Dämliche Dämonen - Demonkeeper
1. Kapitel
Mutterseelenallein
Ich kenne keinen einzigen Menschen, dachte Nate. Seit fast einem Monat kümmerte er sich nun ganz allein um die Dämonen. Mit zwei schweren Eimern voller Glibberzeug durchquerte er die Eingangshalle des alten Fachwerkhauses. Futter für seine Schützlinge. Hauptsächlich waren es Fischinnereien, aber sie mochten auch die Köpfe. Augäpfel waren eine besondere Delikatesse.
Als er über den senffarbenen indischen Teppich wankte, schwappten ein paar Tropfen der blutigen Mixtur über und sickerten durch einen Riss im Holzboden in den Keller. Nate bemerkte es nicht. Er war so in Gedanken, dass er in dem düsteren Vorraum beinahe über ein großes pelziges Etwas gestolpert wäre.
»Hoppla!« Er konnte sich gerade noch auf den Beinen halten. »Guten Morgen, Bel.«
Der riesige englische Schäferhund Belvedere stellte ein Ohr auf und schaute ihn unter seinen Zotteln hervor an.
»’tschuldigung«, sagte Nate. »Ich bin heute ein bisschen durcheinander. Keine Sorge, du kriegst dein Frühstück, sobald ich die Radaubrüder versorgt habe.«
Nate war froh, dass er wenigstens nicht ganz allein war. Dhaliwahl hatte ihm immerhin einen Freund hinterlassen, der nicht aus dem Dämonenreich stammte.
Der Flur, der von der Eingangshalle abging, war vollgestellt mit Antiquitäten. Nate näherte sich einer Holzbank, deren hohe Rückenlehne an den Ecken mit kunstvoll geschnitzten Köpfen verziert war. Als er daran vorbeiging, wurden sie lebendig und begrüßten den Jungen mit schaurigem Geleier.
»Naaathan.«
»Naaaaathan.«
»Naaaaaaathan.«
»Morgen, ihr beiden«, erwiderte Nate im Vorübergehen.
Das Nächste war eine leblose Pflanze auf einem reich verzierten Untersatz. Nate griff nach einer Sprühflasche, benetzte die braunen Blätter und setzte seinen Weg fort. Die Pflanze wurde leuchtend grün und quoll üppig über den Topfrand hinaus.
Nate war noch keine drei Schritte weitergegangen, als er ein gequältes Stöhnen vernahm.
»Oh-ah...«
Er versuchte es zu überhören.
»Ohh-ahh!« Diesmal klang es noch eindringlicher. Er hatte die Masken fast hinter sich gelassen.
Das Stöhnen kam von der Eisenmaske an der linken Wand. Die Holzmaske, die genau gegenüber hing, verzog das Gesicht. »Warum hältst du nicht einfach mal die Klappe?«, schimpfte sie. »Jeden Tag das gleiche Gejammer: Oh-ah. Oh-ah.«
»Hey, ich werde hier gefoltert, ja?«, schimpfte die Eisenmaske zurück. »Weißt du, wie es sich anfühlt, wenn man langsam verrostet?«
Die Augen der Holzmaske drehten sich zu Nate. »Junge, häng mich bloß woandershin. Der Kerl macht mich wahnsinnig.«
Nate nahm die Holzmaske von der Wand. Er konnte die beiden nicht voneinander trennen. Streitende Lärmdämonen musste man in Paaren halten, sonst gingen sie, statt sich gegenseitig in den Haaren zu liegen, nur ihrem Hüter auf die Nerven. So tauschte er die Masken einfach aus und hängte jede an den Wandnagel der anderen. Dann hob er die Eimer wieder an und ließ die beiden verdutzten Streithähne zurück.
Hinter Nates Rücken schwoll in Bels Fell eine Beule an. Zwei gelbe Augen hielten durch die Zotteln Ausschau nach dem davoneilenden Jungen. Bel kratzte sich gähnend. Von seinem mächtigen Hinterlauf löste sich ein kleines, knollenartiges Wesen und krabbelte Nate auf wieselflinken Stummelbeinchen hinterher, hielt sich aber im Schatten. Nate blieb stehen und blickte sich argwöhnisch um, sah aber nur den Hund. Achselzuckend ging er weiter.
Schließlich war er im Badezimmer angelangt, in dem es weder ein richtiges Waschbecken noch eine Toilette gab, sondern nur einen langen, gusseisernen Wassertrog. Dort hinein entleerte er jetzt den ersten Eimer mit Glibberzeug.
Eigentlich besaß Nate einen angeborenen Spürsinn für Dämonen. Für gewöhnlich kribbelten seine Nackenhärchen, wenn einer in der Nähe war, der etwas im Schilde führte. Aber der Dämon, der sich nun anschlich, überlistete ihn immer wieder aufs Neue. Der kleine Kerl lugte kurz um die Ecke und nahm dann seine wahre Gestalt an. Er reckte und streckte sich, bis er sich in einen grünen, schienbeinhohen Hauskobold mit Schnurrbart und schmalen, aufrechtstehenden Ohren verwandelt hatte, dessen Klauen so feingliedrig und beweglich waren wie die eines Waschbären. Zwischen seinen Lippen ragten zwei übergroße Fänge hervor wie ein Doppeldolch, und jetzt schnupperte er mit zuckender Nase in Nates Richtung.
Hungrig beäugte der Kobold Nates Beine, dann sprang er ihn an, krallte
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