Oh, diese Verwandschaft!
Derek würde mit ihr zufrieden sein. In einem Punkt gab sie, wenn auch ungern, nach. Toss war zu alt, um ihn zu fremden Leuten zu geben. Bis Christine weitere Pläne gemacht hatte, würde sie Derek überreden, den alten Hund dazubehalten. »Aber beklage dich nicht, wenn Massa ihn inzwischen umbringt!« fügte sie düster hinzu.
Nach einem unglücklichen Vormittag, an dem ihn zum ersten Male auch seine Farm nicht hatte trösten können, kam Derek nach Haus. Laura erzählte ihm ruhig und sachlich die ganze Geschichte. Auch er blieb ruhig und hatte Mitleid mit ihr, weil sie versuchen mußte, »dieses verteufelte Viehzeug jemandem anders aufzuhängen«. Er war damit einverstanden, daß Toss für den Augenblick hier bleiben sollte. Sie sprachen nicht von ihrem Streit, was Laura unheimlich vorkam, sondern benahmen sich, als ob nichts gewesen wäre. Es war nicht befriedigend, aber das beste, was man unter diesen schwierigen Umständen tun konnte. Allmählich begann sie kummervoll zu glauben, daß es Christine ernst war. Augenscheinlich war die junge Frau schon seit einiger Zeit unglücklich gewesen, und ein ganzer Berg von kleinen Kümmernissen hatte sich angesammelt. »Weil sie nicht genug zu tun hat!« So hatte Derek das ziemlich hartherzig erklärt. Es hatte nur noch der Entdeckung der Fotografie bedurft, um sie in einen hysterischen Zustand zu versetzen.
Laura konnte sich vorstellen, daß nun auch Guy genug hatte. Kein Mann konnte es mit Christine aushalten, wenn einmal der erste Rausch vorbei war. Es schien wirklich wenig zu geben, was diese beiden noch zusammenhielt, abgesehen von dieser seltsamen Tiersammlung, an der Guy erstaunlicherweise zu hängen schien. Traurig dachte Laura an diese glühende Liebe, die sogar Großmutters Widerstand gegen die frühe Heirat überwunden hatte. Wie konnte sie so zugrunde gehen?
Aber dann fiel ihr das Gesicht ihres Mannes ein, als er sagte: »Natürlich, es ist nicht mein Haus.« Sie dachte: Liebe kann sterben. Sie ist wie eine Pflanze. Man muß sie pflegen.
Nun, sie hatte ihre Lektion hinter sich. Großmutter hin oder her — sie wollte nichts mehr riskieren.
Das sagte sie ihm, als dieser nichtendenwollende Abend vorbei war und sie in ihrem Zimmer allein waren.
Da war er wieder voller Verständnis und Anteilnahme; denn er hatte während dieses ganzen unglückseligen Tages über ihre Probleme nachgedacht. Wie unfreundlich war er doch gewesen, und das alles war doch nicht ihre Schuld; sie hatte sich Brookside nicht gewünscht. Sie war in seinem bescheidenen Haus restlos glücklich gewesen; sie hatte die »Waisenkinder« nicht haben wollen; aber statt ihrer sollte sie nun ihre eigene Familie haben. Sie war überall die Unterlegene gewesen, nicht er. Als er zu dieser Erkenntnis gekommen war, beschloß er, dem allen ein Ende zu machen. Und zwar sofort. Darauf konzentrierte er sich jetzt.
Als Laura ihm von dem Foto erzählte, wollte er sich vor Lachen ausschütten.
»Was für ein Blödsinn! Wahrscheinlich gibt es eine höchst einfache Erklärung. Wenn sie nicht will, muß das jemand anders feststellen.«
»Jemand muß — da heißt es schon wieder: >Wenn ich’s nicht tue, wer macht’s dann?< Und du sagst immer, ich mische mich in alles hinein.«
Sie mußten beide lachen, wenn auch nicht aus vollem Herzen.
Am nächsten Tag war Christine wie verwandelt. Sie verkündete, sie wolle nach Hause fahren und Guy ihren Entschluß mitteilen. Von Guy hatte man inzwischen nichts gehört, und das war beunruhigend.
»Ich fahre erst heute abend, wenn er daheim ist. Zum Schlafen komme ich wieder her. Aber inzwischen müssen wir beide ein paar Leute aufsuchen, um die Tiere unterzubringen«, erklärte sie.
Das war nicht leicht, und sie trafen häufig auf Verständnislosigkeit und Ablehnung. Sie hätten überhaupt keinen Erfolg gehabt, wenn Chris nicht beteuert hätte, ihre Tiere seien wahre Engel und es sei auch nur für kurze Zeit, »bis wir in unser neues Haus gezogen sind«.
Unter vier Augen meinte Laura zu ihr, daß die armen Freunde, die sie da breitgeschlagen hatten, sich wohl alsbald über diesen Umzug wundern würden. Heimlich aber weckte die Tatsache, daß Christine einen Bruch mit ihrem Mann mit keinem Wort erwähnt hatte, neue Hoffnung in ihr. Es zeugte von Verstand und Diskretion und war vielleicht als eine Ausflucht für die Zukunft gedacht. Wenn doch Guy etwas von sich hören ließe! Um sich zu trösten, rief sie Marie an, von der sie Verständnis und Teilnahme erwarten
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