Party Girl - Roman
Mirko.
»Ja«, sagte Mona. »Bobbie.«
»Und der ist sauber?«
»Was meinst du damit?«
»Das ist nicht irgendein Schulspitzel, jemand, der gleich zum Direktor rennt?«
Mona wurde schwindlig. Sie spürte Bobbies Blick und auf einmal war sie nicht mehr sicher, ob Bobbie der Bobbie war, für den sie ihn hielt. Und ob sie die Mona war, an die sie sich fünfzehn Jahre lang gewöhnt hatte. Oder ob sie sich in eine andere fremdgesteuerte Person verwandelt hatte.
Wenn ja, dann verabscheute sie diese Person. Und wenn dies wirklich ihre Schule war und sie sich in der Stadt Mün chen befand, dann gefielen ihr weder die Schule noch die Stadt. Der Boden rutschte ihr gleichsam unter den Füßen weg. Sie war sich über gar nichts mehr sicher.
Und die ganze Zeit musterte Bobbie sie ungeduldig. Und misstrauisch.
Mona richtete sich auf und sagte: »Er geht in meine Klas se.«
»Na und?«, schrie Mirko. »Was beweist das? Ich hab ein komisches Gefühl. Weißt du, was ich glaube?«
»Nein?«, sagte Mona rau.
Bobbie starrte sie unentwegt an.
»Ich glaube, du bist nicht sauber.«
Mona schloss die Augen. Sie wollte Bobbies Blick nicht mehr sehen.
»Quatsch«, sagte sie. Aber der Kloß in ihrem Hals wurde immer dicker. Sie sah die Waschmaschine vor sich und sie sah, wie Susi das blutige Bettlaken durch den Flur trug.
Ihr Herz hämmerte so laut, dass sie sicher war, Bobbie könnte es hören.
»Wir haben das so abgemacht«, sagte Mona. »Du sprichst direkt mit ihm. Und ich bin da raus.«
Bobbie zog missbilligend die Augenbrauen hoch. »Hey, hey!«
Mona machte ein beruhigendes Zeichen mit den Hän den.
»Dann gib ihn mir!«, schnauzte Mirko.
Mona gab das Handy erleichtert an Bobbie weiter. »Jetzt kannst du mit ihm reden«, sagte sie. Sie deutete erst auf sich, dann auf Frau Bethge, die ihr Telefonat beendet hatte und zu ihrem Tisch zurückging.
Während Bobbie sich räusperte und »Ja, Mirko?« sagte, verwickelte Mona Frau Bethge in ein Gespräch über ein Buch, dessen Titel sie angeblich vergessen hatte. Sie erzähl te lang und breit, wovon es handelte. (Von einem Mäd chen, das erst mit zwölf Jahren erfährt, dass es adoptiert wurde, und sich nun auf die Suche nach seiner leiblichen Mutter macht.)
Aus den Augenwinkeln beobachtete sie Bobbie, der leise in sein Handy sprach. Mit einem ganz krummen Rücken und so nuschelig, dass man nicht eine Silbe verstehen konnte. Schließlich legte er auf. Mona sagte lachend: »Ach, macht nichts, Frau Bethge, ist nicht so wichtig. Ich dachte nur, Sie kennen das Buch vielleicht, ist nämlich echt spannend.«
Die beiden Mädchen kicherten immer noch über die BRAVO. In dem Musikraum über der Bibliothek wurden Stühle verrückt. Auf dem Schulhof schrillte eine Trillerpfei fe.
Bobbie schlenderte heran, lächelte Frau Bethge zu und sagte: »Das hier ist der schönste Raum in der Schule.«
»Finde ich auch«, sagte Mona. Ihre Mutter hatte sich noch nie im Elternbeirat engagiert, Charlotte hatte nicht mal Zeit gehabt, zum letzten Elternabend zu kommen.
»Schön, dass ihr das sagt.« Frau Bethge lächelte sie an. »Kommt wieder, wann immer ihr wollt.«
Als sie mit Bobbie die Bibliothek verließ, drehte sie sich noch einmal um. Frau Bethge hatte sich schon wieder ihren Büchern zugewandt und achtete nicht weiter auf sie.
Und Mona fühlte sich merkwürdigerweise so allein wie nie zuvor.
13. Kapitel
Mona konnte schon im Treppenhaus hören, dass in ihrer Wohnung der Staubsauger lief. Dieses Schlürf-und Saugge räusch, mal höher, mal tiefer, das sich plötzlich veränderte, wenn der Staubsauger sich an einer Teppichfranse ver schluckt hatte oder in einer Ecke festsaß.
Sie hatten einen Roboter-Staubsauger, der die Arbeit ganz alleine erledigte, aber Mona war sicher, dass sie Charlie am Morgen nicht angestellt hatte. Charlie, der aussah wie eine orangefarbene Schildkröte, hatte zuletzt in der Wäsche kammer in der Ecke gestanden und war zum Aufladen an die Steckdose angeschlossen gewesen.
Mona suchte mit zitternden Fingern nach dem Schlüssel, drückte den Code und stieß die Wohnungstür auf.
Fernanda kam gerade mit einem Bündel schmutziger Handtücher aus dem Bad. Sie blieb stehen, als sie Mona sah.
»Bom dia«, sagte sie.
Mona war so aufgeregt, dass sie nicht mal Zeit hatte, die Begrüßung zu erwidern. »Wieso bist du hier? Du solltest doch diese Woche nicht kommen!«, rief sie.
Fernanda ließ die Handtücher empört vor Mona auf den Boden fallen. »Und was sagt deine
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