Norddeutschland, Morddeutschland - 3 Krimis von der Küste (German Edition)
nicht diese Gedanken.
8. Kapitel
Am nächsten Morgen frühstückte Lorant in Beate Jakobs'
Lokal. Wie bei Oma zu Besuch!, dachte Lorant. Nur der etwas überdimensionierte Schanktisch erinnerte daran, dass man sich in einem Gasthaus befand. Dieser Schanktisch war mit seinen abgerundeten Formen ganz im Stil der Siebziger. Wahrscheinlich genauso alt wie die Wasserleitung und der Kaugummiautomat, der an der Wand hing.
Der Kaffee war ziemlich dünn, aber ansonsten war das Frühstück genau nach Lorants Geschmack.
Mohnhörnchen, Brötchen, ein weich gekochtes Ei und Aufschnitt.
"Ich gebe ja zu, dass ich nich' allzu oft Kaffee koche!", meinte Beate Jakobs. "Wenn Sie Tee genommen hätten, dann hätten Sie den so richtig nach Friesen-Sitte serviert gekriegt.
Aber bei uns im Haus trinkt niemand Kaffee."
"Ist alles in Ordnung, Frau Jakobs."
"Wenn Sie wollen, können Sie die Zeitung haben. Hat mein Schwiegersohn schon gelesen --- ist aber noch alles drin."
"Gerne."
Beate Jakobs ging hinter den Tresen, holte die wieder zusammengefaltete Zeitung und reichte sie Lorant. "Mein Schwiegersohn hat sie auch bestimmt nich' auf'm Klo gelesen, sondern in der Küche."
Lorant lächelte.
"Ich werde sie trotzdem lesen. Danke."
"Es wäre allerdings schön, wenn Sie sie ebenfalls wieder zusammenfalten würden. Ich habe nämlich zur Zeit noch einen anderen Gast. Kommt aus'm Ruhrgebiet. Der steht allerdings immer erst sehr viel später auf und..."
"...und der soll auch noch alles lesen können."
"So is' es!"
"Kein Problem."
Lorant schob das Mohnhörnchen in den Mund, biss ein Stück davon ab und begann zu kauen, während Beate Jakobs in der Küche verschwand.
Lorant schlug die Zeitung auf.
Eine Schlagzeile lautete:
KICKERS EMDEN: LEISTUNGSTRÄGER SOLLEN
BLEIBEN!
Lorant blätterte weiter.
ALTE FLIEGER UND ALTE AUTOS, hieß es da.
JAGDGESCHWADER 71 'RICHTHOFEN' IN WITTMUND
VERLIERT SICHERUNGSSTAFFEL UND HOFFT AUF
STAB, lautete der Untertitel. Und weiter: 'Für die Gebäude ist so wenig Geld da, dass womöglich die Sporthalle geschlossen werden muss. Eine schlechte Nachricht auch für Zivilisten, denn die Halle wird auch von Vereinen genutzt.' Auf dem zum Bericht gehörigen Foto lächelte der Standort-Kommodore zwar, aber das Zitat, mit dem er wiedergegeben wurde, wirkte eher besorgniserregend: 'In den letzten zwei Wochen mussten drei Mal Flugübungen unterbrochen werden, weil das vorgeschriebene vierte Feuerwehrauto ausfiel. Es ist ein Trauerspiel.'
Unter diesen Bedingungen macht so ein Kommodore-Job wohl auch keinen Spaß mehr!, dachte Lorant. Gut, dass der Kalte Krieg vorbei ist!
Dann fiel dem Detektiv eine kleine Meldung am Rand auf.
LEICHE MIT BOßEL-KUGEL IM ARM
Lorant war wie elektrisiert.
'Auf der an der A 28 in der Nähe von Oldenburg gelegenen Autobahnraststätte Huntetal wurde die Leiche eines Mannes entdeckt. Der Tote war in einen Teppich eingewickelt worden und muss so die letzten Wochen in einem Gebüsch hinter der Leitplanke bei der Ausfahrt gelegen haben. Da die Leiche keine Papiere bei sich trug und laut Polizeisprecher Barstrup vom Dezernat für Tötungsdelikte starke Spuren der Verwesung aufwies, konnte der Mann bislang nicht identifiziert werden. Als Todesursache werden Schläge auf den Kopf angegeben. Im gerichtsmedizinischen Institut Bremen versucht man jetzt, die genaue Todeszeit zu ermitteln sowie eine plastische Rekonstruktion des Gesichtes zu erstellen, um eine Identifikation zu ermöglichen. Rätsel gibt der ermittelnden Mordkommission auch eine Boßel-Kugel auf, die mit dem Opfer zusammen in den Teppich eingerollt war.'
Lorant blickte auf, vergewisserte sich, dass Beate Jakobs nicht gerade in diesem Moment in den Schankraum zurückkehrte.
Auch wenn ich mir den Zorn dieser liebenswürdigen alten Dame und ihres Gastes einhandele --- diesen Artikel brauche ich!, ging es ihm durch den Kopf.
Er nahm die Seite aus der Zeitung, faltete sie und steckte sie ein. Den Rest sortierte er sorgfältig.
Schritte von der Treppe waren zu hören.
Ein Mann Mitte dreißig betrat gähnend den Schankraum. Er trug Jeans und ein Sweatshirt. Die dicken Ringe unter seinen Augen sprachen dafür, dass er nicht viel Schlaf bekommen hatte.
"Moin!", knurrte er und setzte sich an jenen Tisch, den Beate Jakobs für ihn gedeckt hatte. Er schob sich die Ärmel seines Sweatshirts hoch. Die Unterarme waren tätowiert. Drachen im chinesischen Stil, mit großen Augen und schlangenähnlicher Flammenzunge.
"Ich
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