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Ohne ein Wort

Ohne ein Wort

Titel: Ohne ein Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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Freundinnen vor der Schule herum, als Vince Fleming in seinem Mustang vorbeifuhr. »Ganz schön blöd gelaufen gestern Abend«, sagte er. »Dein Alter hat ja ziemlich genervt.«
    »Ja, hat er«, sagte Cynthia.
    »Was ist denn danach noch passiert?«, fragte Vince. Irgendwie klang er, als wüsste er es bereits. Cynthia zuckte mit den Schultern und schüttelte den Kopf. Sie wollte nicht darüber reden.
    »Wo ist eigentlich dein Bruder?«, fragte Vince. »Ist er krank?«
    »Was?«, stieß Cynthia hervor.
    Niemand hatte Todd gesehen. Vince sagte, er hätte ihn unter vier Augen fragen wollen, wie groß der Stunk zu Hause sei, ob sie Hausarrest bekommen hätte, weil er nämlich am Wochenende mit ihr um die Häuser ziehen wollte, sein Kumpel Kyle würde ihm Bier besorgen, und dann könnten sie doch rauf in die Hügel fahren, ein bisschen im Auto sitzen und sich die Sterne angucken, oder?
    Cynthia lief nach Hause. Sie vergaß sogar, Vince zu fragen, ob er sie fahren konnte. Sie meldete sich auchnicht im Sekretariat ab. Sie lief, so schnell sie konnte, und die ganze Zeit über dachte sie: Bitte, lieber Gott, mach, dass Moms Wagen in der Einfahrt steht. Bitte.
    Doch als sie von der Pumpkin Delight Road in die Hickory Lane einbog und ihr einstöckiges Elternhaus in Sicht kam, war von dem gelben Ford Escort ihrer Mutter weit und breit nichts zu sehen. Trotzdem rief sie laut und atemlos nach ihrer Mutter, als sie ins Haus stürzte. Und dann nach ihrem Bruder.
    Sie begann zu zittern, riss sich dann aber mit aller Macht zusammen.
    Nun verstand sie überhaupt nichts mehr. Egal wie stinksauer ihre Eltern auch auf sie sein mochten – deswegen würden sie nicht einfach abhauen, ohne ihr etwas zu sagen, und obendrein noch Todd mitnehmen.
    Cynthia kam sich total bescheuert vor, klingelte aber nebenan bei den Jamisons. Wahrscheinlich gab es eine ganz einfache Erklärung; vielleicht hatte sie ja bloß vergessen, dass ihre Mutter einen Zahnarzttermin hatte. Wenn sie jetzt um die Ecke bog, würde Cynthia wie eine Vollidiotin dastehen.
    Egal.
    Als Mrs Jamison öffnete, platzte Cynthia mit allem heraus. Dass niemand zu Hause gewesen sei, als sie aufgewacht war, und dass sie dann zur Schule gegangen sei, aber Todd sei auch dort nicht aufgetaucht, und ihre Mutter …
    Mrs Jamison war zwar überrascht, meinte aber, sie solle sich keine Sorgen machen, ihre Mom sei bestimmt nur zum Einkaufen gefahren. Sie ging mit Cynthia hinüber und warf einen Blick auf die Zeitung, die immernoch vor der Haustür lag. Zusammen sahen sie in allen Zimmern, der Garage und im Garten nach.
    Mrs Jamison gefiel die Sache nicht. Sie rief die Polizei.
    Kurz darauf kam ein Streifenbeamter vorbei, dem das Ganze aber kein großes Kopfzerbrechen zu bereiten schien. Bald aber trafen weitere Beamte und Streifenwagen ein und am Abend wimmelte es auf der Straße nur so von Polizisten. Cynthia hörte, wie sie über Funk Beschreibungen der Autos ihrer Eltern durchgaben und im Krankenhaus von Milford anriefen. Die Polizisten klingelten bei den Nachbarn und stellten auch Cynthia jede Menge Fragen.
    »Bist du sicher, dass sie nicht jemanden besuchen wollten?«, fragte ein Mann, der sich als Detective vorgestellt hatte und im Gegensatz zu den anderen Polizisten keine Uniform trug. Er hieß Findley oder Finlay, wenn sie ihn richtig verstanden hatte.
    Hielt er sie allen Ernstes für derart vergesslich? Glaubte er, sie würde gleich herausplatzen: »Na klar, jetzt erinnere ich mich! Sie wollten ja Tante Tess besuchen! Moms Schwester.«
    »Nun ja«, sagte der Detective. »Deine Eltern und dein Bruder haben offensichtlich nichts gepackt. Soweit wir feststellen konnten, sind all ihre Sachen noch da, und die Koffer stehen unten im Keller.«
    Die Fragen wollten schier kein Ende nehmen. Wann hatte sie ihre Eltern zuletzt gesehen? Wann war sie ins Bett gegangen? Was war das für ein Junge, mit dem sie aus gewesen war? Sie bemühte sich, nichts auszulassen, gab sogar zu, dass sie Streit mit ihren Eltern gehabthatte, auch wenn sie verschwieg, dass sie betrunken gewesen war und ihnen den Tod gewünscht hatte.
    Der Detective war ein netter Mann, doch stellte er keine einzige der Fragen, die Cynthia unablässig durch den Kopf gingen. Wieso waren ihre Eltern und ihr Bruder einfach verschwunden? Wo waren sie hingefahren? Und warum hatten sie sie nicht mitgenommen?
    In einem Anfall von Panik begann sie die Küche auf den Kopf zu stellen. Sie hob Platzdeckchen hoch und warf sie beiseite, sah unter die

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