Norddeutschland, Morddeutschland - 3 Krimis von der Küste (German Edition)
Vermutlich wollte sie es bei der Wohnungsöffnung mitnehmen“, erwiderte ich. „Aber wie sie geweint hat, war daran nicht etwas seltsam?“
„Etwas, aber da ist jeder anders“, erwiderte Walter.
„Aber sie kann ihn auch woanders vergiftet haben.“
„Warum aber dann wollte sie die Öffnung der Wohnung?
Sie hätte eine Vermisstenanzeige aufgeben können, aber sie ist selbst gekommen“, erwiderte ich.
„Oder sie ist mitgekommen, um jemanden zu haben, der belegt, wie entsetzt sie war, als sie ihn fand. Als Alibi. Wenn sie es war“, stellte Walter klar. Er blickte hinauf zu der Wohnung und seufzte. „Gut, gucken wir, wenn sie innerhalb von zwei Stunden nicht da ist, vergessen wir es und machen wieder normale Polizeiarbeit. Du und deine Ahnungen“, fügte er abfällig hinzu.
Wir standen nach kurzer Fahrt in der Nähe von Rudi Oppheims Wohnung und warteten. Walter bot mir einen seiner Schokoriegel an, die er immer im Handschuhfach aufbewahrte. „Für den kleinen Hunger zwischendurch“, bemerkte er. Ich lehnte dankend ab.
Nach kurzer Zeit fuhr ein Auto an uns vorbei und parkte einige Plätze vor uns in einer engen Parklücke.
Frau Oppheim stieg aus und sah sich um. Wir duckten uns und hofften, dass sie uns nicht sehen würde.
Sie schien uns nicht gesehen zu haben und betrat das Haus ihres verstorbenen Mannes.
„Los“, wies ich Walter an, der gemeinsam mit mir ausstieg. Wir gingen langsamen Schrittes zum Eingang des Treppenhauses und lauschten durch die einen Spalt breit offene Tür. Wir hörten die Schritte von Frauenabsätzen die Stufen hinaufklackern, bis schließlich ein Schlüssel zu hören war, der in ein Schloss gesteckt wurde. Es klackte.
„So viel zum Thema, sie hat keinen Schlüssel“, stellte ich fest und wir folgten ihr die Treppe hinauf, nahe bei der Wand gehend, um zu verhindern, dass sie uns von oben im Treppenhaus sehen würde.
Ihre Schritte bewegten sich, dann wurden sie leiser, dumpfer. Der Teppichboden in Rudi Oppheims Wohnung dämpfte sie. Jetzt kam es auf Timing an. Wir gingen gemessenen, aber nicht zu schnellen Schrittes in die Wohnung. Es war ein Geräusch aus dem Badezimmer zu hören.
Als ich es betrat, sahen Walter und ich, wie Frau Oppheim die Zahnpastatube ihres verstorbenen Mannes in der Hand hielt. Sie schien sie in ihre Tasche stecken zu wollen.
„Hinlegen, Hände auf dem Hinterkopf verschränken und anfangen sich eine gute Ausrede auszudenken“, erklärte ich ihr und legte meine Hand reflexartig auf den Griff meiner Dienstwaffe. Walter ging zu ihr und legte ihr Handschellen an.
„Sie haben einen verschlossenen Tatort widerrechtlich betreten und eine Falschaussage gemacht, ob sie einen Schlüssel zu dieser Wohnung besitzen“, erklärte er. „Wir fahren mal aufs Revier.“
Auf dem Weg zum Revier hatte mich Walter bei Dr.
Spranger rausgelassen, so dass ich ihm die Zahnpastatube bringen konnte. Er war erst einmal etwas überrascht und zweifelte daran, dass ich es ernst meinte. Trotzdem untersuchte er die Zahnpasta und kam bald darauf zurück.
„Hiermit wäre der Fall, so wie ich es verstehe, gelöst“, erklärte er mir breit lächelnd. Es war sein spezielles Lächeln, wenn er zufrieden war mit seiner Arbeit.
„Was ist es?“
„Nun, es handelte sich in der Leber wie auch in der Zahnpasta um verschiedene Oligopeptide. Amatoxine und Phallotoxine kommen so in der Leber wie auch in der Zahnpasta vor, es handelt sich vermutlich um ein Gift, das aus dem Grünen Knollenblätterpilz gewonnen wird. Er ist in Europa durchaus beheimatet, für jemanden, der weiß, wonach er sucht, ist er zu finden. Da hat sich aber wirklich jemand Mühe gegeben. In der Zahnpasta, die einen starken Eigengeschmack hat, ist das Gift nicht zu schmecken gewesen, nehme ich an. Es wirkte über die Schleimhäute und ein bisschen über die Menge, die vielleicht heruntergeschluckt wurde. Dann führte es zu Brechdurchfällen, die vom Opfer als Magen-Darm-Grippe selbstdiagnostiziert wurden und nach ungefähr fünf Tagen sind die Symptome etwas abgeklungen und die Leber versagte. Das passt zur Todesursache, bei einem Leberversagen kann ein Blutgerinsel entstehen, er starb vermutlich daran im Schlaf“, erklärte Dr. Spranger.
„Und wie hat sie es in die Tube bekommen? Ein Einstich wäre doch aufgefallen, wenn er auf die Tube gedrückt hätte?“, überlegte ich laut.
„Die Konzentration war direkt bei der Öffnung am höchsten, sie hat es einfach in die Öffnung der Tube gespritzt“,
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