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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Seidenlieferant, bittet um ein persönliches Gespräch mit Ihnen.«
    »Ach ja? Warum?«
    »Nun, nicht eigentlich für sich, sondern für zwei Aufkäufer, die mit ihm gekommen sind. Aus Choshu.«
    »Ach.« McFays Interesse war geweckt. Nachdem der Daimyo von Choshu, dem Lehen weit im Westen an der Shimonoseki-Meerenge, fast zwei Jahre lang vorsichtig sondiert hatte, war im vergangenen Jahr ein äußerst wichtiges Geschäft zustande gekommen, autorisiert vom Hauptbüro in Hongkong und von dort auch arrangiert: ein 200-Tonnen-Raddampfer mit einer sehr geheimen Ladung – Kanonen, Schrot und Munition –, umgehend bezahlt in Gold und Silber, zur Hälfte im voraus, den Rest bei Lieferung. »Führen Sie sie herein. Nein, warten Sie, lieber ins große Konferenzzimmer.«
    »Si, Senhor.«
    »Ist einer von ihnen derselbe wie letztes Mal?«
    »Senhor?«
    »Der junge Mann, der ein wenig Englisch sprach.«
    »Ich habe an dem Gespräch nicht teilgenommen, Senhor. Ich war damals auf Urlaub in Portugal.«
    »Ach ja, jetzt erinnere ich mich.«
    Das Konferenzzimmer war groß und bot an dem langen Eichentisch Platz für zweiundvierzig Personen. Es gab passende Sideboards und Kommoden für Tafelsilber sowie Vitrinen, die teilweise mit Waffen gefüllt waren. Er öffnete eine von ihnen, nahm einen Gürtel mit Pistolentasche heraus und schnallte ihn sich um die Taille; dann vergewisserte er sich, daß die Pistole geladen war und locker in der Tasche saß. Er hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, sich bei Gesprächen mit Samurai ebenso zu bewaffnen wie sie. »Um das Gesicht zu wahren«, erklärte er seinen Untergebenen, »aber auch aus Sicherheitsgründen.« Des weiteren lehnte er ein Spencergewehr an einen Sessel und nahm, mit dem Gesicht zur Tür, am Fenster Aufstellung.
    Vargas brachte die drei Männer herein. Der eine war dick, schmierig und ohne Schwert: Kinu, der Seidenlieferant. Die beiden anderen waren Samurai, der eine jung, der andere in den Vierzigern. Beide waren klein, mager, mit harten Gesichtern. Wie üblich waren sie bewaffnet.
    Sie verneigten sich höflich, und McFay bemerkte, daß beide Männer sofort den Hinterlader gesehen hatten. Er erwiderte die Verbeugung. »Ohayo«, sagte er. Guten Morgen. Und dann: »Dozo«, während er auf die Sessel deutete, die in sicherer Entfernung ihm gegenüber standen.
    »Good morning«, sagte der jüngere, ohne zu lächeln.
    »Ah, Sie sprechen Englisch? Ausgezeichnet. Bitte, nehmen Sie Platz.«
    »Nur sehr wenig«, radebrechte der Jüngere. Dabei klangen die ›L‹s wie ›R‹s, weil es im Japanischen kein ›L‹ gab, und die ›W‹s klangen ebenfalls sehr seltsam. Dann sagte er auf Fukunesisch, dem gemeinsamen chinesischen Dialekt, etwas zu Vargas, und anschließend stellten sich die beiden Samurai vor und setzten hinzu, daß sie von Herrn Ogama von Choshu geschickt worden seien.
    »Ich bin Jamie McFay, Geschäftsführer von Struan and Company in Nippon. Es ist mir eine Ehre, Sie hier begrüßen zu dürfen.« Wieder übersetzte Vargas. Geduldig arbeitete sich Jamie durch die obligatorischen fünfzehn Minuten der Fragen nach der Gesundheit des Daimyo, ihrer eigenen Gesundheit, seiner Gesundheit und der Gesundheit der Königin, die Aussichten in Choshu, in England, nichts Bestimmtes, alles sehr allgemein. Tee wurde serviert und gelobt. Schließlich kam der junge Mann zum Thema.
    Mit größter Vorsicht verhinderte Vargas, daß ihm die Erregung an der Stimme anzumerken war. »Sie wollen eintausend Hinterlader mit eintausend Bronzepatronen pro Waffe kaufen. Wir sollen ihnen einen fairen Preis nennen und innerhalb von drei Monaten liefern. Liefern wir innerhalb von zwei Monaten, werden sie eine Prämie bezahlen – zwanzig Prozent.«
    Äußerlich blieb auch McFay gelassen. »Ist das alles, was sie im Augenblick kaufen wollen?«
    Vargas erkundigte sich. »Ja, Senhor, aber sie brauchen eintausend Patronen pro Gewehr. Sowie ein Dampfschiff der kleinen Größe.«
    McFay überschlug im Kopf den riesigen potentiellen Profit, erinnerte sich dabei aber nur allzu deutlich an sein Gespräch mit Greyforth und die allseits bekannte, von Sir William unterstützte Abneigung des Admirals und des Generals gegen jeglichen Waffenverkauf. Erinnerte sich an die vielen Morde. An Canterbury, der in Stücke zerhackt worden war. Und daran, daß auch er selbst nichts vom Waffenverkauf hielt – nicht, bevor sich die ganze Lage beruhigt hatte. Würde sie sich aber je beruhigen, bei einem so kriegerischen Volk?

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