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Perry Rhodan Neo 6: Die dunklen Zwillinge (German Edition)

Perry Rhodan Neo 6: Die dunklen Zwillinge (German Edition)

Titel: Perry Rhodan Neo 6: Die dunklen Zwillinge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Borsch
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bockte – und plötzlich brüllte Sanders: »He, was soll das?«
    Was war los? Monterny versuchte, den Kopf zu drehen, aber der Helm hinderte ihn daran.
    »Mach den Scheiß da weg!«, brüllte Sanders.
    »Reg dich ab!«, antwortete Ivanhoe. Er wuchtete sich im Beifahrersitz hoch, drehte sich in das Innere des Fahrzeugs und machte sich an den Stiefeln Sanders' zu schaffen.
    »Drecksschlappen!«, schäumte der Schütze. »Für diese Drecksgören!«
    Monterny kapierte. Eines von Ivanhoes Bündel aus Schuhen hatte sich zwischen den Füßen Sanders' verfangen, behinderte ihn.
    »Sie können nichts für den Dreck«, sagte Ivanhoe, während er sich an dem Turm zu schaffen machte. »Es sind nur Kinder.«
    »Genau. Und wir sollten uns einen Dreck um sie scheren!«
    »Du weißt nicht, was du redest!«
    Ivanhoe bekam das Bündel los, sank zurück auf den Beifahrersitz. Einen Schuh hielt er in der Hand. Eine Badelatsche aus Plastik. Als Ivanhoe gemerkt hatte, dass die Kinder in Sadr City nach Schuhen noch verrückter waren als nach Süßigkeiten, hatte er einen Berg von ihnen aus den Emiraten kommen lassen. Von seinem eigenen Sold. Ivanhoe wollte die Schuhe am Ende der Patrouille verteilen, auf einem freien Platz, an dem sie einen Stopp riskieren konnten.
    Die Schuhe waren der Grund, weshalb sie ihre Runde rechtsherum fuhren.
    »Und du weißt nicht, was du tust!«, brüllte Sanders. »Dein Schuhtick ist Wahnsinn!«
    Wahnsinn ... ja, so konnte man es sehen. Oder auch andersherum, als Mut. Iwanowitsch Goratschin war der mutigste Mann, den Monterny je getroffen hatte. Ivanhoe schien keine Furcht zu kennen. Ivanhoe war der einzige Soldat der Station – neben Monterny selbst –, der keine Medikamente schluckte, um nicht durchzudrehen.
    »Ich tue nur, wozu wir hier sind!«, rief Ivanhoe. »Ich helfe!« Eine Zornesader trat auf seiner Stirn hervor. Ivanhoe war der sanftmütigste Mensch, dem Clifford je begegnet war. Aber geriet er in Wut, brannte sie glühend heiß.
    »Du bringst uns noch alle um! Du ...«
    »Schluss jetzt!«, brüllte Monterny, bevor Ivanhoes Wut Oberhand gewann. »Bitte! Wir müssen uns konzentrieren, sonst sind wir gleich tot. Okay?«
    Die beiden Streithähne schwiegen abrupt. Es gelang nur selten, aber es war eine Gabe, die Monterny zu eigen war: Manchmal, wenn es darauf ankam, konnte er überzeugend sein. Außergewöhnlich überzeugend.
    Und in diesen Momenten kam es darauf an. Monterny bremste den Humvee auf beinahe Schrittgeschwindigkeit ab und bog in das Gewirr von flachen, schmutzigen Häusern ein, das Sadr City ausmachte.
    Es war ein Slum.
    Die Straße war eine ungepflasterte, bucklige Piste. Staubig an den Rändern, in der Mitte ein offener, stinkender Abwasserkanal.
    »Hearts and Minds Alley« hatte ihn einer der Soldaten irgendwann genannt, und der Name war hängen geblieben.
    Hier waren die Irakis, die Menschen, die sie befreit hatten. Hier waren die Herzen, die sie gewinnen wollten. Die Köpfe, die sie überzeugen wollten.
    Niemand beachtete sie. Als hätten die Einheimischen kollektiv beschlossen, dass die Amerikaner so unvermeidlich zum Leben gehörten wie die Hitze, die Trockenheit und die Stromausfälle.
    Oder taten sie nur so?
    »Mach schneller!«, keuchte Sanders. Er schwenkte das schwere Maschinengewehr pausenlos herum, strich über die Menschen, die einkauften oder einfach nur beisammenstanden und darauf warteten, dass der Tag zu Ende ging.
    Jeder dieser Menschen mochte ein Feind sein.
    »Es geht nicht!«, entgegnete Monterny. »Es ist zu eng hier!« Er hatte eine Hand auf der Hupe, aber niemand störte sich daran. Autos, von Eseln gezogene Gespanne, Fußgänger – sie machten für den breiten Humvee nur unerträglich langsam Platz.
    »Das ist nicht unser Problem! Schieb sie weg!«
    »Nein!«
    Sanders fluchte, aber beließ es dabei. Es gab nichts, was er hätte tun können.
    Die Menschenmengen wurden immer dichter. Monterny bremste auf Schritttempo. Menschen drückten sich an dem Fahrzeug vorbei. Zum Greifen nah und gleichzeitig unendlich entfernt.
    Ivanhoe hob die Hand, grüßte nach draußen, auch wenn niemand seine Geste erwiderte. Monterny folgte seinem Vorbild. Er grüßte und lächelte, drückte die Angst so weit weg, wie er nur konnte.
    Irgendwo hatte er gelesen, dass Lächeln half, die Stimmung zu heben. Die Bewegung der Muskeln setzte einen Reiz, den das Gehirn veranlasste, Botenstoffe auszuschütten, die es leichter machten zu lächeln, was wiederum verstärkt Botenstoffe anregte,

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