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Daraus lassen sich ein paar Erzählungen machen

Daraus lassen sich ein paar Erzählungen machen

Titel: Daraus lassen sich ein paar Erzählungen machen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taras Prochasko
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1
    Hätte meine Zenlehrerin recht gehabt, wäre alles ganz anders gekommen. Es hätte, wie sie sagte, ein Hier und Jetzt gegeben. Wir wären zusammen. Wir würden mit dem Zug zu unserem Häuschen in den Bergen fahren. Wir würden das Häuschen betreten und die Tür von innen verschließen, ohne uns zu erinnern, wie wir hierher gefahren, gegangen sind und was vorher war. Wir würden ein wenig einheizen und das mitgebrachte Essen auspacken. Es wäre Winter. Es wäre kalt. Es wären uns unbekannte Sterne am Himmel. Es wäre dunkel. Noch kälter wäre es im Bett. Die Wärme des Ofens würde gerade mal bis zum Morgen reichen, den es hier nicht gibt, denn der Zug fährt noch bei Dunkelheit ab, bis dahin sind es sechs Stunden. Vor den Fenstern schwarz, nichts, nur Geräusche. Einfache Geräusche – Hunde in der Ferne, der Wind im Wipfel des kahlen Nußbaums, Erde, Wasser und Steine gefrieren, ziehende Wolken verdecken immer wieder andere Fragmente ein und desselben Sternbilds, das gefrorene Gras knirscht, das Holz der Zäune, Wände, Brunnen und Hundehütten dehnt sich aus. Die Fußspuren werden hart, die Schienen jenseits des Gartens ziehen sich zusammen, die Nägel in den Brettern, die Ketten der Brunnen, die bis zum Grundwasser hinabreichen müssen.
    Da würde nichts sein. Nur eine Lampe mit kaputtem Schirm über dem Bett. Irgendwelche Kissen, Daunendecken und Wolldecken. Ein Wandteppich, Jugendstil. Ein silbernes Relief mit dem dornengekrönten Haupt Christi, ein anderes mit da Vincis Abendmahl. Die Heilige Familie von Lorenzo Sciarpelloni, eine Reproduktion aus den zwanziger Jahren. Eine garantiert echte Kopie des wundertätigen Bildes der Schwarzen Madonna von Częstochowa, printed in Poland, 1936, hinter Glas, in einem Rahmen mit Resten goldener Farbe. Eine Landschaft von MychajloMoroz 16 – ein Berg, verschiedene Bäume, Frühling, Schneeschmelze, weiße, blaue, granatrote, braune, bronzefarbene Flecken und sogar ein bißchen Grün. Eine Studie von Zorij – Krakau, die Planty, ein Turm, ein grüner Kastanienbaum. In den Ecken Spinnweben. Ein ausziehbarer Polstersessel, ein Polstersessel, der sich zu einem Bett ausziehen läßt. Ein Selbstporträt von Schewtschenko, aus einer Zeitschrift ausgeschnitten, mit Passepartout und Rahmen. Ein großer, ovaler Tisch in der Mitte des Zimmers, um den Tisch vier Stühle. Ein Kachelofen mit ockerfarbenen Kacheln. Eine alte Lade neben der Ofentür, darin Holz. Die weiße Tür ins andere Zimmer. Zu schließen mit einer schmalen Messingklinke und einem Riegel in der rechten oberen Ecke. Zwei Fotos, in Farbe der Papst, in Schwarzweiß Omas Schwester auf einer Bank unter einem Apfelbaum. Ein großes Frauenporträt in Pastell. Ein Schrank mit Spiegel, der Spiegel verzerrt jedes Bild. Ein Sofa mit einer verschlissenen Wolldecke in ausgebleichtem Weiß-rot-gelb-schwarz-grün als Überwurf. Die Fenster mit weißen Leinengardinen verhängt. Ein Regal mit vier Fächern voller Bücher (Montaigne, ein ukrainischer Kalender, botanische Atlanten, ukrainisch-deutsche Wörterbücher, Handbücher über Gartenbau, Blumenzucht, Fotografie, Wrestling, Pomologie, Phänologie, Nahkampf, Uhrmacherkunst, einKobsar 17 , die Geschichte der mittelalterlichen Kirche, Stefanyk, Tschechows Tagebücher, Hamsun, Schkljarski, Subtelny, Doktor Faustus, ein Band über tschechische Fotografie aus dem Jahr 1960, eine Samisdat-Ausgabe von Brodsky, auf der Schreibmaschine abgetippt, 1970). Der Boden aus schmalen Brettern, vor sehr langer Zeit rot gestrichen. Die Wände zitronengelb. Die Decke weiß, mit zugegipsten breiten Rissen. Weiterer Blickfang: eine uralte Uhr (ein Meter mal fünfundzwanzig), die einem Rathaus oder einer Kapelle ähnelt, Doc Martens-Stiefel unter dem Nachtkästchen und sechzehn metallene Billardkugeln auf einem zweireihigen Holzgestell am Ofen.
    Mit unseren Körpern würden wir die Decke wärmen, wir würden unter ihr atmen, bis sie, von uns angewärmt, unsere Haut warm halten würde, meine und ihre. Die scharfe Grenze zwischen warm und kalt ließe uns Enge empfinden. Hätte meine Zenlehrerin recht gehabt … Wären wir zusammen, und es gäbe kein Überall und Immer, kein Hier und Jetzt …
    2
    Obwohl diese Zeit im Herbst sich besonders gut eignet, noch die allerkleinsten Veränderungen der Jahreszeit so aufzufassen, daß sie sich überaus einfach zu bedeutenden Ereignissen des alltäglichen Lebens machen lassen, bemühe ich mich, nicht allzu viele Details wahrzunehmen. Nicht weil der Herbst

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