Party Girl - Roman
sie legte einfach auf.
Denn jetzt sah sie Mirko.
Er trug seine Fleecejacke und hatte die Hände tief in den Hosentaschen vergraben. Er schaute sich nicht um. Er machte keine misstrauischen Bewegungen, er hatte nichts Verstohlenes, nichts Geheimnisvolles, er war ein Typ, der mit den Händen tief in den Taschen seiner Armeehose am Schwimmbad entlangschlenderte und dann, als sei ihm gerade etwas eingefallen, sinnend neben einer Abfalltonne stehen blieb. Er beugte sich über die Tonne und im Bruchteil einer Sekunde hatte er den Rucksack schon über der Schulter, als sei er immer da gewesen.
Er richtete sich auf. Jetzt blickte er sich doch um. Und für einen Augenblick hatte Mona das Gefühl, dass er sie durch die spiegelnden Scheiben erkannte, als er eine Zigaretten schachtel in die Tonne fallen ließ, sich kurz bückte und im nächsten Augenblick mit einem kleinen Rucksack über der Schulter an der Eingangstür vorbeiging.
Die Männer mit den Butterbroten waren nur noch drei Schritte entfernt.
Der Glatzkopf breitete seine Zeitung wieder aus und ging direkt auf Mirko zu.
Mirko drehte sich verwirrt um und dann sah er die beiden Männer. Als er sich blitzschnell wegducken wollte, hatten sie ihn schon gepackt und seine Arme nach hinten gedreht und jemand hatte ihm den Rucksack abgenommen.
Der Mann mit der Zeitung ging zum Abfallkorb. Er zog einen dünnen Plastikhandschuh an, klaubte die Zigaretten schachtel heraus und schaute auf, Mona direkt ins Gesicht.
Mona nickte. Sie ließ sich von der Tür wieder nach drau ßen drehen. Die Sonne ging gerade unter.
»Mona Preuss?«, fragte der Mann, während er die Zeitung zusammenrollte.
Mona nickte.
»Kriminalpolizei.« Er zeigte ihr seine Dienstmarke und Mona streckte erleichtert die Hand nach der Zigarettenpa ckung aus. »Ist da mein Schlüssel drin?«
»Will mal sehen.« Der Polizist zog einen zweiten Gummi handschuh an, öffnete die Schachtel, auf der stand RAU CHEN KANN TÖDLICH SEIN, und ließ den Schlüssel in seine Handfläche fallen.
Er musterte Mona. »Ist er das?«
Mona nickte. Ihr Herz schlug bis zum Hals, sie war sehr aufgeregt.
Sie konnte nicht sehen, was mit Mirko passierte.
»Oh, danke«, sagte sie glücklich.
Der Polizist lächelte, aber er gab ihr den Schlüssel nicht, sondern legte ihn in die Zigarettenschachtel zurück und ließ beides in seine Jackentasche gleiten.
»Schön eins nach dem anderen«, sagte er gelassen. »Diese Aktion war ja ziemlich schnell. Wir hatten keine Zeit, dich zu überprüfen, aber hatten das Gefühl, es war Gefahr im Verzug.« Er deutete auf die Straße. »Da parkt unser Auto. Der blaue VW-Bus.«
Jetzt sah Mona den Wagen und sie sah eine Frau in einer Lederjacke, die am Auto lehnte.
»Meine Kollegin und ich bringen dich auf die Wache. Und da hast du dann alle Zeit der Welt, uns zu erzählen, was passiert ist.« Mona dachte an das Foto. Nie im Leben hatte Mirko das gelöscht, davon war sie überzeugt. Aber sie wollte den Polizisten alles erzählen. Nichts auslassen. End lich reinen Tisch machen.
Und vielleicht würden die Beamten ihr helfen.
Der Polizist führte Mona zum Auto; er hielt ganz leicht ihren Ellenbogen und redete mit ihr, wie man mit jeman dem redet, den man gut kennt; niemand, auch nicht die Leute, die aus der Schwimmhalle kamen, konnten ahnen, dass ein junges Mädchen gerade von der Polizei abgeführt wurde.
»Und auf dem Revier«, sagte der Polizist freundlich, »kannst du deine Mutter anrufen oder deinen Vater oder ir gendjemanden sonst, der dir nahesteht.«
Mein Vater ist tot, dachte Mona.
Meine Mutter ist in Prag.
Und Dominik steht mir nicht nahe.
Aber das kann sich ja vielleicht noch ändern.
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