Norddeutschland, Morddeutschland - 3 Krimis von der Küste (German Edition)
blieb.
Ubbo hatte auf die Einwände, die Bernhardine damals sehr vorsichtig ihm gegenüber vorgebracht hatte, einfach nicht hören wollen. Jetzt hatte er die Frau, die er verdiente.
Zwei Jungs rannten ins Wohnzimmer hinein. Etwa elf und neun Jahre alt. Der Jüngere trat dem Älteren vor das Schienbein.
Dieser scheuerte seinem jüngeren Bruder umgehend eine. Beide schrien und beschuldigten sich lauthals.
"Dieser verfickte Hurensohn hat meine Pokémon-Karten in die Hundescheiße gesteckt!", rief der Kleinere.
"Ja, und du blöder Wichser, was hast du gemacht? Na sag's schon, du Arsch!"
"Schluss jetzt!", fuhr Bernhardine dazwischen. Sie war aufgesprungen. Die Jungs starrten ihre Oma an. "Ich will keinen Ton mehr hören!" Bernhardine wandte sich an Rena. "Dass du es den Jungs durchgehen lässt, dass sie so reden!"
"Das lernen sie in der Schule!"
"Das lernen sie, weil du es zulässt!"
"Ma, jetzt hör auf, dich in meine Erziehung einzumischen!"
"Von was für einer Erziehung redest du denn?"
"Jedenfalls lasse ich meine Kinder selbstständiger aufwachsen, als du es bei deinem Ubbo getan hast!"
"Ach, ja?"
"Sie sind auf jeden Fall keine Muttersöhnchen, sondern..."
"Mutterficker!", zischte der Kleinere seinem Bruder zu und fletschte dabei die Zähne wie man es eigentlich eher von der Dogge der Sluiters erwartet hätte.
"Ich will so etwas hier nicht mehr hören!", rief Bernhardine.
"Misch dich nicht ein!", rief Rena zurück.
"Ach, aber du darfst dich umgekehrt sehr wohl in meine Sachen einmischen und mir vorschreiben, ob ich einen Detektiv engagiere oder nicht!"
"Mach doch, was du willst, Ma!"
Rena wandte sich ihren Kindern zu, die interessiert dem Streit der beiden Frauen gelauscht hatten. "Wollt ihr jetzt etwas essen?"
"Nee!"
"Kein Hunger."
"Wollt ihr denn jetzt wenigstens eure Spielsachen zusammenräumen, damit wir nach Hause fahren können?"
"Nee!"
"Ey Scheiße, kein Bock!"
Bernhardine verdrehte die Augen. "Wenn du sie so fragst, wirst du es wohl selber machen müssen!", sagte sie an Rena gewandt.
"Wollt ihr denn vielleicht noch ein bisschen rausgehen, damit ich mich mit Oma unterhalten kann?"
"Wieso denn?"
"Keine Lust."
"Wir bleiben hier, sonst tritt Marvin mich dauernd!"
"Und Kevin muss die Pokémon-Karten aus dem Scheiße-Haufen rausholen, dieser Pisser!"
"Selber Pisser!"
"Schwule Sau!"
"Raus jetzt!", brüllte Bernhardine.
Marvin und Kevin starrten ihre Oma an. Dann verschwanden sie durch die Tür. Kaum waren sie im Flur, da fing der Streit wieder an. Bernhardine machte die Tür hinter ihnen zu.
"War das jetzt eine Kostprobe deiner Super-Pädagogik, Ma?", fragte Rena mit beißendem Unterton. Sie lehnte sich gegen die Kommode.
Bernhardine atmete tief durch. "Nein, ich konnte es einfach nicht mehr aushalten." Ihre Stimme bekam einen belegten Klang.
"Fast dreißig Jahre waren Gretus und ich zusammen und jetzt holt ihn mir irgendjemand einfach weg. Das stecke ich nicht so einfach weg."
Rena näherte sich ihrer Schwiegermutter, berührte leicht ihre Schulter. Aber Bernhardine zuckte zurück. Nein, zuviel Nähe von dieser Frau konnte sie unmöglich ertragen. Eine Gänsehaut überlief sie. Ein kaltes Herz hast du, Rena!, durchzuckte es sie.
Warum sieht das nur niemand? Warum hat Ubbo es nicht gesehen? Nur, weil du große Augen machen kannst und immer dafür sorgst, dass deine prallen Brüste gut zur Geltung kommen?
Bernhardine kochte innerlich.
"Vielleicht solltest du doch mal mit jemandem reden, Ma.
Mit jemandem, der mehr davon versteht und das professionell macht."
"Du redest von einem Psychologen."
"Ma, du sagst das, als ob..."
"Früher nannte man so einen doch Irrenarzt, oder nicht?"
"Ma!"
"Ja, guck mich nicht so an. So is' es doch!"
Eine quälend lange Pause entstand.
Bernhardine verschränkte die Arme vor der Brust, blickte hinaus in den Garten. Tasso, die Riesendogge, trottete auf die gläserne Terrassentür zu, versuchte sie mit der Nase zu öffnen.
Bernhardine half dem Riesenviech, bevor es damit anfangen konnte, am Türrahmen herumzukratzen.
Der Hund kam herein, lehnte sich gegen Bernhardines Hüfte.
"Ma, wir müssen noch eine andere Sache miteinander besprechen."
"So?"
"Ja, ich weiß, du bist mit Gretus' Tod innerlich beschäftigt und da ist nicht viel Platz für andere Gedanken..."
"Wie gut du meine Gedanken kennst, Rena!" Bernhardines Tonfall troff nur so vor Spott. Nimm dich zusammen!, wies sich die Witwe selbst zurecht. Was soll denn diese Bitterkeit,
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