Paranormal - Fuenf Romane mit Patricia Vanhelsing
lehnten an einem Tisch. Die Farbe war noch feucht.
Er hat die ganze Nacht durchgearbeitet, dachte Rovenna.
Eines Tages wird er sich umbringen...
Rovenna ging an ihm vorbei zu dem großen hölzernen Tisch hin, wo das schwarz eingefasste Buch lag.
Das LIBRUM HEXAVIRATUM.
Sie berührte den Einband und fühlte einen eigenartigen Kraftstrom, der aus dem Buch in ihren Arm fuhr. Allan hatte ihr immer verboten, dieses Buch auch nur zu berühren. Aber Rovenna glaubte in diesem Moment, dass es vielleicht der Rettungsanker war, den sie beide brauchten.
"Rovenna! Was tust du da?"
Allan war erwacht.
Er stand auf.
In der Dunkelheit hob er sich als dunkle, schattenhafte Gestalt ab. Er trat auf sie zu, während Rovennas Hand zurückzuckte. "Du wolltest an das Buch!", stellte Allan fest.
In seiner Stimme klang ein drohender Unterton mit.
"Allan, wir müssen etwas unternehmen... Die Dämonen lassen sich nicht auf Dauer bannen, indem du sie auf die Leinwand bringst. Sie werden zum Leben erwachen! Einer nach dem anderen! Und du weißt, was das bedeutet! Der Tod von diesem Waters war nur der Anfang."
"Und was ist mit deinem geliebten Morris Williamson?", erwiderte Allan. "Du konntest nicht mehr öffentlich auftreten, nachdem er ums Leben kam und die Depressionen hätten dich beinahe getötet...Vier Selbstmordversuche hast du hinter dir! Vergiss das nicht! Erst seitdem wir uns auf die Suche nach seiner Seele begeben haben, hast du wieder neuen Lebensmut bekommen. Du hast sogar nach Jahren wieder den Flügel angerührt..."
Ein verhaltenes, etwas melancholisches Lächeln erschien auf Rovennas Gesicht. Sie erinnerte sich an Morris, an die zärtlichen Umarmungen, den Blick seiner dunkelbraunen Augen, an sein Lächeln...
"Ja", murmelte sie. "Ich weiß...." Ihre Stirn umwölkte sich. Sie sah den Unfall vor sich, bei dem Morris sein Leben verloren hatte. Der Wagen raste die Allee entlang, fing plötzlich Feuer, geriet ins Schleudern und fuhr dann frontal gegen einen der Bäume, die die Fahrbahn säumten... Rovenna war nicht dabei gewesen. Und doch wusste sie jedes Detail dieses Unfalls. Nacht für Nacht hatten diese Bilder sie im Traum verfolgt. Sie schloss die Augen und versuchte verzweifelt, sie abzuschütteln.
"Wir werden Morris nicht finden", erklärte sie dann. "Nicht auf diese Weise... Ich weiß nicht, in welche Hölle du mit Hilfe dieses verfluchten Buches vorgestoßen bist - aber es scheint nur ein Ort zu sein, an dem grauenhafte Kreaturen hausen."
"Und was ist mit dem jungen Mann, nach dem diese Miss Vanhelsing sich erkundigt hat! Er war tot, Rovenna! Sie hat es bestätigt!"
Rovenna atmete tief durch. "Ich will es einfach nicht mehr, Allan. Du musst damit aufhören..."
"Ich kann nicht. Und du weißt es..."
"Dann lass mich einen Blick in dieses Buch werfen, Allan. Vielleicht gibt es eine Möglichkeit!"
"Nein!"
Sein Tonfall wirkte sehr entschieden.
Er legte seine Hand auf das Buch.
"Warum darf ich an seinen Geheimnissen nicht teilhaben, Allan? Ich habe das nie verstanden!"
Allan schluckte. Er zögerte mit der Antwort, nahm das Buch und presste es an sich.
"Ich will es nicht", erklärte er dann. "Wenn du einmal auf die Seiten dieses Buches geschaut hast, wirst du es immer wieder tun. Du wirst nicht mehr davon loskommen..."
"So wie du!"
"Ja, so wie ich!", nickte er. "Aber es reicht, das einer von uns dieses Schicksal erleidet. Und was Morris angeht, so bin ich guten Mutes, das wir ihn finden werden. Bestimmt!"
Er ging an ihr vorbei, auf die Tür zu. Knarrend öffnete er sie.
"Allan!", rief Rovenna ihm hinterher. Er drehte sich nicht um. "Allan, du weißt nicht die Wahrheit!"
Er blieb stehen.
"Welche Wahrheit?", fragte er.
"Die Wahrheit über Morris' Tod!"
Allan Brennan wandte den Kopf. "Ich weiß nicht, wovon du sprichst, Rovenna!"
"Ist dir noch immer nicht klar, weshalb mich sein Tod so mitgenommen hat? Weshalb ich nicht mehr Leben wollte? Weshalb es mir unmöglich wurde, in der Öffentlichkeit an einem Flügel zu sitzen und zu spielen?"
Der Maler hob die Augenbrauen.
"Du hast ihn sehr geliebt", meinte er. "Es ist doch nur natürlich, dass..."
Rovenna unterbrach ihn.
"Kurz bevor er den Unfall hatte, hatte er mir gesagt, dass er die Beziehung mit mir beenden wollte..."
Auf Allan Brennans Stirn erschienen jetzt tiefe Furchen.
Seine Augen wirkten auf einmal hellwach.
"Rovenna!", stieß er hervor. "Das wusste ich nicht."
"Ich habe es selbst lange Zeit nicht wahrhaben wollen und einfach so getan, als
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