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Opium bei Frau Rauscher

Opium bei Frau Rauscher

Titel: Opium bei Frau Rauscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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der Bewußtseinserweiterung ausprobiert haben.
    Die Gelegenheit kam schon auf der nächsten Reiseetappe in Vang Vieng. Die sechsstündige Fahrt durch die Berge war zwar sehr malerisch, aber auch anstrengend. Maria und er hatten sich für einen Minibus entschieden, der teurer war als der große offizielle Bus. Daraus hatten sie geschlossen, er müsse dementsprechend auch komfortabler sein. Das war ein großer Irrtum. Wie Ölsardinen quetschten sie sich ins Gefährt. Die an den Vordersitz stoßenden Knie des Herrn Schweitzer waren schon bei der ersten Rast in Phou Khoun aufgescheuert. Von den übrigen wehen Knochen, hier insbesondere die des Beckens, mal ganz abgesehen. Im schwindenden Abendlichte konnte man einen gar arg zerschundenen Herrn Schweitzer sich mühsam aus dem Blech des Minibusses schälen sehen. Maria und den anderen Reisenden erging es ähnlich. Daß heißt, ein älterer alleinreisender Japaner gab sich, als entstiege er gerade einem Jungbrunnen. Aber dieses Volk war ja seit altersher gewohnt, es sich auf engstem Raum bequem zu machen. Vielleicht kuschelten sie gerne.
    Vang Vieng. Eine der letzten Freak-Bastionen der Erde. Vergleichbar dem Ibiza und San Francisco der Endsechziger und Siebziger. Oder der Berliner Kommune 1, nur nicht so nackisch. Batikhemden, -hosen und –stirnbänder waren hier très, très chic und mehr als en vogue. Frustrierte Althippies und enthusiasmierte Jung-Blumenkinder mischten sich mit gewöhnlichen Rucksackreisenden der Jack Wolfskin-Generation. Knallfeuerrothäutige Briten erfreuten sich an den Bierpreisen und torkelten nachts wie tags durch die staubigen Straßen. Manche von ihnen erwachten auch auf selbigen. Den Einheimischen war’s egal, pekuniär kamen sie voll auf ihre Kosten. Jeder noch so kleine Schuppen war als Übernachtungsmöglichkeit wie geschaffen, und irgendwer fand sich immer, der fast abgebrannt nichts anderes bezahlen konnte. Herrn Schweitzer war sofort klar, sich der bunten Kasperlehose entledigt zu haben, war ein großer Fehler. Hier hätte sie als Eintrittskarte gedient. Aber ich kann mir ja morgen eine neue kaufen, zwei Euro fünfzig waren schließlich nicht die Welt. Morgen. Heute würde er sich sofort nach dem Abendmahl ins Bett begeben. Nicht mal Staub und Schweiß würde er sich vom Körper duschen.
    „Du wirst dich doch nicht etwa sooo schlafen legen wollen?“ kam es dann auch später noch von Maria.
    Doch da schwamm Herr Schweitzer bereits auf einer Woge des Glücks. Kaum jemals zuvor hatte ihm Einschlafen so viel Freude bereitet. Und die Betten ihres Bungalows im Thavisouk Resort waren einfach nur ein Traum.

    Das Niedrigwasser des Xong Flusses zur Überfahrt nutzende archaische Traktoren der Marke Eigenbau mit ihren ratternden Motoren ließen Herrn Schweitzer zur Mittagsstunde hochschrecken. Weit über zwölf Stunden hatte er im Koma gelegen. Mit Erfolg. Die Strapazen des letzten Tages waren wie weggefegt. Lediglich sein Rücken schmerzte noch. Ein weiches Sonnenlicht hieß ihn willkommen. Maria war nicht mehr da. Weggehen hatte er sie nicht hören.
    Das heiße Duschwasser war fast schwarz, als es mit Herrn Schweitzer fertig war. Danach fühlte er sich um einige Kilo leichter und wie neugeboren.
    Auch im Restaurant war Maria nicht mehr anzutreffen. Sorgen machte er sich jedoch keine, schließlich war seine Freundin reiseerfahren wie kaum eine andere. Die Silhouette des in westlicher Richtung gelegenen Karstgebirges ließ den Kaffee noch mal so gut schmecken. Er war der einzige Traveller auf der Terrasse. Die männliche Bedienung lümmelte sich vor dem Fernseher. So weit Herr Schweitzer erkennen konnte, lief gerade eine Gameshow oder ein Quiz oder etwas ähnliches dieser Preisklasse.
    Derart gestärkt machte er sich auf einen Erkundungsspaziergang durch Vang Vieng, das nicht viel größer war als Frankfurts Bahnhofsviertel. Und wieder einmal stellte er fest, daß Laos irgendwie seinem eigenen Charakter entsprach. Wie in Zeitlupe spielte sich hier das Leben ab. Hektik war ein Begriff aus einer anderen Dimension. Die Menschen wirkten ausgeglichen und fröhlich, selbst wenn sie Zementsäcke auf dem Rücken schleppten oder im schimmernden Sonnenglast die Straße teerten. Und für ein Schwätzchen war immer Zeit übrig. Wie in Sachsenhausen, dachte Herr Schweitzer, und fand, daß es kaum ein hübscheres Fleckchen Erde gab. Er wähnte sich im Paradies. Das einzige, was ein bißchen störte, waren die verblödeten Touris, die sich schon zur

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