Nummer 28 greift ein Wir Kinder aus der Brunnenstraße
überhaupt noch Schiffe darauf fahren konnten. Der Strand war doppelt so breit wie
sonst. Nadeshda und Poli-Kala balancierten dort, wo sonst Wasser und Wellen waren, zwischen Matsch und Modder auf den feuchten,
glitschigen Steinen herum.
»Vielleicht finden wir ja einen kleinen Schatz!«, rief Poli.
Auch Nadeshda hielt Ausschau. Zu gern hätte sie wenigstens eine Flaschenpost gefunden. Doch alles, was sie im Modder zwischen
den Steinen entdeckten, war Müll.
Poli-Kala schien das nichts auszumachen. »Hey, guckt mal, eine vergammelte Zitrone!«, rief sie begeistert.»Und hier: zwei verrostete Dosen! Will die jemand haben? Eine rote Plastikzahnbürste! Die sieht noch ziemlich gut aus.« Schließlich
schrie sie aufgeregt in einer solchen Lautstärke, dass man sie wahrscheinlich bis hinüber auf die andere Elbseite nach Finkenwerder
hören konnte. »Schaut mal dahinten das Schwarze! Dahinten! Das sieht aus wie ein dicker fetter, kleiner Seehund!«
»Nie im Leben gibt es hier Seehunde!«, gab Gogo zurück.
»Genau«, fügte Fiede hinzu: »Du kannst wohl nicht richtig gucken, Poli-Kala!«
Nadeshda schaute sich Poli-Kalas angeblichen Seehund genauer an. Natürlich war es kein Seehund. Das, was dahinten zwischen
Steinen, Matsch und Modder halb im Wasser lag, war eine schwarze, nasse Lederaktentasche.
Poli-Kala traute sich nicht weiterzugehen. Nadeshda balancierte allein hinunter zur Wasserkante. Sie versuchte, die Tasche
herauszuziehen. »Ich schaffe es nicht allein!«, rief sie.
Gogo eilte herbei, um zu helfen. Als sie beide gemeinsam am Griff zogen, gab die Tasche plötzlich nach. Fast wären die Kinder
beide im Modder gelandet. Die Aktentasche war vor Nässe so schwer, dass sie sie selbst zu zweit kaum tragen konnten. Ächzend
schleppten sie den Fund den Strand hoch. Japsendstellten sie die Tasche schließlich ab und schmissen sich neben Fiede und Poli-Kala in den Sand.
»Gib mal her! So schwer kann das Teil doch eigentlich gar nicht sein!«, tönte Fiede. Doch auch er wurde vom Gewicht der Ledertasche
fast umgeworfen. »Was meint ihr, was drin ist?« Ächzend stellte er die Tasche ab.
»Natürlich ein Schatz!«, rief Poli-Kala begeistert.
»Könnte sein«, sagte Gogo. »Vielleicht Goldbarren oder Riesendiamanten.«
Nadeshda versuchte inzwischen, das Schloss der Tasche zu öffnen. Ohne Erfolg. »Verflixt. Die scheint abgeschlossen zu sein!
Wir müssen sie sofort zur Polizei bringen!«, sagte sie.
»Nicht schon wieder Polizei!«, stöhnte Fiede.
Gogo nickte und versuchte, so zu grinsen wie der Polizist vorhin und sagte mit gönnerhafter Stimme: »Ach, was bringt ihr uns
denn da, Kinderchen? Ah, eine Tasche voll Wasser . . .!«
Es war schließlich Fiede, der auf die Idee kam: »Wir nehmen die Tasche mit in unser Detektivbüro. Irgendwie werden wir sie
schon aufbekommen. Und vielleicht ist ja irgendetwas drin, das uns Aufschluss darüber geben kann, wer der Besitzer ist und
wo er wohnt. Dann können wir ihm seine Tasche sogar selbst und höchstpersönlich vorbeibringen. Dafür brauchen wir überhaupt
keine Polizei.«
Daran, dass sie eigentlich hatten Eis essen gehen wollen, dachte keiner mehr. Gefolgt von Fiede und Poli-Kala schleppten Gogo
und Nadeshda die schwere Ledertasche den Elbhang hoch bis in die Brunnenstraße. Glücklicherweise bemerkte sie niemand, als
sie eilig mit der tropfenden Tasche durch die Küche des griechischen Restaurants von Gogos und Poli-Kalas Eltern schlichen,
um in den Keller zu ihrem Detektivbüro zu gelangen.
Unten angekommen stellte Nadeshda die Ledertasche auf den Tisch. »So, und wer hat jetzt eine Idee, wie wir sie öffnen?«, fragte
sie.
»Lass mich mal probieren!«, rief Poli-Kala. Bevor irgendjemand widersprechen konnte, rüttelte sie einmal kurz am Schloss der
Tasche. Das Schloss sprang auf. Ein Schwall Wasser kam ihr entgegen. »Ich kann zaubern!«, rief Poli nass und begeistert. Sie
schüttelte sich wie ein Hund, der gerade ein Bad genommen hat.
Gespannt beugten sie sich über die Tasche, um zu sehen, ob außer Wasser noch etwas anderes darin war.
»Och, nichts als nasses Papier!«, seufzte Poli-Kala enttäuscht.
Tatsächlich! Hintereinander zog Nadeshda aus der Tasche hervor: nasse Zeitungen, nasses Papier mit und ohne Schnellhefter,
nasse Werbebroschüren für Autos, Elektro- und Fitnessgeräte und ein superdickesnasses Buch mit dem Titel ›Das große Buch der Philosophie‹.
»Ihr müsst alles durchgucken, ob irgendwo
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