Paul's Blog
mitkommt und zweitens auf Armmuskeln spekuliere. Ich denke nicht, dass er den Vorschlag annimmt, aber er findet die Sache tatsächlich gut. Während er verspricht, sich drum zu kümmern, schießen die Kroaten ein Tor gegen Deutschland. Ich fasse es nicht. Ich fühle mich, als hätte ich beim Jonglieren einen Ball verloren. Oder zwei Bälle, denn als ich zurückkomme, wird mir klar, dass meine Mutter sauer ist, weil wir unsere Pläne nicht zuerst mit ihr abgesprochen haben. Das ist es, was das Leben so schwierig macht.
- Das heißt es, erwachsen zu werden!, ruft meine Mutter. Immer kommen mehr Bälle dazu und die ganze Kraft geht dabei drauf, sie in der Luft zu halten.
Jetzt weiß ich, warum Fußball so beliebt ist: Ein Ball, 22 Leute. Denn so kann man das auch machen.
Fragen
June 19, 2008 at 5:233m
Wie kann man denn vor dem Fernseher aufstehen, kurz bevor Ballack einen Freistoß schießt? Das kapiere ich nicht. Meine Mutter geht in die Küche und holt sich ein Glas Wein (wird sie jetzt Alkoholikerin?). Ich hätte doch mit Theo Fußball gucken sollen. Ich meine, mal unabhängig davon, ob einen Fußball interessiert, aber Millionen warten auf diesen Schuss, diesen genialen Schuss, der wie gesteuert ins Tor rast, 120 km/h und meine Mutter geht seelenruhig in die Küche, gießt sich Wein nach. Kommt zurück, es steht 1 : 0. Sie:
- Für wen? Ist das so, wenn man älter wird oder ist sie depressiv oder mit den Gedanken ganz woanders? Verliebt? (Abseitiger Gedanke). Also ich könnte absolut verliebt sein, aber wenn Ballack einen Freistoß schießt, wenn es um das Viertelfinale geht ... das muss meine spätere Freundin verstehen. Anders geht es nicht. Und wenn sie dann in die Küche gehen würde, ich weiß nicht, ob ich dann noch mit ihr zusammen sein könnte.
- Das ändert sich schon noch, behauptet meine Mutter.
- Du bist während des Irakkrieges geboren. So ist das eben.
Ich verstehe nicht, was der Irakkrieg, das Spiel Österreich gegen Deutschland und meine Geburt miteinander zu tun haben?
Global, national, privat? Heißt das, dass ich schon irgendwann verstehen werde, dass es am Ende nur darauf ankommt, ob ich gut versichert bin? Genug Wein im Kühlschrank habe? Die Atombombe auf ein anderes Land fällt?
Ich fasse nicht, dass meine Mutter und ich uns vor dem Fernseher streiten, während Deutschland Schwierigkeiten hat, das 1 : 0 sicher nach Hause zu bringen, weil das Stadion kocht bei der Vorstellung, dass Österreich raus ist. Aber so ist es am Ende.
Und ich bin vollkommen fertig, weil ich hasse, wenn ich mit meiner Mutter streite. Schließlich ist sie der Mensch, mit dem ich hier zurzeit noch lebe.
Spanien gegen Italien
June 25, 2008 at 6:52pm
Ich habe das Spiel im Altenheim mit Bauer und Feli gesehen. Irgendwie hatte ich ein schlechtes Gewissen, dass ich ihn so lange nicht besucht habe. Sein Fotoapparat lag die ganze Zeit in meinem Zimmer, aber seit er will, dass ich Fotos von ihm mache, ist mir die ganze Sache unheimlich geworden. Wie finden das zum Beispiel seine Verwandten (hat er überhaupt noch welche?). Fotos schießen ... ich habe das Gefühl, ich schieße tatsächlich auf ihn, wenn ich die alte Kamera auf ihn richte. Als ob ich ihn mit jedem Foto seinem Tod näher bringe. Und wenn er dann tot ist und ich ein Foto mache, dann kommt mir das so vor, als ob ich auch noch den Beweis dafür liefere. Feli meint, das klingt ziemlich durchgeknallt. Ich wollte ihr die Kamera geben, aber sie hat nur abgewunken. Sie hat mir angeboten, dass sie mitkommt ins Heim. Also sitze ich vor Spanien gegen Italien und höre mir an, was für tolle T-Shirts die Spanier haben. Rot mit goldenen Buchstaben. So was kann einfach nur Mädchen auffallen. Und Bauer kapiert nicht, dass die Italiener ganz in weiß spielen, weil er das mit dem Heimspiel bei der EM nicht kapiert, und dass die Heimmannschaft ihr Trikot wählen kann. Die spielen doch in Österreich und der Schweiz ...? Seufz!
Ich bin für die Italiener, man muss einfach für Italien sein, Weltmeister, aber dann spielen sie arrogant und überheblich und die Spanier sind einfach nur geil. Und ich muss zugeben, die Italiener sehen wie Krankenpfleger in ihren Trikots aus, sogar weiße Stulpen und die Spanier wie Torreros im Kampf gegen den weißen Stier. Ich finde, man muss sich voll reinhauen, man kann doch nicht nur wie die Italiener darauf warten, dass der Gegner vor Erschöpfung Fehler macht. Das ist billig. Und dieser kleine spanische Torhüter
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