Öl!
Eukalyptusbäume. Sie hatte sechs Duschen, die ausgiebig und regelmäßig benutzt wurden, doch im Leseraum sah man zu Bunnys großem Leidwesen so gut wie nie jemanden, trotz der hübschen, von Ruth genähten Vorhänge. Die anspruchsvollen Zeitschriften wurden nur selten von den Fingern der Ölarbeiter verunreinigt. Bunny suchte nach dem Grund hierfür, und Paul erklärte, das komme davon, dass die Männer zu lange arbeiten müssten; er, Paul, habe als Zimmerer einen Achtstundentag und finde noch Zeit zum Lesen, aber die Ölarbeiter schufteten in zwei Schichten zu je zwölf Stunden, und das tagaus, tagein, auch an Sonn- und Feiertagen. Wenn man so lange mit schwerem Gerät hantiert habe, wolle man nur noch zu Abend essen, sich hinlegen und losschnarchen. Doch Dad sei zurzeit viel zu beschäftigt, um dieses Problem zu lösen.
Paul war der Boss der Zimmerer und beaufsichtigte sämtliche Baumaßnahmen – eine ziemlich große Verantwortung für einen noch nicht einmal ganz volljährigen Burschen. Bisher hatten sie vierzig Hütten für die Arbeiterfamilien fertiggestellt; jede hatte sechshundert Dollar gekostet und wurde für dreißig Dollar im Monat vermietet, Wasser, Gas und Strom inbegriffen. Niemand wusste genau, wie viel diese Versorgungsleistungen kosteten, deshalb konnte Bunny nicht feststellen, ob die Miete angemessen war, und die Ölarbeiter wussten es ebenso wenig. Aber Dad sagte, sie seien froh, dass sie überhaupt Häuser hätten, und für einen Geschäftsmann bedeute das Angemessenheit.
Nur bei einem Thema hatte sich Bunny energisch eingemischt: Er sah nicht ein, warum alles, was mit der Erdölindustrie zu tun hatte, so hässlich sein musste. Mit diesen Hütten ließ sich doch sicher etwas machen! Er fragte Ruth, und sie fuhren zusammen nach San Elido in eine Baumschule, und ohne Dad ein Wort davon zu sagen, kaufte Bunny auf eigene Rechnung hundert junge Akazienbäume in Blechkanistern und zweihundert Kletterrosen, deren Wurzeln in einem Jutesack steckten. So stand nun neben jeder Hütte ein junger Baum mit einem Stützstab, und am Straßenrand bereiteten sich Kletterrosen darauf vor, die aus Gasrohren gebastelten Gerüste zu erklimmen. Ruth hatte die Pflicht, einmal im Monat einem von der Arbeit freigestellten Mann zu zeigen, wie man die Bäume und Kletterrosen wässerte, tags darauf düngte oder schnitt und von Gras und Unkraut befreite. Für diesen Dienst wurde Ruth ein Gehalt von zehn Dollar im Monat aufgedrängt sowie der imposante Titel einer «Gartenbauoberinspektorin». Bunny inspizierte die wachsenden Pflanzen, saß in seinem Leseraum und redete sich ein, dass er auf dem besten Weg zum Sozialreformer sei, der die Misshelligkeiten zwischen Kapital und Arbeit, von denen im Sozialkundeunterricht die Rede war, beseitigen würde.
Bunny war jetzt fast achtzehn, schlank, aber kräftig gebaut und so etwas wie ein Geschäftsführer. Er war braun wie eh und je, hatte gewelltes Haar und rote hübsche Lippen wie ein Mädchen. Nach außen hin war er ein fröhlicher Junge, aber im Innern war er ernst und bereitete sich sehr gewissenhaft auf die Aufgabe vor, mehrere Millionen Dollar Kapital zu verwalten und das Leben einiger tausend Arbeiter zu lenken. Wenn jemand, der über diese Themen Bücher schrieb oder unterrichtete, nützliche Vorschläge hatte, wollte Bunny davon wissen, also hörte er zu und las, was ihm empfohlen wurde; dann kam er heim und befragte Dad danach, und wenn er aufs Ölfeld kam, befragte er Paul. Die Lehrer und die Bücher behaupteten, im Grunde gebe es keine Misshelligkeiten zwischen Kapital und Arbeit; beide seien für die Wirtschaft unverzichtbar, sie seien Partner und müssten lernen, miteinander auszukommen. Dad sagte, das stimme schon, nur sei es wie alles andere Theorie und klappe nicht immer. Die Arbeiter hätten keine Ahnung und verlangten Dinge, die sich die Wirtschaft nicht leisten könne; daher die Streitigkeiten. Aber Dad wusste weder, was man da machen konnte, noch versuchte er offenbar, dahinterzukommen; er war immer viel zu sehr damit beschäftigt, wieder ein neues Gelände zu erschließen, und Bunny konnte sich nicht gut darüber beklagen – schließlich war er es, der Dad diesen jüngsten Haufen Arbeit aufgehalst hatte!
Wenn man es recht bedachte, war es eine Schande. Auf dieser Ranch hätte Dad zur Ruhe kommen und Wachteln jagen sollen, aber seit dem Ölfund war dies der letzte Ort auf Erden, wo er sich ausruhen konnte. Neue Löcher mussten geplant und gebohrt,
Weitere Kostenlose Bücher