Paranormal - Fuenf Romane mit Patricia Vanhelsing
kauerte in der Dunkelheit.
Die nachtschwarze, gespaltene Zunge schnellte aus dem lippenlosen Schlangenmaul hervor.
Was soll ich tun?, dachte das Wesen. Sie töten? Oder vielleicht noch einen Versuch unternehmen, in Kontakt zu treten...
Zumindest mit der jungen Frau.
Die anderen Neuankömmlinge schienen dazu ungeeignet zu sein.
Sie verfügten einfach nicht über die geeigneten Sinne dazu. Und selbst bei der jungen Frau war ein Erfolg unsicher.
Ich werde noch warten!
Das Wesen hatte sich entschieden. Es kauerte in einer der röhrenartigen Gänge, glitt ein Stück zurück und wartete ab.
Warum nicht doch noch einen Versuch unternehmen?, ging es dem Wesen durch den schuppigen Schlangenkopf. Was kannst du verlieren außer der Einsamkeit und der Aussicht, dich bis in alle Ewigkeit von den Toten zu ernähren, die dir die Bewohner dieses Waldes auf den Stein legen...
...oder die du dir selbst erjagen musst, wenn sie dich vergessen haben. Dich, den sie zu verehren und zu fürchten vorgeben.
*
"Es ist schon ziemlich spät", meinte Eduardo Gomes. "Wenn wir uns nicht bald auf den Rückweg machen, wird es knapp, die AMAZONAS QUEEN noch vor Einbruch der Dunkelheit zu erreichen..."
"Ich möchte noch bleiben", erklärte ich.
Ich hatte das Gefühl, sehr nah an etwas zu sein, dass ich schon lange suchte. Etwas, von dem ich nicht wirklich wusste, was es war. Aber es befand sich hier in unmittelbarer Nähe, das spürte ich. Und ebenso spürte ich die Nähe des Beobachters...
Die Kreatur...
Eduardo zuckte die Achseln.
Er nahm sein Funkgerät und nahm Kontakt mit Sergio Cunhal auf, der an Bord des Flussschiffes die Stellung hielt. Es war offenbar alles in Ordnung. Sergio langweilte sich etwas.
Aber das war besser, als wenn der umgekehrte Fall eingetreten wäre und er sich mit irgendwelchen unvorhergesehen Schwierigkeiten auseinanderzusetzen gehabt hätte.
Ich sah Tom an, dessen meergrüne Augen mich fragend ansahen. Er sagte nichts, aber ich spürte, wie mein Verhalten jetzt selbst ihn befremdete. Ich konnte ihn nur zu gut verstehen.
"Ich weiß, dass Onkel Frederik hier war...", flüsterte ich.
"... ist!", korrigierte ich mich dann. "Ich habe ihn gerade wieder gesehen. Er sprach zu mir und warnte uns..."
Einem plötzlich auftretenden Impuls folgend ging ich dann auf jenen Punkt in der Mitte des Atriums zu, an dem sich die kosmischen Kraftlinien trafen. Ich hatte über diese Handlungsweise nicht weiter nachgedacht, sondern tat einfach das, was mir gerade in den Sinn kam. Diese Stelle musste einfach eine Bedeutung haben. Es konnte nicht anders sein.
Alles andere wäre absurd gewesen.
Ich blieb stehen, als ich diesen - für die anderen nicht wahrnehmbaren - Punkt erreicht hatte und sah mich um. Gras wucherte, Büsche wuchsen etwa knietief empor. Mit bloßen Händen begann ich, das Gestrüpp auseinanderzureißen.
"Was suchen Sie?", fragte Saranho, der ebenfalls herbeigelaufen war.
"Geben Sie mir Ihre Machete!", forderte ich.
Er sah mich verständnislos an.
Ich musste es ein zweites Mal sagen, ehe er mir die Klinge gab. Dann hakte ich wie eine Besessene die Vegetation zur Seite.
Es dauerte nicht lange, bis etwas Hartes zum Vorschein kam. Mit einem klirrenden Geräusch war die Machete in meiner Hand davon abgeprallt und ein kribbelnder, elektrisierender Kraftstrom fuhr mir für den Bruchteil einer Sekunde den Arm hinauf.
Ich starrte zu Boden.
Ein Stein in der Form eines Sechsecks befand sich zu meinen Füßen.
Ein Hexagon!
Tom sprach aus, was auch mir durch den Kopf schoss.
"Das Symbol des Hexavirats!", stellte er fest. Sollte etwa jener mysteriöse Rat der Sechs, der der Legende nach aus dem Hintergrund heraus seit Äonen die Geschicke der Welt manipulierte und das LIBRUM HEXAVIRATUM geschrieben hatte, auch hier, an diesem Ort seine Spuren hinterlassen haben?
Eisiger Schrecken erfüllte mich.
Und dann war da wieder diese Stimme in meinem Kopf.
Rama'ymuh, Tampe'yu, Samayu...
Eine Aufzählung! , wurde mir jetzt schlagartig klar. Eine Aufzählung von...
Alkur'u, Ktor, Cayamu...
...Namen!
Die Erkenntnis traf mich wie ein Keulenschlag. Der Klang dieser Namen hallte Dutzendfach in meinem Kopf wieder.
Besonders der letzte.
Cayamu...
So hatte jenes geheimnisvolle Wesen geheißen, dass von den Anhängern der Weltuntergangssekte ORDEN DER MASKE verehrt wurde und auf dem Planeten einer fernen Doppelsonne residierte.
Wie ein Singsang wiederholte die Stimme die Namen.
Es war sechs an der Zahl.
Die
Weitere Kostenlose Bücher