheinen, kein juristisches. Mehr ist es eine politische Streitschrift, die, ausgehend von einer wirklichkeitsorientierten Problembetrachtung der widersprüchlichen Interessenbeziehungen von Autoren, Verwertern und Konsumenten bei der Produktion, Verbreitung und Nutzung kultureller Güter und Dienstleistungen, die existierenden rechtlichen Regelungen dieser Prozesse fundamentaler Kritik unterwirft. Die radikale, nicht nur juristische Theorie und Praxis provozierende Forderung, das Urheberrecht abzuschaffen – als extreme Position zuweilen auch in der rechtswissenschaftlichen Diskussion formuliert –, zwingt dazu, eine Antwort auf die Frage zu finden, wie in den modernen Gesellschaften die Produktion von und die Verfügung über Wissen und Kultur zu organisieren und auch rechtlich zu regeln ist. Abschaffung des Alten zieht ja notwendig die Schaffung des Neuen nach sich. Rechtsdogmatische und rechtspositivistische Überlegungen und Argumente allein schaffen dafür keine ausreichende Grundlage. So ist es durchaus positiv anzuerkennen, dass dieses Buch kein juristisches ist, sondern die Probleme des Urheberrechts unter einem weiten gesellschaftspolitischen Ansatz und auf der Basis einer Beschreibung und Analyse konkreter Erscheinungen der gegenwärtigen Kulturentwicklung betrachtet.
Das Urheberrecht ist bereits seit längerem Gegenstand kontroverser öffentlicher und wissenschaftlicher
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