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Nur Wenn Du Mich Liebst

Titel: Nur Wenn Du Mich Liebst Kostenlos Bücher Online Lesen
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der Spielzeugeisenbahn, die er zu Weihnachten bekommen hatte; und direkt unter ihr in der Küche öffnete Tony Schranktüren und schlug sie klappernd wieder zu. Nach einigen Minuten war die lähmende Angst zu bloßem Unbehagen geschrumpft, das sich besser in den Griff bekommen und letztendlich leichter ganz abtun ließ. Noch ein paar Minuten, und Chris konnte sich vielleicht einreden, dass das, was vergangene Nacht geschehen war, in Wahrheit ein böser Traum gewesen war, Produkt ihrer überhitzten – 
überreizten
, wie Tony vielleicht sagen würde – Phantasie.
    »It's a heartache!«,
schmetterte Montana in ihrem Zimmer am Ende des Flurs.
    »Tsch-tsch-tsch-tsch, tsch-tsch-tsch-tsch«, zischte Wyatt, das Geräusch einer Eisenbahn imitierend, laut.
    Irgendwo unter ihr ging eine weitere Schranktür auf und klappernd wieder zu. Geschirr klirrte.
    »Nothing but a heartache!«
    Chris schlug die Augen auf.
    Ich habe ein Geheimnis, dachte sie.
    Sie ließ ihren Blick durch das kleine Schlafzimmer wandern, ohne den Kopf von dem riesigen Daunenkopfkissen zu heben. Durch die schweren, bernsteinfarbenen Vorhänge fielen ein paar Sonnenstrahlen, die die hellblauen Wände gespenstisch blass erscheinen ließen und in deren Licht über ihrem Kopf kleine Staubpartikelchen tanzten. Der schwarze Rollkragenpullover, den Tony gestern Abend zum Essen getragen hatte, hing achtlos hingeworfen über der Lehne des kleinen blauen Stuhls in der Ecke, einen leeren Arm ausgestreckt zu dem breiten blauen Webteppich, der noch immer klebrig von vor langer Zeit verschüttetem Apfelsaft war. Die Tür zu dem kleinen, direkt angrenzenden Bad stand ebenso offen wie die oberste Schublade der Korbkommode. Die Uhr auf ihrem Nachttisch zeigte 9.04 an.
    Sie sollte wahrscheinlich aufstehen, sich anziehen und nach Wyatt und Montana sehen. Tony hatte ihnen offensichtlich Frühstück gemacht, was sie nicht überraschte. Sonntags stand er immer mit den Kindern auf. Außerdem war er nach einem großen Streit immer besonders nett zu ihr. Sie hatte gespürt, wie er beim ersten Gepolter aus Wyatts Zimmer leise aus dem Bett geschlüpft war, aber so getan, als würde sie schlafen, während er sich eilig angezogen hatte, und bevor er sich über sie gebeugt und ihr einen Kuss auf die Stirn gehaucht hatte. »Schlaf«, hatte sie ihn flüstern hören und seinen Atem beruhigend sanft auf ihrer Haut gespürt.
    Sie hatte versucht, wieder einzudösen, doch es war ihr nicht gelungen, und als ihre Lider jetzt endlich gnädig schwer wurden, war es zu spät. Die Kinder würden sich jede Minute bei ihren einsamen Beschäftigungen langweilen, durch die Schlafzimmertür stürmen und ihre Aufmerksamkeit einfordern. Sie musste aufstehen, duschen und sich auf den vor ihr liegenden, anstrengenden Tag vorbereiten. Entschlossen schlug Chris das Laken zur Seite, schwang die Beine aus dem Bett und spürte unsichtbare Kekskrümel unter ihren nackten Füßen zerbrößeln, als sie in Richtung Bad tapste. »Oh, Gott«, sagte sie, als sie ihr geschwollenes Gesicht in dem Spiegel über dem Waschbecken sah. »Ich weiß, dass du irgendwo da drinnen steckst.« Vorsichtig tupfte sie über die Schwellung um ihre Augen. Wurde sie nicht langsam zu alt, um sich in den Schlaf zu weinen?
    Außerdem hatte sie gar nicht geschlafen, die ganze Nacht lang keine Minute. »Chris«, hatte sie Tony in regelmäßigen Abständen in ihr Ohr flüstern hören, bevor er sich, als sie nicht geantwortet hatte, wieder auf seine Seite des Bettes zurückgezogen hatte. »Chris, bist du wach?«
    Er hat also auch nicht geschlafen, dachte sie mit nicht geringer Befriedigung, als sie ihr Gesicht mit kaltem Wasser benetzte, einen nassen Waschlappen auf ihre Augen drückte und spürte, wie ihre müde Haut langsam wieder auf Normalgröße schrumpfte. »Wer bist du?«, fragte sie sich nicht zum ersten Mal müde und strich sich ein paar Strähnen ihres strubbeligen blonden Haars aus dem Gesicht. »Weiß der Teufel«, antwortete ihr Spiegelbild mit Vickis Stimme, und Chris kicherte. Das Geräusch kratzte in ihrer Kehle wie eine Katze an einer Fliegengittertür.
    »It's a heartache!«,
sang Montana auf der anderen Seite der Badezimmerwand.
    Das kann man laut sagen, dachte Chris, stieg unter die Dusche, drehte den Hahn auf und genoss den Schwall heißen Wassers auf ihren Armen und Beinen, spürte ihn wie tausend kleine Peitschenhiebe auf ihrem Rücken. Was gestern Nacht geschehen war, war ebenso sehr ihre Schuld wie Tonys, gestand sie

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