Pacific Paradise - Boone Daniels 2
dabei?«, fragt Tide.
»Im Wasser?«
»Wenn du mein Freund wärst«, jammert Dave, »würdest du zurückpaddeln, deine Knarre aus dem Wagen holen und mich erschießen.«
»Hast du eine Ahnung, wie viel Papierkram ich mir aufhalse, wenn ich meine Schusswaffe abfeuere?«, fragt Johnny.
»Was ist in einem Mai Tai überhaupt drin?«, überlegt Boone laut. Er war auch bei dem Mai-Tai-Abend, schon weil sich sein Büro direkt neben dem Sundowner befindet und er dort eine Art inoffizieller Türsteher ist. Aber nach nur zwei Drinks war er wieder zurück in seinem Büro über dem Pacific Surf Shop, um nachzusehen, ob Sunny gemailt hatte oder irgendwelche Jobangebote reingekommen waren. Beides Fehlanzeige, weil die Nachfrage nach Sunny enorm ist und die nach privaten Ermittlungen mies.
Das mit der Arbeit steckt Boone locker weg, aber Sunny vermisst er. Sie sind zwar schon lange getrennt, aber immer noch gute Freunde und sie fehlt ihm.
Als die Jungs merken, dass sich hinter ihnen eine Welle aufbaut, sind sie alle eine Sekunde lang ganz still. Sie warten, spüren einen leichten Anstieg, aber dann macht die Welle schlapp, wie ein Typ, der spät dran ist, es nicht aus dem Bett schafft und sich stattdessen lieber krankmeldet.
Später.
»Können wir noch mal drauf zurückkommen, wie wir Dave umbringen?« fragt Tide.
»Ja, bitte«, sagt Dave.
Boone klinkt sich aus der Unterhaltung aus.
Buchstäblich.
Er hat genug von dem Gequatsche, lässt sich vom Board ins Wasser rollen und einfach fallen. Fühlt sich gut an, aber wahrscheinlich fühlt sich Boone im Wasser sowieso wohler als an Land. Schon im Mutterleib hat er gesurft, der Ozean ist seine Kirche und täglich besucht er den Gottesdienst. Er arbeitet nur so viel, dass er seine Leidenschaft (gerade so) finanzieren kann, sein Büro liegt nur einen Straßenzug vom Strand entfernt. Und sein Zuhause ist noch näher dran – ein Häuschen auf dem Pier über dem Wasser, so dass Geruch, Klang und Rhythmus des Ozeans die Konstanten seines Daseins bilden.
Jetzt hält er den Atem an und starrt durch das Wasser in den erbarmungslos blauen Sommerhimmel und in die blassgelbe, von der Lichtbrechung verzerrte Sonne. Der Ozean pulsiert sanft um ihn herum und er lauscht dem erstickten Geräusch des Wassers, das über den Grund strömt, gerade mal drei Meter unter ihm, und denkt über sein Leben nach.
Keine ernstzunehmende Karriere, keine ernstzunehmenden Einkünfte (okay, gar keine Einkünfte), keine ernstzunehmende Beziehung.
Er und Sunny hatten sich getrennt, bevor sie den großen Durchbruch schaffte und als Profi auf Tour ging, und obwohl er was mit Petra laufen hat, weiß niemand so genau, wo das hinführen soll. Wenn es überhaupt irgendwohin führt.
Seit dem Frühjahr hatten sie sich häufiger gesehen, aber den Deal nicht perfekt gemacht, und er ist nicht sicher, ob er das überhaupt will, weil er das Gefühl hat, dass Petra Hall auf die unverbindliche Freundschaftsnummer gar nicht steht, und wenn sie miteinander schlafen, hat er automatisch eine ernsthafte Beziehung an der Backe.
Und er ist nicht sicher, ob er das will.
Eine Beziehung mit Petra »Pete« Hall ist ein amtlicher Reef Break, damit ist nicht zu spaßen. Pete ist umwerfend, klug, witzig und sie hat das Herz einer Löwin, aber sie ist auch eine karrieregesteuerte Anwältin, die gerne streitet, wahnsinnig ehrgeizig ist und nicht surft.
Und vielleicht ist das auch einfach zu viel, gegen Ende eines echt harten Jahres.
Mit dem Fall Tammy Roddick war Petra in Boones Leben getreten, und wie sich herausstellte, steckte ein riesiger Kinderprostitutionsring dahinter, und die Sache hätte Boone beinahe das Leben gekostet; Dave hatte über die Schmuggelaktivitäten von Red Eddie, einem der Gangster hier vor Ort, ausgepackt; die große Wellenfront war herangewalzt und hatte ihrer aller Leben umgekrempelt. Sunny war die große Welle geritten, hatte es auf die Titelseiten sämtlicher Surferzeitschriften geschafft und war abgehauen.
Sie reitet jetzt auf ihrem eigenen Kometen, Dave sitzt auf glühenden Kohlen, bis klar ist, ob er in dem Prozess gegen Eddie, der ständig verschoben wird, aussagen muss, und Boone laviert am Rande einer Beziehung mit Pete herum.
»Kommt er hoch?«, fragt Hang die anderen, weil er sich langsam Sorgen macht. Boone ist schon sehr lange da unten.
»Mir egal«, nuschelt Dave. Ich bin doch derjenige, der mitSterben dran ist, denkt er, nicht Boone. Boone hat keinen Kater, Boone hat sich gestern keine Mai
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