Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
Vom Netzwerk:
einschränke, die bei Mr Ross beschäftigten Männer zu organisieren.
    So wurde Axton schließlich eingeladen, sich eines Morgens mit Bunny im Lesesaal zu treffen; und das war die größte Sensation auf dem Watkins-Gelände seit der Explosion und dem Brand der Fundbohrung. Die Männer der Nachtschicht vergaßen schlafen zu gehen, sie warteten ab, um diesen Anblick nicht zu verpassen, und die Gesichter draußen vor den Türen und Fenstern waren immer nach innen gerichtet. Man kannte den Gewerkschafter als geheimnisvollen, furchterregenden Menschen, der nur nachts aufs Gelände kam und mit dem man sich irgendwo draußen in den Bergen traf; und nun war er hier, offiziell eingeladen vom Sohn des Alten! Fabelhafter Bursche, dieser Bunny Ross, meinten die Männer, und in diesem Punkt waren sie mit Dad einer Meinung.
    Tom Axton war ein großer Kerl, der langsam, leise und mit leicht südlichem Akzent sprach; er wirkte robust, und das war auch nötig, wenn man bedenkt, wie er behandelt wurde. Natürlich konnte er nicht beweisen, dass die Rowdys, die ihn verprügelten und versuchten, ihn zum Krüppel zu schlagen, vom Arbeitgeberverband geschickt waren, aber nachdem ihm das mehrmals auf verschiedenen südkalifornischen Ölfeldern passiert war, ihm und niemandem sonst, zog er natürlich seine Schlüsse. Bunny war entsetzt, so etwas hatte er noch nie gehört, und er wusste nicht, was er antworten sollte – außer dass Mr Axton hoffentlich wisse, dass sein Vater mit solcher Schurkerei nichts zu schaffen habe.
    Der Gewerkschafter lächelte; offenbar hatte er mit Paul gesprochen, denn er sagte: «Ihr Vater glaubt, dass die Arbeitergewerkschaften von korrupten Parasiten geführt werden. Vielleicht fragen Sie ihn mal, wie viel er eigentlich über seinen Arbeitgeberverband weiß, welche Art von Männern den leiten und was die mit uns machen. Dann werden Sie möglicherweise feststellen, dass Ihr Vater über die Verhältnisse in seinem Verband genauso wenig Bescheid weiß wie die Arbeiter über den ihren.»
    Zugegeben, das war ein unparteiischer Vorschlag, und als Bunny sich bei Dad erkundigte und erfuhr, dass Dad noch nie auf einer Verbandssitzung gewesen war, sondern immer nur ohne zu fragen seine Beiträge gezahlt hatte, da wuchs natürlich Bunnys Hochachtung vor Tom Axton, und er glaubte sogleich, was dieser über Paradise und die anderen Ölfelder sagte, dass sich nämlich die Unzufriedenheit unter den Männern rasch ausbreitete.
    Erst gestern hatte die Victor Oil Company vierzehn Männer gefeuert, die der Gewerkschaft beigetreten waren; die Bosse hatten einen Spitzel eingeschleust und abgewartet, ob sie sich nicht selbst ans Messer lieferten. «Über kurz oder lang werden Sie hier einen Streik haben», sagte der Gewerkschafter. «Die Männer werden unter anderem für den Drei-Schichten-Tag streiken, und dann muss Ihr Vater sich überlegen, ob er mit seinen Arbeitern auf eigene Faust verhandeln oder zu seinem Arbeitgeberverband halten und sich von einem Haufen großindustrieller Rabauken in Schwierigkeiten bringen lassen will.» Man kann sich vorstellen, wie sehr das Bunny zu denken gab und wie oft er mit seinem Vater, mit Paul und mit dem Sozialkundelehrer an der Beach City Highschool darüber sprach!
    3
    Die Alliierten beherrschten das Meer und versuchten Deutschland auszuhungern, und die Deutschen antworteten mit ihrer einzigen Waffe, den U-Booten. Die Vereinigten Staaten hatten der deutschen Regierung das Versprechen abgerungen, Passagierschiffe nicht ohne vorherige Warnung zu torpedieren, aber jetzt, im Frühwinter 1917 , gaben die Deutschen bekannt, dass sie dieser politischen Linie nicht mehr zu folgen gedachten, und jedermann war der Meinung, Amerika müsse in den Krieg eintreten. Der deutsche Botschafter in Washington wurde nach Hause geschickt, und von da an waltete im Fach «Zeitgeschehen» in der Schule nicht länger der Geist der Neutralität.
    Die Ölbosse fanden es höchst unpatriotisch, dass die Arbeiter in dieser Krise den Achtstundentag und eine Lohnerhöhung forderten. Wie bitte? Jetzt, wo das Land sich verteidigen musste und Öl benötigte wie nie zuvor in der Geschichte? Doch die Arbeiter entgegneten, Arbeitgeber würden nie Zugeständnisse machen, weil sie das wollten, sondern nur, weil sie es mussten, und dies sei vielleicht der einzige Zeitpunkt, zu dem sie es mussten. Keiner brauche zu glauben, dass die Unternehmer ihr Öl verschenkten, sie bekamen einen fantastischen Preis dafür und bekamen denselben

Weitere Kostenlose Bücher