Optimum - Kalte Spuren
ihr Kopf wieder ein wenig, und sie konnte sehen, wer da in ihrer Zimmertür stand.
»Torben ?« Ihr Mund fühlte sich schrecklich trocken an, und das Wort kam nur als ein Krächzen heraus. Eliza räusperte sich, entdeckte ein Glas Wasser auf dem Nachttischchen neben ihrem Bett und griff danach. Dankbar stürzte sie die kühle Flüssigkeit hinunter. »Was machst du hier ?« , fragte sie. »Was ist überhaupt passiert ?«
»Wir brauchen dich .« Torben trat ins Zimmer, ohne auf ihre Fragen einzugehen. Jetzt konnte Eliza erkennen, dass er ungewöhnlich ernst aussah. Seine Miene war finster.
»Brauchen? Wer, wir? Und wofür ?« Elizas Gedanken kreisten wirr umeinander. Sie schüttelte den Kopf, um ein bisschen klarer denken zu können, doch das war wohl ein Fehler gewesen. Ihr wurde übel. Sie tastete nach ihrer Stirn und bemerkte, dass sie von einem kalten Schweißfilm bedeckt war. Riechen tat sie auch nicht besonders gut. Wie lange hatte sie hier gelegen? »Wo ist Rica ?« , fragte sie.
Torben ging nicht auf ihre Frage ein. »Kannst du stehen? Gehen ?«
Eliza kniff die Augen noch mal zusammen. Ihr Kopf schmerzte, und bei jeder kleinen Bewegung drohte die Übelkeit wieder in ihr hochzuschwappen, aber immerhin war sie wach, und sie sah auch keine seltsamen Bilder mehr.
»Ich bin okay « , murmelte sie. »Wo ist Rica ?«
»Komm mit !« , erwiderte Torben. Er trat neben ihr Bett und streckte Eliza die Hand entgegen. Nach kurzem Zögern ergriff sie sie und ließ sich auf die Beine helfen. Sie kam sich vor wie eine Invalidin, als Torben sie langsam und vorsichtig in Richtung der Tür führte.
Als sie auf den Gang hinaustraten, konnte Eliza von unten Stimmen hören. Schüler, die wild durcheinander redeten. Sie hielt einen Moment inne, um zu horchen, und konnte die Angst hinter den Stimmen erahnen. Sie war deutlich zu spüren, auch wenn die meisten Stimmen übermäßig freudig und aufgeregt klangen.
»Was ist denn bloß passiert ?« , wollte sie von Torben wissen, doch der schien immer noch nicht bereit zu sein, ihr Auskunft zu geben. Stattdessen führte er sie nun grob zur Treppe und zog sie fast die Stufen herunter. »Mach mal halblang !« , meinte Eliza, aber auch darauf reagierte Torben nicht.
Köpfe drehten sich zu ihr um. Alle Schüler schienen im Aufenthaltsraum versammelt zu sein, außer Rica. Frau Friebe war nirgendwo zu sehen, und auch von den beiden männlichen Betreuern war keine Spur. Natürlich. Herr Röhling liegt ja im Krankenhaus. Haben sie nicht so etwas gesagt?
Was sie jedoch mehr irritierte als die versammelten Schüler, ja sogar noch mehr als Ricas Abwesenheit, waren die »Gefangenen « . Am Kopfende des Raumes, ganz in der Nähe des Kamins, saßen drei Personen auf Holzstühlen. Ihre Handgelenke waren hinter ihrem Rücken gefesselt.
Eliza biss sich auf die Unterlippe. Nathan, Robin und Saskia. Was hatten sie nur getan, um das hier zu verdienen? Was war in der Zeit, in der Eliza ihren Fieberträumen nachgehangen war, passiert? Was war schiefgegangen? Denn irgendetwas musste schiefgegangen sein, das war ganz klar.
Sie sahen schlimm aus. Alle drei waren zusätzlich zu den Fesseln noch geknebelt worden. Nathan blickte gar nicht auf, aber Eliza konnte sehen, dass sein Gesicht rot und angeschwollen war, als ob er Schläge eingesteckt hatte. Und nicht gerade wenige. Robin starrte trotzig in den Raum, unter einem seiner Augen entwickelte sich etwas, das wie ein Veilchen aussah, und sein rechter Pulloverärmel war verkrustet von trockenem Blut. Saskia ließ den Kopf hängen und hatte sich, so gut es ging, zusammengerollt. Sie gab keinen Laut von sich und rührte sich auch nicht. Sie hätte tot sein können. Was ist mit dem Kind?, schoss es Eliza durch den Kopf. Mehr aus einem Impuls heraus als durch eine bewusste Entscheidung ging sie auf die drei Gefesselten zu.
»Halt !« , sagte Torben plötzlich. »Geh nicht zu nah ran. Immerhin wissen wir nicht, ob du nicht irgendetwas mit der ganzen Sache zu tun hast .«
»Womit soll ich etwas zu tun haben ?« Eliza wurde nicht langsamer, sondern ging weiterhin auf die drei zu. »Was ist hier überhaupt los, Torben? Was soll denn der ganze Mist ?«
Jemand packte sie grob am Arm und riss sie zurück. Als Eliza den Blick wendete, um zu sehen, um wen es sich handelte, erkannte sie Sarah. Deren Gesicht war hassverzerrt und überhaupt nicht mehr hübsch.
»Hast du nicht gehört, was Torben gesagt hat ?« , wollte sie wissen. »Falls es dir entgangen sein sollte:
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