Nur einen Kuss, Kate!
sie ungehalten. “Drehen Sie sich um. Ich bin noch nicht fertig.”
“Doch, Miss Farleigh”, kam die entschiedene, vom Kissen leicht gedämpfte Antwort. “Das reicht.”
Kate zuckte mit den Achseln. “Nun, dann werde ich eben die Hinterseite des Beines bearbeiten.” Und schon war sie wieder am Werk.
“Verflixtes Frauenzimmer!”, kam es unter dem Kissen hervor. Er entriss ihr das Bein mit einem Ruck und wollte es unter die Decke stecken. “Hinaus mit Ihnen, Miss Farleigh, sofort!”
“Aber …”
“Carlos!”
Kate spürte Carlos' Hand auf ihrer Schulter. “Bitte,
Señorita
, Sie müssen jetzt gehen.”
“Aber ich konnte Ihnen noch nicht alles zeigen.”
Carlos grinste. “
Señorita
, ich glaube, Sie haben mir genug gezeigt.”
“Carlos!”, ließ sich die tiefe, zornige Stimme aus dem Kissen vernehmen.
“Sofort, Major Jack!”, beeilte Carlos sich zu sagen. In seinen Augen blitzte es belustigt, als er sich wieder Kate zuwandte. “Heute hält Major Jack Ihre Behandlung nicht mehr aus. Vielleicht ein andermal.”
“Carlos!” Der Ton war nicht misszuverstehen.
“Sí, sí
, Major Jack. Und jetzt,
Señorita, por favor.”
Er geleitete sie hinaus und schloss die Tür.
Kate blieb am Treppenabsatz stehen. “Das begreife ich nicht. Er hätte keine Schmerzen haben dürfen. Sein Bein muss schlimmer sein, als ich dachte.”
Carlos grinste sie boshaft an. “Nicht sein Bein hat ihn gequält”, sagte er zweideutig.
“Was soll das heißen?”
Carlos zuckte mit den Achseln. Die Engländer waren in diesen Dingen so prüde. Aber sie hatte Major Jacks Schlafzimmer kühn betreten und sein Bein ohne Scheu entblößt, also war sie keine Unschuld mehr.
“Señorita
Kate, Major Jack war schon lange nicht mit einer Frau zusammen, und als Sie ihn berührten …” Wieder zuckte er mit den Achseln. “Er ist auch nur ein Mann.”
Kate starrte ihn an, während es ihr dämmerte. Dann errötete sie tief vor Verlegenheit. “Oh”, stieß sie hervor und ergriff die Flucht.
9. KAPITEL
Zum vielleicht zwanzigsten Mal an diesem Abend sah Carlos ahnungsvoll zu Kate hin. Das Mäuschen benahm sich heute eher wie eine Katze, lief sichtlich beunruhigt auf und ab, und nach den Blicken zu schließen, die sie zur Decke warf, war Major Jack der Anlass für ihre Unrast.
Natürlich. Carlos seufzte. Ihre Reizbarkeit und schlechte Laune waren jedoch gar nichts im Vergleich zu der Verfassung, in der Major Jack sich befand, weil er die Reaktion seines Körpers vor ihr nicht hatte verbergen können.
Carlos schüttelte den Kopf. Die Engländer machten ein großes Getue um die einfachste Sache der Welt. Dem Major gefiel das Mädchen. Hätte es ihm nicht gefallen, wäre das eher ein Grund zur Besorgnis gewesen, da es in letzter Zeit aufgeblüht war und sehr hübsch aussah. Aber stattdessen versteckte sich der Major, ließ Carlos heimlich Öl heiß machen, damit sie nicht entdeckte, dass er die Behandlung ohne sie fortsetzte. So eine Dummheit.
Kate trat gegen eines der Scheite im Kamin und löste damit einen Funkenregen aus. Wie konnte er nur nach einem einzigen Versuch aufgeben? fragte sie sich zum hundertsten Mal.
Offenbar besaß er nicht ihre Zuversicht. Aber nach nur einem Versuch aufzugeben! Nur weil sich ein Lustgefühl in ihm regte.
Das war ja, was sie so beunruhigte. Es war teils ihre Schuld. Männer waren nicht imstande, ihre niedrigen Instinkte zu beherrschen, hatte man sie gelehrt. Immer waren es die Frauen, die diese erregten. Und sie hatte sich so indezent benommen.
Kein Wunder, dass er so reagiert hatte.
Und es musste ihm sehr zu schaffen machen, da er seither allabendlich im oberen Salon verschwunden war und im Alkohol Vergessen suchte. Sogar seine morgendlichen Reitversuche hatte er aufgegeben.
Nun, sie hielt es nicht länger aus. Sie wusste, dass Schuld zwei Gesichter hatte – sie konnte im Innern eines Menschen schwelgen, oder man konnte sie loswerden, indem man sie nach außen kehrte und in Zorn verwandelte. Eine gesunde Portion Zorn war genau das, was Mr. Jack Carstairs jetzt brauchte.
Carlos beäugte sie misstrauisch. Ein kluger Mann sucht Deckung, dachte er, bis der Sturm sich verzogen hat. Verstohlen stand er auf, doch Kate nahm die Bewegung wahr und drehte sich entschlossen zu ihm um. Carlos' Herz sank. Zu spät, dachte er bekümmert.
“Carlos, würden Sie wohl mitkommen? Holen Sie den großen Eimer.” Gehorsam kam er der Anweisung nach und folgte ihr hinauf zu Jacks Salon. Er bekam feuchte
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