Ödland - Thriller
hauptsächlich auf dem Gebiet der Medizin arbeiten. Und natürlich eine ganze Horde von Journalisten.
Die eigens von den Chinesen angemietete Antonov Long Range Cargo, die Saibatou aus Kansas nach Hause bringt, kommt nämlich nicht leer: Ihre ansehnlichen Frachträume sind bis oben hin voller Kisten mit dem Aufdruck: World Health Organization - Generic Medicine. Unter der anonymen Bezeichnung verbergen sich Millionen versiegelter, mit einer farblosen Flüssigkeit gefüllter Spritzen, die mit dem sibyllinischen Code DNA-OCO47 bedruckt sind. Die Leute jedoch, die darauf warten, haben einen anderen, viel ausdrucksvolleren Namen gefunden: Klarblick. Saibatou, die als erster Mensch mit dem Medikament behandelt wurde, hat den Namen erfunden, als sie eines Tages mit Yéri telefonierte. »Mein Blick ist so klar geworden - geradezu unglaublich klar. Von meinem Zimmer aus kann ich die kleinsten Zweige an den Bäumen ganz hinten im Park erkennen. Ach, Liebste, ich freue mich auf unser Wiedersehen. Ich freue mich unendlich darauf, dein schönes Gesicht endlich wieder betrachten zu können!«
Trotz der brütenden Hitze dieser letzten Februartage wartet das Empfangskomitee geduldig in der Ankunftshalle, die einer Sauna gleicht. Das Flugzeug hat Verspätung. Die beiden Präsidenten diskutieren leise mit ihren Ministern über bestimmte Klauseln ihres Partnerschaftsvertrages mit China. Als Gegenleistung für den finanziellen Aufwand des Charterns der Antonov sind die Chinesen am Patent des OCO47 interessiert. Die Ärzte studieren interessiert die von Dr. Kevorkian an Fatimata geschickte E-Mail, in der er nicht nur detailliert die Wirkungsweise des Medikaments auf die Linse beschreibt, sondern auch die möglichen Nebenwirkungen anführt, die allerdings noch nicht über einen längeren Zeitraum hinweg nachgewiesen wurden. Auch das Protokoll von Saibatous Behandlung hat er mitgeschickt. Die Mitarbeiter der Hilfsorganisationen, deren Lkws im Frachtbereich zum Beladen bereitstehen, planen mit ihren Organizern in der Hand die erste Auslieferungsphase. Amadou Diallo begrüßt seinen Sohn und lernt Laurie kennen, die er »sehr schön und äußerst charmant« findet; Abou gefällt der Blick, mit dem sein Vater Laurie betrachtet, ganz und gar nicht. Yéri Diendéré schließlich, die eigentlich bei Fatimata bleiben müsste, um dem Gespräch zuzuhören und die einzelnen Vorschläge zu notieren, geht nervös in der Ankunftshalle auf und ab und wendet den Blick nicht von Uhr und Ankunftstafel.
Erst kürzlich hat Fatimata von der Verbindung zwischen ihrer Sekretärin und Saibatou erfahren, und zwar anlässlich von Yéris häufigen Telefonaten mit der Klinik in Kansas und der auffälligen Nervosität, mit der ihre sonst so phlegmatische Sekretärin das Resultat der Behandlung erwartete.
»Was ist denn los, Yéri?«, fragte die Präsidentin irgendwann aufgebracht. »Warum interessierst du dich denn dermaßen für Saibatou? Was hat das zu bedeuten?«
»Wir lieben uns«, gestand Yéri mit verschämt in den Händen vergrabenem Gesicht.
Im ersten Augenblick blieb Fatimatas Mund vor Überraschung offen, dann aber brach sie zur großen Überraschung ihrer Sekretärin in ein herzliches Lachen aus.
»Na, so was! Aber jetzt verstehe ich endlich, warum ich dich noch nie mit einem jungen Mann gesehen habe, obwohl es ja eine Menge gut aussehender Kandidaten gibt, die gar nicht abgeneigt wären. Und auch, warum du Saibatou Modell gestanden hast. Ich dachte immer, du wolltest dir eine Kleinigkeit nebenher verdienen. Weißt du, dass ich sogar einmal vorhatte, dich Abou vorzustellen?«
»Dann sind Sie mir also nicht böse, Fatimata?«
»Dir böse sein? Warum sollte ich? Ich bin nicht deine Mutter, und es steht dir frei, dich zu entscheiden, wie es dir Spaß macht. Außerdem kann ich nur sagen, dass du eine wirklich gute Wahl getroffen hast, dich in eine so große Künstlerin wie Saibatou zu verlieben.«
»Danke, Fatimata. Vielen, vielen Dank.«
Yéri fiel der Präsidentin um den Hals und gab ihr einen herzhaften Kuss. Sie war sichtlich erleichtert, endlich ihr Geheimnis los zu sein, dass sie eine Frau liebte. Seither ist die ohnehin schon innige Beziehung zwischen der Präsidentin und ihrer jungen Sekretärin noch intensiver geworden. Fatimata hat Yéri sogar gestanden, dass sie sich immer eine Tochter wie sie gewünscht habe, woraufhin Yéri erwiderte, dass sie Fatimata immer schon so geliebt habe, als wäre die Präsidentin ihre wahre
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