Peterchens Mondfahrt
Anneliese!
Peterchen, der kleine Strick, tat, als ob er eben aufwachte
und rieb sich
umständlich die Augen. Dann fragte er ganz verschlafen, ob es
schon so hell wäre.
»Natürlich!« sagte die Minna und zog die
Gardinen am Fenster zurück! Summ! -
schwirrte etwas in der Stube umher!
»Der Maikäfer ! « riefen die Kinder
wie aus einem Munde und waren im Nu
aus dem Bett. Schwupp! - hatte die Minna ihn schon und wollte ihn ins
Feuer
stecken. Aber da kam sie bei Peterchen schön an.
»Was? den Sumsemann
totmachen? Der darf nicht totgemacht werden, der ist unser Sumsemann,
den muss
man fliegen lassen!« rief er und zog sie energisch am
Schürzenband. Die Minna
schüttelte den Kopf; sie konnte nicht begreifen, was das alles
heißen sollte;
sie war eben zu dumm, die Minna. Schließlich aber gab sie den
kleinen Käfer
der Anneliese auf so dringendes Bitten doch ins Händchen und
ging hinaus, um
die Mutter zu holen.
Kaum waren die Kinder allein, so liefen sie zum Fenster und
betrachteten den
Käfermatz. Er lag in Annelieses Händchen und stellte
sich tot. Natürlich, die
Minna hatte ihn auch schauderhaft erschreckt!
Peterchen zählte sofort seine Beinchen. Ja, es waren
richtig sechs Beinchen!
Also, das Abenteuer war nicht umsonst gewesen, die
Beincheneroberung war geglückt,
wirklich geglückt, und die Sumsemanns waren nach tausend
Jahren zu ihrem Recht
gekommen durch die Taten Peterchens und Annelieses. Anneliese meinte,
man könne
es wirklich nicht sehen, dass das Beinchen angeklebt sei, und aus
tiefster Überzeugung
sagte sie:
»Spucke klebt schön!«
Jeder wird das glauben nach dieser Erfahrung!
Da krabbelte das Käferchen wieder. »Er
merkt, dass wir es sind, und fürchtet
sich nicht mehr«, meinte Peterchen, und sie freuten sich
beide. Dann machten
sie schnell das Fenster auf, Anneliese hielt ihr Händchen
hinaus, und sie
sangen das berühmte Fliegeliedchen. Der kleine Sumsemann aber
krabbelte emsig
auf den ausgestreckten Zeigefinger Annelieses, breitete auf der
obersten Spitze
seine Flügel aus und ... summ ... flog er hinaus in den blauen
Morgen, über
den Garten, über die Wiese, weit, weit!
»Ade, ade, Herr Sumsemann!
Kommen Sie gut zu Hause an!«
riefen sie und winkten ihm nach.
Da kam die Mutter herein,
umarmte ihre
beiden Kinderchen, gab ihnen einen lieben Gutenmorgenkuss und
außerdem - das
war eigentlich seltsam! - jedem Kind ein schönes
Pfefferkuchenpäckchen mit
einem Gruß vom Weihnachtsmann. Es waren genau die
Kuchenpäckchen, die das
Pfefferkuchenmännchen ihnen auf der Weihnachtswiese in der
Nacht gepflückt
hatte. Nun war es klar - nun war es ganz gewiss, dass die Mutter mit
dem
Weihnachtsmann eng bekannt und sehr befreundet war, dass sie schon das
ganze
Abenteuer von ihm wusste und auch die Geschichte vom Mondmann, der
alles
aufgefressen hatte. Der Weihnachtsmann hatte natürlich alles
gesehen, Püppchen,
Hampelmann, Äpfel und Pfefferkuchen; hatte sie aus des
Mondmanns Bauch wieder
herausgezaubert und der Mutter schnell auf die Erde geschickt, zur
Belohnung für
die Kinder. Es war ganz gewiss so - es konnte ja gar nicht anders sein!
Und hell
jubelnd fielen sie ihrem lieben, lieben Muttchen um den Hals!
- Ende -
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