Pacific Paradise - Boone Daniels 2
Gründen kann ich Bodin nichts anhängen«, sagt sie.
»Das heißt aber nicht, dass Corey als Einziger eine Sonderbestrafung erhalten muss«, erwidert Alan. »Das ist eine Frage von Gerechtigkeit.«
»Es ist auch eine Frage von Gerechtigkeit gegenüber Kelly.«
»Der Sichtweise kann ich mich nur anschließen«, sagt Alan. »Mein Klient war an einem abscheulichen Gewaltverbrechen mit tragischem Ausgang beteiligt und sollte die Konsequenzen zu spüren bekommen. Ich werde auf Totschlag plädieren.«
»Und wir werden die dafür vorgesehene Höchststrafe fordern – elf Jahre.«
»Mindeststrafe – drei.«
Das ist Kabuki-Theater – beide wissen, was bei diesem Ritual als Nächstes kommt.
»Schön«, sagt Mary Lou. »Einigen wir uns auf die Mitte. Sechs.«
»Abgemacht.«
Sie schütteln sich die Hände – Alan und Mary Lou, Alan und Johnny, Petra und Mary Lou, Petra und Johnny, Boone und Mary Lou, nur Boone und Johnny nicht.
Sie gehen sich aus dem Weg.
162
Boone fährt nach La Jolla.
Die Senke. Rabbit und Echo schieben Dienst vor dem Haus. Rabbit klopft Boone ab, während Echo telefoniert, wieder zurückkommt und sagt, dass Boone reingehen darf.
Oder raus.
Red Eddie liegt in einem Schwimmreifen im Pool, schlürft einen fruchtigen Drink mit Schirmchen. Seine Fußfessel ist in eine Plastiktüte gewickelt. Dahmer liegt ausgestreckt neben ihm auf einem aufblasbaren Schwimmkissen. Eddie verrenkt den Hals, blinzelt in die Sonne und sagt: »Boonie, welch unverhofftes Vergnügen! Eine Karte hätte mir als Dankeschön genügt.«
Red Eddies hawaiianisches Pidgin-English kommt und geht. Je nach Laune und Absicht. Heute klingt er eher nach Wharton Business School.
»Scheiß auf dich, Eddie.«
»Das ist nicht unbedingt die Gemütsregung, mit der ich gerechnet hatte«, sagt Eddie, »aber immerhin eindeutig.«
»Halt dich raus aus meinem Leben.«
»Auch, wenn ich es retten will, Boone?«, fragt Eddie. »Das ist keine Frage, die sich ausschließlich auf die Vergangenheit bezieht – das Kartell ist gar nicht glücklich über dich, du hast sie eine Stange Geld gekostet und ihnen einen Haufen Scherereien gemacht. Von mir sind sie auch nicht richtig begeistert, immerhin habe ich zwei ihrer Jungs und einen ihrer besten Auftragskiller ausgeschaltet. Wenn sich die Lage beruhigt hat, werden die sich uns beide vorknöpfen wollen.«
»Pass auf dich auf«, sagt Boone. »Nicht auf mich.«
Eddie paddelt an den Rand des Beckens und stellt seinen Drink ab. Dann lässt er sich von seinem Schwimmring ins Wasser rollen, taucht unter, um sich abzukühlen, kommt wieder hoch und sagt: »Das Problem ist, Boone. Ich bin dir was schuldig. Das Leben meines Sohnes. Meins, auch. Wie soll ich jemals aufhören, dir das zu vergelten? Das ist unmöglich. Du wirst einfach meine Großzügigkeit, meine Sorge um dich akzeptieren und damit leben müssen – in Zukunft vielleicht mit etwas mehr Liebenswürdigkeit, wenn ich bitten darf.«
»Ich bin nur hier, um dir zu sagen, dass Corey Blasingame Kelly nicht …«
»Hab ich schon gehört«, sagt Eddie. »Denkst du, ich habe keine Informationsquellen in den Labyrinthen der Macht? Ich wurde längst darüber in Kenntnis gesetzt, dass Trevor Bodin meinen hawaiianischen Bruder ermordet hat. Ist doch richtig, oder?«
Boone antwortet nicht, sagt aber: »Ich nehme an, es hat keinen Zweck, dich darum zu bitten, nicht zu tun, was du tun wirst.«
»Korrekt.«
»Obwohl Kelly gar nicht gewollt hätte, dass du’s tust?«
»Mit ›Was wäre wenn‹-Fragen beschäftige ich mich nicht«, sagt Eddie. »Aloha, Boone.«
»Sauf ab.«
Boone geht.
»Nett«, sagt Eddie. Er taucht wieder ab, kommt hoch und schreit Rabbit an: »Was ist los, du Wichser, denkst du mein Drink schwimmt von alleine hier rüber, oder wie?«
163
Corey Blasingame erscheint an jenem Nachmittag vor dem Richter und bekennt sich des Totschlags für schuldig.
Der Richter akzeptiert und setzt den Termin für die Urteilsverkündigung auf zwei Monate später fest, signalisiert aber, dass er Corey wie vereinbart das mittlere Strafmaß von zweiundsiebzig Monaten zuerkennen wird, wobei die Untersuchungshaft angerechnet werden soll.
Vorausgesetzt, alles geht seinen gewohnten Gang, dürfte Corey in weniger als drei Jahren auf freiem Fuß sein.
Der Richter gibt Corey ein paar Minuten, bevor er abgeführt wird, um sich von seinen Leuten zu verabschieden, aber eigentlich ist niemand da, von dem er sich verabschieden könnte. Beide Eltern sind tot, er
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