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Peggy, die Piratentochter

Titel: Peggy, die Piratentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schroeder
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Ein Fest am falschen Tag
    Als Peggy an diesem Morgen die Augen aufschlug, war alles ruhig an Bord der „Seeanemone“. Nur das sanfte Plätschern der Wellen, die gegen den Bug schlugen, und das Flattern der Segel waren zu hören.
    Seltsam, dachte Peggy.
    Sie setzte sich auf und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Durch das Fenster sah sie die Oberfläche des Meeres, das im Licht der Sonne wie ein Teppich aus Millionen von Diamanten glitzerte, und plötzlich glaubte sie, den feinen Duft köstlichen, heißen Kakaos in ihrer Nase zu spüren. Hastig schob sie den Stoffhimmel beiseite, sprang aus der Koje und zog das lilafarbene Kleid über.
     
    „Papa!“, rief Peggy.
Sie schlüpfte in ihre Schnallenschuhe.
„Papa, was ist los?“
Schwungvoll stieß Peggy
die Kajütentür auf
und stürzte auf die Treppe zu.
„Papa, wo bist du?“

    Aber Kapitän Jonas Jonissen war nirgends zu entdecken. Weder stand er am Ruder noch befand er sich sonst irgendwo an Deck. Das ganze Schiff schien wie leer gefegt zu sein. Tom Raupelz, der alte Piet Stinkpfeife und Paule, der junge Matrose - sie alle waren verschwunden.
    Peggy legte den Kopf in den Nacken und blinzelte zum Mastkorb hinauf. Um gegen die helle Morgensonne überhaupt etwas erkennen zu können, musste sie ihre Augen mit der Hand beschirmen.
     
    „Pauleee!“, brüllte sie.
„Bist du da oben?“
Doch es kam keine Antwort zurück.
Der Mastkorb war leer.

    Es sei denn, Paule hatte sich - wie schon so oft - am Boden des Korbes zusammengerollt und schlief. Kapitän Jonas Jonissen wurde jedes Mal fuchsteufelswild, wenn er den Jungen dabei erwischte.
    „Arbeiten sollst du!“, schrie er dann so laut, dass man es bis in den Ruderraum hinunter hören konnte. „Was glaubst du wohl, warum ich dich angeheuert habe? Zum Faulenzen etwa? Oder hältst du dich vielleicht für eine nutzlose Krähe?“Lustigerweise wird der Mastkorb in der Seemannssprache auch Krähennest genannt, was Peggy nie so ganz verstanden hatte. Schließlich gab es auf hoher See nur Möwen, Pelikane oder andere Meeresvögel, aber keine Krähen. Die waren auf einem Schiff so selten wie Kühe, Schweine, Schafe oder... heute auch Kapitän Jonas Jonissen höchstpersönlich.
    „Zum blutbärtigen Muschelpiraten, Papa, wo steckst du?“, murmelte Peggy.
     
    Sie wandte sich der Treppe zu.
    Vielleicht schlief heute ja nicht nur der Schiffsjunge etwas länger, sondern die ganze Besatzung. Wie von der Tarantel gestochen, sauste Peggy wieder unter Deck hinunter und schaute nun in der Mannschaftskajüte nach.

    „Tom Raupelz!“- Nichts!
„Piet Stinkpfeife!“- Nichts!
„Paule?“- Natürlich nichts!
Alle Kojen waren leer.
Jetzt blieb nur noch die Kombüse.
Den Kakaogeruch hatte sich Peggy
doch nicht nur eingebildet!
    Mit wenigen Sätzen hechtete sie auf die Schiffsküche zu und warf sich gegen die Tür. „Aoouuuaaah!“, ertönte es dahinter laut stöhnend und vielstimmig.
    Peggy stolperte über ein schmutzig-grünes geflicktes Hosenbein und landete geradewegs im Arm von Kapitän Jonas Jonissen. Lachend drückte ihr Vater sie an sich und das Stöhnen ringsherum ging nun allmählich in einen donnernden Männerchorgesang über.
     
    „Zum Geburtstag viel Glück,
zum Geburtstag viel Glück,
zum Geburtstag, liebe Peggy,
zum Geburtstag viel Glück!“
Paule schmetterte am lautesten

    Verdattert blickte Peggy von einem zum anderen. Die hellblauen Augen ihres Vaters strahlten mit den neun Kerzenflammen auf der schneeweißen Sahnetorte, die ihr der chinesische Schiffskoch Hun-Hin voller Stolz entgegenhielt, um die Wette. Tom Raupelz entblößte eine Reihe mächtiger, schief gewachsener Zähne. Sein polterndes Lachen ließ die Töpfe und Pfannen an den Wänden erzittern, und obwohl er auf einem Ölfass hockte, berührten die schwarzen Locken, die rund um seinen Kopf herum wuchsen, die Kombüsendecke. Paule klemmte zwischen seinen kräftigen Schenkeln und grinste Peggy verlegen an.
    Vor ihnen am Boden saß Piet Stinkpfeife. Er trug eine Augenklappe, eine schwarze Weste und eine zerfledderte grüne Wollhose und hatte seine Beine lang ausgestreckt. Piet Stinkpfeife zog an seiner Pfeife und blies Peggy übermütig einen Schwall Rauch ins Gesicht.

    „Ja, seid ihr denn verrückt geworden!“,
rief Peggy.
Hustend wedelte sie den Pfeifenrauch
vor ihrer Nase weg.
„Ich habe doch gar nicht Geburtstag!“
    Mit einem Schlag war es still in der Kombüse. Kapitän Jonas Jonissen, Tom Raupelz, Piet Stinkpfeife, der Schiffsjunge Paule und

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