Perry Rhodan Neo 3: Der Teleporter (German Edition)
nur noch mehr Chaos dabei heraus.« Er hielt eine Handfläche senkrecht und tippte mit der anderen darauf, wie ein Schiedsrichter. »Wir brauchen eine Auszeit, verstehst du? Dringend. Bevor das alles ... Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, wo das enden soll.« Hilfe suchend blickte er zu Sue, die ihren Armstumpf um Sids Hüfte gelegt hatte.
Der Junge hielt den Kopf gesenkt. Seine Schultern zuckten. Er brabbelte vor sich hin. Nur Bruchstücke waren zu verstehen, immer wieder unterbrochen vom Schnaufen und Schluchzen.
»... darf mich nicht ... sucht mich ... am Mond hätte er mich nicht ... will weg, nur weg ... mit den Fremden könnte ich ihm ...«
Marshall fasste ihn sanft an den Oberarmen und ging in die Knie, bis ihre Augen auf gleicher Höhe waren. »Wer ist er , Sid? Vor wem hast du solche Angst? Was hat er dir angetan, wie heißt er?«
»Clifford«, antwortete Sid, mit einem Mal vollkommen klar.
»Und wie noch? Wie lautet sein Nachname? Sag ihn mir, Junge. Bitte! «
Sid schrie gellend auf und wand sich, als habe Marshalls letztes harmloses Wort ihn getroffen wie ein Stromschlag. Dann sackte er zusammen.
Marshall fing ihn auf.
Er versuchte, ihm die Pistole aus dem Gürtel zu ziehen, aber die Hand des Jungen hatte sich so fest um den Kolben verkrampft, dass Marshall ihm hätte die Finger brechen müssen. Schweiß tropfte von seiner Stirn. Einige Meter über ihnen keckerte durchdringend ein Vogel.
Was nun?
Sue, die kleine, verkrüppelte, so bewundernswert praktisch veranlagte Sue zog das Netz-Tablet aus Sids Beutel und tippte darauf herum. »Wie ich's befürchtet habe«, sagte sie. »Wir sind zur Großfahndung ausgeschrieben, im ganzen Bundesgebiet. Auf Hinweise, die zu unserer Ergreifung führen, ist eine Belohnung in Höhe von dreißigtausend Dollar ausgesetzt. Von jedem von uns dreien gibt es massenhaft Fotos aus diversen Winkeln. Die Überwachungskameras in der Lobby des NASA-Kontrollturms ... Wenig schmeichelhaft, was FBI und Homeland Security über uns behaupten. Denen zufolge sind wir gemeingefährliche Irre und gleichzeitig kriminelle Superhirne.«
Stöhnend kam Sid wieder zu sich. Sein erster Blick galt der Pistole, sein zweiter bohrte sich in Marshalls Augen. Nackte Angst war darin zu lesen. »Hilf mir, John.«
»Das versuche ich die ganze Zeit. Aber du musst dir auch helfen lassen , Spark.« Bewusst verwendete Marshall den Spitznamen, den andere Zöglinge des Pain Shelter schon vor längerer Zeit für Sid geprägt hatten und der sich als so erschreckend stimmig erwiesen hatte. »Mal langsam. Ein Schritt nach dem anderen. Wir sind auf der Flucht. Weil einiges schiefgelaufen ist, im Grunde so gut wie alles. Egal. Uns zu stellen hätte momentan keinen Sinn.« Über die Verhörmethoden von Homeland Security kursierten übelste Gerüchte. »Da sind wir uns einig, oder?«
»Ja.«
»Ja«, bekräftigte auch Sue. »Außerdem seid ihr beide schwer angeschlagen. Du, John, wegen deiner Verletzung, und du, Sid, weil du viel zu wenig isst. Wobei ich mir gar nicht sicher bin, ob du überhaupt so viele Kalorien zu dir nehmen könntest, wie du mit einer einzigen Teleportation verbrennst.«
»Wir bleiben zusammen«, versicherte Marshall. »Und autark. In Freiheit. Wenn wir kein weiteres Unheil mehr anrichten. Hörst du mich, Spark? Wir müssen uns verstecken, uns auskurieren, ein paar Tage bedeckt halten und abwarten. Sonst mündet das Ganze in eine Katastrophe. Dieses Palmenhaus ist als Schlupfloch unbrauchbar. Also suchen wir uns etwas besser Geeignetes. Weitab vom Trubel. Kannst du dir so was vorstellen?«
»Weiß nicht ...«
»Lass dir Zeit.«
Aber Sid kam nicht zur Ruhe.
Im Gegenteil, er sprang und sprang und sprang. Von hier nach dort, von einer ungastlichen Lokalität zur anderen. Ein leer stehendes Industriegelände. Der eingemottete Bahnhof einer aufgelassenen Lokalstrecke. Müllhalden, Schrottplätze, immer noch mehr Müllhalden. Sperrgebiete, an deren Stacheldrahtzäunen verwitterte Schilder vor chemischer oder radioaktiver Verseuchung warnten ... John Marshall lernte die Kehrseite des Silberdollars kennen: Facetten der USA, deren Existenz er immer geahnt hatte. Genau deshalb hatte er den Shelter gegründet. Trotzdem hatte er die volle Wahrheit nie wahrhaben wollen. So viel Abfall und Elend, dass es für mehr als einen Kontinent gereicht hätte ...
Einen dauerhaften Zufluchtsort fanden sie nicht. Sid González sprang und sprang, oft mehrmals unmittelbar hintereinander. Er wurde immer
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