Peggy, die Piratentochter
Jonissen? Und wohin lenkst du unser Schiff?“
Der Geisterpirat antwortete nicht.
Er drehte seinen Kopf,
streckte den Arm aus
und deutete aufs Meer hinaus.
Peggy trat an die Reling
und folgte mit ihrem Blick seinem Finger.
Das Meer lag ruhig und dunkel da.
Am Horizont jedoch hatte sich bereits ein schmaler heller Streifen gebildet, der genau dort, wo der Finger des Geisterpiraten hinzeigte, von einem dunklen bizarren Felsen durchbrochen wurde.
Eine Insel!, durchzuckte es Peggys Gedanken. Eine winzige Felseninsel mitten im Ozean. Und die „Seeanemone“steuerte geradewegs darauf zu!
„Ist das der Pazifik?“, wisperte Peggy. „Warum fahren wir zu dieser Insel?“
Doch der Geisterpirat blieb stumm. Er hatte seinen Arm inzwischen heruntergenommen und hielt Peggy nun wieder sein Gesicht zugewandt. Augen, Nase und Mund konnte sie allerdings noch immer nicht erkennen.
„Du willst also nicht mit mir reden“, sagte sie. „Aber du willst mir dennoch etwas sagen, stimmt’s?“
Anstelle einer Antwort blitzten nun feine Strahlen in den Himmel und einen Augenblick später brach die Sonne hinter dem Horizont hervor. Die Oberfläche des Ozeans schillerte im warmen Morgenlicht.
Und da sah Peggy es -
das winzig kleine Boot!
Es hielt genau auf die Felseninsel zu.
Peggy stürzte zum Fernrohr,
das an der Reling angebracht war.
Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und reckte sich, aber sie war einfach zu klein, um das Fernrohr waagerecht ausrichten und zur Insel hinübersehen zu können. Sie brauchte den Hocker, der neben dem Steuerrad stand und auf dem ihr Vater sich manchmal ausruhte.
Langsam drehte Peggy sich um
und richtete ihren Blick
abermals auf den Geisterpiraten.
„Tu’s nicht“,
ertönte Paules leise Stimme hinter ihr.
Die Entführung
Der Schiffjunge stand Peggy direkt gegenüber. Er war wachsbleich im Gesicht und schielte ängstlich zum Steuerrad hinüber.
„H-hast du den Geisterpiraten auch gesehen?“, stammelte er.
„Natürlich“, sagte Peggy. „Er hat mir die Insel gezeigt. Vielleicht möchte er, dass wir dort landen.“
„Klar doch.“Paule tippte sich an die Stirn. „Und was glaubst du, macht er dort mit uns?“
„Keine Ahnung“, murmelte Peggy. Sie drehte sich um, beugte sich über die Reling und fixierte das kleine Ruderboot. „Die ‚Seeanemone‘holt auf.“
Peggy kniff die Augen zusammen. Täuschte sie sich, oder waren es drei Gestalten, die sich gegen den hellen Horizont abhoben? Unschlüssig blickte sie zum Steuerrad hinüber. Der Geisterpirat hatte inzwischen einen Stiefel auf dem Hocker abgestellt.
Peggy nahm all ihren Mut zusammen.
Entschlossen lief sie auf das Steuerrad zu.
Sie stoppte zwei Schritte davor
und sah zu dem Geisterpiraten hinauf.
In seinem Gesicht blitzte etwas auf.
Es sah aus wie ein Zwinkern.
Peggy schluckte.
Was hatte er mit ihr und der Besatzung der „Seeanemone“vor? Wollte er sie in Sicherheit wiegen? Ach, verdammt, alles Grübeln und Zögern brachte sie keinen Deut weiter. Peggy machte einen großen Schritt, streckte die Hand aus und zog den Hocker unter seinem Fuß weg. Dabei berührte sie mit den Fingerknöcheln den Stiefel des Geisterpiraten.
Es war ein seltsames Gefühl.
Kühl und klar.
Es schoss bis in ihre Brust hinauf.
Dort wurde es sofort weich und warm.
Und plötzlich fühlte Peggy sich sehr stark.
Sie eilte mit dem Hocker an die Reling zurück, stieg hinauf und richtete das Fernrohr genau auf das Boot. Tatsächlich saßen drei Männer darin. Zwei von ihnen trugen wild zerzauste Bärte im Gesicht. Der dritte war Kapitän Jonas Jonissen - Peggys Vater!
Vor Schreck fiel Peggy fast vom Hocker.
„Schneller!“, rief sie und fuhr herum. „Los, Paule, straff die Segel! Wir brauchen mehr Fahrt!“
Der Schiffsjunge rührte sich nicht. Er stand da, als ob er mit den Deckplanken verwachsen wäre. Fassungslos starrte er Peggy an.
„D-du hast... d-der Gei-geisterpirat...“, stotterte er.
„Jetzt mach schon!“, fuhr Peggy ihn an. „Wir müssen Papa retten!“
Endlich kam Bewegung in Paule. Er warf noch einen letzten Blick zum Steuerrad hinüber, dann rannte er auf die Takelage zu und zog die Taue der Hauptsegel strammer.
Peggy sprang vom Hocker
und stolperte die Treppe hinunter.
Unten im Schiffsbauch
kauerten Tom Rauhals und Hun-Hin.
Panisch blickten sie Peggy entgegen.
„Papa ist entführt worden!“, rief sie.
„Wir müssen ihn retten!“
Tom Rauhals und Hun-Hin
sahen einander an.
Dann schüttelten sie den
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