Optimum - Kalte Spuren
Gefühl, er könne ihre Gedanken lesen. Sie erkannte die Warnung, die von seinem Blick ausging. »Verschwinde von hier !« , schien er ihr zuzurufen.
Doch es war schon zu spät. Eliza spürte, wie sich Finger wie ein Schraubstock um ihren Unterarm schlossen. »Wir wissen, wer hinter der ganzen Sache steckt « , murmelte Torbens Stimme dicht neben ihrem Ohr. »Und wir werden schon herausfinden, wohin Rica verschwunden ist. Pass nur auf !«
* * *
Kalt.
Niemals im Leben war Rica so kalt gewesen. Sie hatte gedacht, schon in den letzten Tagen genug Kälte abbekommen zu haben, aber offensichtlich hatte sie sich geirrt: Es ging immer noch schlimmer. Kälte kroch durch ihre Kleider, schien ihre Haut mit einer Frostschicht zu überziehen und bis in ihre Knochen vorzudringen. Wenn sie nicht bald da war, würde sie vermutlich erfrieren. Irgendwo hatte sie einmal gehört, dass das ein sehr sanfter Tod sein sollte, aber sie war sich nicht sicher, ob das stimmte. Nicht wenn die Kälte in ihre Finger und Zehen biss und sie derart schmerzen ließen.
Aus dem Schutz der Bäume heraus taumelte Rica auf die freie Ebene hinaus. Dieses Mal war nicht viel zu erkennen, der Wind fegte über den Hang und trieb kleine, spitze Schneeflocken vor sich her, so dicht, dass Rica den halbrunden Unterschlupf nicht sehen konnte. Alles, was sie wahrnahm, war eine wirbelnde weiße Wand. Und die Kälte. Wenn sie nicht genau gewusst hätte, wo sich der Unterschlupf befand, hätte sie ihn sicher nie gefunden.
Sie setzte sich wieder in Bewegung. Keinen Gedanken verschwendete sie daran, was passieren würde, wenn der Psychopath zu Hause war. Selbst an Nathan, Eliza und Robin dachte sie nur flüchtig. Es war alles egal. Solange sie aus diesem Schneesturm heraus kam, war alles egal.
Der Weg zur Eingangstür war tief verschneit. Rica musste sich durch die anwachsenden Schneewehen zur Tür vorkämpfen. Die Zeit schien stillzustehen. Als sie endlich vor dem Eingang stand und den eisigen Türgriff unter ihren noch eisigeren Fingern spürte, konnte sie es kaum glauben. Rica drehte den Knauf und stieß die Tür auf.
Erstickende Hitze schlug ihr entgegen, sodass es Rica vorkam, als wäre sie gegen eine unsichtbare Wand gelaufen. Sie taumelte, hustete und konnte sich gerade lange genug auf den Beinen halten, um die Tür hinter sich zuzuschlagen. Dann gaben ihre Beine unter ihr nach, und Rica rutschte langsam zu Boden. Farbige Lichter tanzten vor ihr durch die Dunkelheit, aber sie achtete nicht darauf. Sie schloss die Augen. Einfach nur schlafen. Für immer schlafen, das wäre schön.
Ob Minuten oder Stunden vergangen waren, konnte Rica nicht sagen, als sie langsam wieder zu Bewusstsein kam. Die Hitze war ein bisschen abgeflaut, und ihr wurde klar, dass es überhaupt nicht besonders heiß in dem Unterschlupf war. Nach dem Schneesturm dort draußen war Rica nur vollkommen durchgefroren gewesen.
Es war dunkel. Ein paar Lämpchen blinkten an dem, was Rica aus ihrer Erinnerung für den Computer hielt, ansonsten war alles still. Der Besitzer des Unterstandes war ganz offensichtlich nicht da.
Rica kämpfte sich auf die Füße, blieb einige Momente lang wackelig stehen und tastete dann nach dem Lichtschalter. Lampen flammten auf, blendeten sie für einen kurzen Augenblick und gaben dann den Blick auf den inzwischen wohlbekannten Raum frei. Rica konnte nicht sagen, ob der Besitzer des Unterstandes seit ihrem Besuch noch einmal hier gewesen war, äußerlich jedenfalls schien alles unverändert.
Rica wankte leicht. Ich brauche ganz dringend einen Kaffee, dachte sie und sah sich noch einmal suchend im Raum um. Ihr Blick fiel auf eine dreckverkrustete Kaffeemaschine, die neben den Computern auf dem Tisch stand. Mit zitternden Knien machte sich Rica auf den Weg zu dem Gerät, das sie erst nach einer Ewigkeit zu erreichen schien. Auch ihre Finger zitterten, als sie eine Filtertüte einlegte und begann, Kaffee hineinzuhäufen. Doch als sie die Maschine angestellt hatte und der warme, beruhigende Geruch von frisch gebrühtem Kaffee durch den Raum zu schweben begann, fühlte Rica sich schon ein bisschen besser. Als würde der Kaffee die ganze Sache hier irgendwie vertrauenerweckender machen. Im selben Moment fielen ihr ihre Freunde ein, die sie in der Skihütte zurückgelassen hatte. Nathan, Eliza, Robin. Ihr Magen zog sich zusammen, und ihre Hände begannen wieder zu zittern. Ich hätte sie nicht allein lassen sollen. Das war so feige. Warum habe ich mich nicht einfach dazu
Weitere Kostenlose Bücher