Patria
Sie war Samstag frei gelassen worden, als Thorvaldsen und Gary nach Dänemark zurückflogen. Nach allem, was Thorvaldsen erzählt hatte, war ihre Beziehung zu ihrem Vater nicht gerade beneidenswert.
Malone umarmte seinen Sohn und sagte: »Ich hab dich lieb. Pass gut auf deine Mutter auf.«
»Dazu braucht sie mich nicht.«
»Sei dir da nicht so sicher.«
Er sah Pam an. »Falls du mich jemals brauchst, weißt du, wo ich zu finden bin.«
»Das Gleiche gilt umgekehrt. Wenn auch sonst zwischen uns einiges schiefläuft, wir können einander gut den Rücken frei halten.«
Sie hatten Gary nicht erzählt, was im Sinai vorgefallen war, und würden es auch weiter verschweigen. Thorvaldsen hatte sich bereiterklärt, die Hüter unter seine Fittiche zu nehmen und Gelder für den Erhalt des Klosters und der Bibliothek bereitzustellen. Inzwischen gab es schon Pläne, die Manuskripte elektronisch zu archivieren. Außerdem würde man neue Leute suchen und die Reihen der Hüter wieder auffüllen. Die Möglichkeit, in dieser Sache zu helfen, hatte den Dänen begeistert, und er freute sich schon darauf, die Bibliothek zu besuchen.
Doch das alles würde geheim bleiben.
Thorvaldsen hatte Israel versichert, dass das Geheimnis gewahrt bleiben würde, und da die Vereinigten Staaten dies ebenfalls zugesichert hatten, schienen die Juden zufrieden zu sein.
Pam und Gary stiegen in den Wagen. Malone winkte ihnen nach, als dieser sich in den Verkehr einfädelte und Richtung Flughafen verschwand. Dann schob er sich durch die Menschenmenge zu Thorvaldsen, der beobachtete, wie die Arbeiter den Schutt wegräumten.
»Ist wieder Frieden eingekehrt?«, fragte Henrik.
Malone wusste, worauf sein Freund anspielte. »Ja. Die Dämonen der Vergangenheit sind vertrieben.«
»Die alten Geschichten können einem wirklich das Leben schwer machen.«
Malone stimmte ihm zu.
»Sie können einem aber auch teuer und kostbar sein.«
Malone wusste, worauf Thorvaldsen anspielte. »Es wird wundervoll sein zu sehen, welche Werke diese Bibliothek birgt.«
»Nicht auszudenken, welche Schätze uns da erwarten.«
Er sah zu, wie die Männer auf dem Gerüst die fünfhundert Jahre alte Fassade vom Ruß reinigten.
»Das Haus wird bald wieder so gut aussehen wie eh und je«, sagte Thorvaldsen. »Das Inventar musst du dir allerdings selbst besorgen. Da kannst du dir eine Menge Bücher kaufen.«
Malone freute sich schon darauf. Davon lebte er jetzt. Vom Handel mit Büchern. Aber die Lektion, die er in den letzten Tagen gelernt hatte, war wichtig. Dass alle drei Malones vor kurzem noch in Lebensgefahr geschwebt hatten, hatte ihn daran erinnert, was wirklich zählte im Leben. Er zeigte auf das Haus.
»All das hier ist nicht wirklich wichtig.«
Der Däne schenkte ihm ein verständnisvolles Lächeln.
»Es sind nur Dinge, Henrik. Mehr nicht. Einfach nur Dinge.«
Anmerkungen des Autors
Für die Recherchen zu diesem Buch war ich viel unterwegs. Ich habe Reisen nach Dänemark, England, Deutschland, Österreich, Washington DC und Portugal gemacht. Die Idee für das Buch kam mir bei einem Dinner in Camden, South Carolina, als einer der Gastgeber, Kenneth Harvey, mich fragte, ob ich je von einem libanesischen Gelehrten namens Kamal Salibi gehört hätte. Als ich verneinte, gab Ken mir vier von Salibis Büchern. Etwa ein Jahr danach war die Idee für den vorliegenden Roman dann ausgereift. Wie immer in meinen Werken ist die daraus entstandene Geschichte eine Mischung aus Fakten und Fiktion.
Nun ist es an der Zeit, klarzustellen, wo das Buch sich auf reale Fakten bezieht und was daran reine Fiktion ist. Was die nakba anbelangt, die im Prolog zum ersten Mal erwähnt wird, war diese Tragödie leider nur allzu real, und sie vergiftet die Beziehungen im Nahen Osten bis zum heutigen Tag.
Das Monument, das im achten und vierunddreißigsten Kapitel beschrieben wird, hat ein reales Vorbild in Shugborough Hall in England. Über seine Bedeutung diskutieren Esoteriker und Verschwörungstheoretiker schon seit Jahrzehnten. Die Pressekonferenz (Kapitel acht) hat de facto in Shugborough Hall stattgefunden, und die vorgeschlagenen Interpretationen der lateinischen Buchstaben wurden tatsächlich so von den Experten vorgestellt. Die Idee, dass es sich bei diesen Buchstaben um eine Karte handelt, ist dagegen meine Erfindung.
Wie bereits erwähnt, stammt die Vermutung, dass die Geschichten des Alten Testaments sich anderswo als in dem heutigen Palästina abgespielt haben, nicht von mir.
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