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Pendergast 10 - Fever - Schatten der Vergangenheit

Titel: Pendergast 10 - Fever - Schatten der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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entlang. Sie gingen langsam und folgten der Spur, die das Gras und das Laub durchzog. Der Fährtenleser blieb stehen und wies mit dem Speer auf ein Dickicht aus flachgedrücktem Gras. Dort war eine große, mit Blut befleckte Fläche zu sehen, noch feucht, das Laub ringsum war mit arteriellem Blut vollgespritzt. Hier hatte der Löwe sein Opfer das erste Mal abgelegt und zu fressen begonnen, während es noch lebte und bevor auf ihn geschossen wurde.
    Jason Mfuni beugte sich vor und hielt schweigend einen Gegenstand hoch: die Hälfte eines Unterkieferknochens, samt Zähnen, abgenagt an den Rändern und sauber geleckt. Schweigend schaute Pendergast darauf. Mfuni legte den Knochen wieder hin und zeigte auf eine Bresche in der Mauer aus Vegetation.
    Sie gingen weiter, durch diese Lücke und hinein in dichtes grünes Buschwerk. Mfuni blieb alle zwanzig Schritte stehen, um zu lauschen und die Luft zu schnuppern oder einen Blutfleck auf einem Blatt zu untersuchen. Ab diesem Punkt war die Leiche ausgeblutet, und die Blutspur wurde schwächer: Nur noch winzige Schlieren und kleine Flecken waren zu sehen.
    Der Fährtenleser blieb zweimal stehen, um auf eine Fläche mit flachgedrücktem Gras zu zeigen. Dort hatte der Löwe den Leichnam abgelegt, um ihn besser mit dem Maul packen zu können, und wieder vom Boden aufgehoben. Der Tag zog schnell herauf, die Sonne erschien über den Baumkronen. Nur war es an diesem Morgen, bis auf das ständige Gesumme der Insekten, ungewöhnlich still und leise.
    Mehr als anderthalb Kilometer folgten sie der Fährte des Löwen. Die sengende Sonne stand über dem Horizont, im Unterholz herrschte eine backofenähnliche Hitze, die Tsetse-Fliegen stoben sirrend in Wolken auf. Es roch stark nach Staub und Gras. Schließlich endete der Pfad und führte aus dem Buschland hinaus in eine Salzpfanne unter dem breiten Geäst eines Akazienbaums, auf der sich ein einzelner Termitenhügel wie eine Zinne vor dem weißglühenden Himmel abzeichnete. In der Mitte der Salzpfanne erhob sich ein roter und weißer, von einer laut summenden Wolke aus Fliegen umschwärmter Haufen.
    Mfuni ging vorsichtig darauf zu, Pendergast, Helen und der Waffenträger folgten ihm. Schweigend versammelten sie sich um den halb aufgefressenen Leichnam des deutschen Fotografen. Der Löwe hatte den Schädel aufgebrochen, das Gesicht und einen Großteil des Oberkörpers gefressen; übrig geblieben waren zwei völlig unversehrte Beine, sauber geleckt, sowie ein abgetrennter Arm, dessen Faust ein Büschel Mähnenhaare umklammert hielt. Niemand sprach ein Wort. Mfuni beugte sich vor, zog das Mähnenhaar aus der Faust und betrachtete es eingehend. Dann legte er es Pendergast in die Hand. Es war von tiefroter Farbe. Pendergast reichte es weiter an Helen, die es ebenfalls inspizierte und anschließend Mfuni zurückreichte.
    Während die anderen in der Nähe der Leiche stehen blieben, umkreiste der Fährtenleser langsam die Trockensenke auf der Suche nach Spuren in der alkalihaltigen Erdkruste. Er legte den Finger an den Mund und zeigte über die Senke in ein
vlei,
eine sumpfige Niederung in der Regenzeit, in der – jetzt, wo die Trockenzeit kurz bevorstand – extrem dichtstehendes, drei bis vier Meter hohes Gras gewachsen war. Mehrere hundert Meter in dem
vlei
stand ein großer, dichter Hain aus Fieberakazien, deren regenschirmähnliche Kronen sich vor dem Horizont abzeichneten. Der Fährtenleser deutete auf die Spur im hohen Gras, die der Löwe bei seinem Rückzug hinterlassen hatte. Mit ernster Miene kehrte er zu den anderen zurück und flüsterte Pendergast ins Ohr: »Da drin.« Dabei zeigte er mit seinem Speer. »Er ruhen.«
    Pendergast nickte und warf Helen einen kurzen Blick zu. Sie war noch immer blass, schien aber völlig gefasst zu sein; ihr Blick wirkte kühl und entschlossen.
    Nyala, der Waffenträger, war nervös. »Was ist denn?«, fragte Pendergast leise und drehte sich zu ihm um.
    Nickend wies er in die Richtung des extrem hohen Grases. »Der Löwe schlau. Zu schlau. Ganz schlechter Ort.«
    Pendergast zögerte, er blickte vom Waffenträger zum Fährtenleser, zum hohen Gras und wieder zurück. Dann bedeutete er dem Fährtensucher voranzugehen.
    Langsam und verstohlen betraten sie das extrem hohe Gras. Die Sicht betrug jetzt weniger als fünf Meter. Die hohlen Stengel raschelten bei jeder Bewegung, in der stehenden Luft war der süßliche Geruch nach dem von der Sonne erwärmten Gras beinahe erstickend. Ein grünlich schimmerndes

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