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Paul's Blog

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Titel: Paul's Blog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Bongard
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So etwa wandert bei mir nicht ins Langzeitgedächtnis, das ist schon überlastet mit den Schrecken der Kindheit. Aber mein Vater steht auf so was.
    Ich habe Theo von meinen Ferienplänen erzählt und er war so begeistert, dass ich einfach nur zugehört habe, wie toll mein Urlaub werden wird. Vielleicht wollte er mich aber auch nur beruhigen. Er fährt mit einer Gruppe von Leuten (etwa auch Feli?) zum Paddeln, irgendwo in Brandenburg. Lagerfeuer, Gitarre, Wasser, Zelte, Schlafsäcke - das kann ich mir gut vorstellen. Blöderweise kann ich da nicht mit, da ich gleich am Anfang der Ferien zu meinem Vater fahre. Na ja . Jedenfalls werde ich dicke Arme bekommen. Und Muskelkater und fette Blasen an den Händen und Schürfwunden und ansonsten hoffe ich mal, dass ich die Sache überlebe.
    Also bis dann ...

September 2008
     
    Das Leben und so
    September 7, 2008 at 12:56pm
    Bin zurück.
    Weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.
    Es ist ziemlich viel passiert in den letzten Wochen und irgendwie bin ich komplett verändert. Ich habe fette Bizeps an den Armen. Tja, das kommt vom Bouldern. Theo ist so neidisch – und ich habe meine Sportart entdeckt. Wenn man es Sport nennen kann, mit zwei Fingern an einem Felsen zu hängen. Und in 99 von 100 Fällen bin ich auf mein Crashpad gefallen. Aber eine leichte Route habe ich hingekriegt. Mein Vater, der es mir mal so richtig zeigen wollte, hat sich am dritten Tag den Fuß verstaucht und hat sich ab da nur noch mit Zusehen und Schreiben beschäftigt. Am ersten Wochenende kam dann seine Freundin (als läge er im Sterben), um nach ihm zu sehen. Sie ist – zugegeben - ganz nett, obwohl das schwer zu beurteilen ist, wenn jemand nicht deine Sprache spricht (vielleicht redet sie andauernd französischen Schwachsinn?). Wir haben uns auf Englisch unterhalten oder mein Vater hat übersetzt und am Ende bin ich Bouldern gegangen und sie sind gewandert (das hat der Fuß offenbar ausgehalten ...). Ich habe nette Typen kennengelernt, auch Deutsche, einer hat mir angeboten, ihn in München zu besuchen und er hat mir ein paar Tricks gezeigt. Es war wirklich cool und ich überlege mir gerade, wie ich die Sache in Berlin weiter verfolgen kann. Ich glaube, es gibt hier so Kletterhallen, was natürlich nichts gegen diese geilen Felsen ist, aber immerhin besser als gar nichts.
    Wir waren dann noch eine Woche in Paris bei meinem Vater, der eine winzige Wohnung hat, weil die Mieten in Paris so hoch sind und natürlich hat er mir die ganze Stadt gezeigt, inklusive geschichtlicher Hintergründe und so weiter. Ich hoffe, ich behalte genug, um meinen Geschichtslehrer damit zu beeindrucken. Das Beste war, dass seine Freundin dabei auf Abstand geblieben ist. Das beweist jedenfalls, dass sie mich respektiert. Meine Mutter war allerdings nicht so cool, sie hat ungefähr jeden Abend angerufen, um zu wissen, ob ich okay bin. JA!
    Mein Vater hat mir seinen Internetanschluß angeboten, aber ich habe nur Theo gemailt und hatte keine Lust zu bloggen. Meine Mutter hat meinem Vater davon erzählt und er wollte wissen, wo und was ich mache (ob ich etwa mit dem Schreiben in seine Fußstapfen trete?). Aber das wäre der Supergau, wenn mein DAD das hier lesen würde.
    Ich habe ihm erzählt, dass ich mich mit Moby Dick beschäftigt habe und als ich abfuhr, hat er mir ein Buch geschenkt. Auf Englisch, was wohl ein zarter Hinweis darauf sein sollte, dass es da noch was zu verbessern gibt. Das Buch heißt In The Heart Of The Sea und beschreibt die Fahrt des Walfängerbootes ESSEX, das 1819 von Nantucket aus auf Walfang ging, im Südpazifik von einem Wal gerammt wurde und unterging. Zwanzig Männer versuchten, in drei Booten nach Südamerika zu kommen, da sie im Westen Kannibalen fürchteten. Drei Monate später waren es nur noch acht, die auf der Reise gezwungen waren, die Körper ihrer toten Kumpels zu essen. Autsch . Die Story war zu Melvilles Zeiten absolut bekannt und das jetzt zu wissen, ist seltsam und dass ich das alles jetzt lese, noch seltsamer. Als ob alles zusammenhängt.
    Den Rest der Ferien war ich mit meiner Mutter bei meiner Oma in Brandenburg. Auf dem Land und damit meine ich: Nichts, aber auch gar nichts los. Ich habe gelesen und DVDs geguckt und für meine Oma Holz gehackt, damit meine Arme nicht wieder dünn werden. Ich hätte nicht gedacht, dass ich das aushalte, aber es war gut. Meine Oma hat einen Karton mit alten Fotos rausgekramt. Meine Eltern bei ihrer Hochzeit. Das hat mich allerdings schon fertig gemacht.

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