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Peterchens Mondfahrt

Titel: Peterchens Mondfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerdt von Bassewitz
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gleichen Augenblick die liebliche Tochter der Sonne, die
Morgenröte. Sie hatte
die Arme über das Haupt erhoben, von ihren Händen
tropften Rubinfunken, und
rote Nebel wehten aus ihrem Haar. Das Haupt weit in den Nacken gelegt,
sang die
Morgenröte, mit einer Stimme, die jubelnder war als die aller
Lerchen, und
klingender als die aller Nachtigallen der Erde:
    »Der Sonne goldener Wagen
naht,
Von der Erde weichen die Träume,
Es
kränzen des Himmels heiligen Raum
Des Tages silberne Säume.
Ich fliege über
die Welt dahin,
Mit dem Bruder, dem Morgensterne;
Frühwolken, wie blitzende Blumen blühn
Über der duftenden Ferne.
Schon weckt der Tag den schlafenden Hain
Zu des Frühlings leuchtendem Glück.«
    Hier wandte sie lächelnd den Kindern das wunderschöne
Antlitz zu und nickte
voll Liebe:
    »Nun eilt euch - eilt euch, ihr Kinderlein!
Kehrt schnell auf die Erde zurück!
    Dann entschwand sie wieder; hinter ihr aber blieb der große
Himmel von
Purpur übergossen, und das blasse Mondland darunter
glühte, als hätten
Millionen Rosen auf seinem elfenbeinfarbenen Grunde die Knospen
gesprengt. Die
Kinder standen noch unbeweglich vor Staunen über die
unbeschreibliche Schönheit
dieser Erscheinung; da zupfte sie der
    Maikäfer leise am Hemdchen, gab ihnen das rechte und
das linke Vorderkrällchen
und sagte mit tiefem Ernst und mit sehr feierlicher Stimme:
    »Nun ist sie
vorüber, die seltsame Fahrt,
Bei der ihr mir treue Begleiter wart.
Mein Beinchen habe ich endlich wieder,
So wollen wir schnell zur Erde nieder!
Fasst euch bei den
Händen und, hört ihr den Spruch,
So schließt eure Augen; in sausendem Fall
Geht's nieder in unser Heimattal.«
    Die Kinder gehorchten sofort, denn sie fühlten, dass es
großer Ernst war,
als der Sumsemann dies sagte. Sie umfassten sich also und standen dicht
aneinandergeschmiegt. Der Maikäfer aber rief laut:
    »Mutter Erde, wir rufen
dich an:
Fern dir führte uns unsere Bahn;
Hör uns, unsere Not war groß,
Nimm uns wieder in deinen Schoß!«
    Da öffnete sich der Boden, und die drei Abenteurer sanken, eng
umschlungen,
hinab in die Tiefe.

Wieder daheim
    Als der Maikäfer seinen Spruch gesprochen hatte, war
es den Kindern ganz dunkel
vor Augen geworden; sie fühlten, wie der Boden sich unter
ihnen auftat und wie
sie in eine fast unendliche Tiefe hinabsausten. Sehen konnten sie
nichts, und hören
konnten sie nur ein ungeheures Brausen und Summen. Krampfhaft hielten
sie
einander umklammert und konnten weiter nichts denken, als dass sie sich
nur
nicht loslassen durften. So ging es eine ganze Weile, und dann war es
ihnen plötzlich,
als sänge mitten in dem Brausen und Summen ein kleiner Vogel.
Immer lauter
wurde das Zwitschern und Singen, das Summen aber wurde immer leiser,
bis es ganz
aufhörte und nur noch das trillernde Vögelchen zu
hören blieb. Da wagten die
Kinder, die Augen aufzumachen. Ha!... sie saßen in ihrem
Kinderzimmerchen, eng
umschlungen, im Nachthemdchen mitten auf dem Tisch!
    Die
Sonne warf gerade den ersten blitzenden Strahl durch das Fenster, und
auf
dem Fliederbusch draußen pfiff ein kleiner Zeisig
vergnügt sein
Morgenliedchen. Beide Kinder waren so erstaunt, dass sie sich
zunächst mit weit
aufgerissenen Augen anguckten. Dann sagte Peterchen - aber erst nach
einer
ganzen Weile: »Anneliese!« und Anneliese sagte:
»Peterchen!«
    Als sie dabei merkten, dass sie ganz richtig noch Peterchen
und Anneliese
waren und nicht etwa Fledermäuschen, Mondschäfchen
oder Kanonenkugeln,
platzten sie los und lachten schrecklich. Sie hatten aber auch wirklich
sehr
komische Dinge erlebt und waren nach so viel Gefahren und Abenteuern,
ohne eine
einzige Beule oder sonst ein Wehwehchen, wieder daheim in ihrem
Stübchen. Grund
zur Freude war also genug. Alles um sie her war ganz in Ordnung.
Schaukelpferd,
Puppenstube, Bilderbücher und... hurra! das Püppchen
und Hampelhänschen auch;
so gesund, als wären sie niemals vom Mondmann aufgefressen
worden. Selbst die Körbchen
mit den Äpfeln standen hübsch auf dem Tisch, wie die
Mutter sie am Abend
hingestellt hatte. Das war wirklich wunderbar!
    Sie waren noch damit beschäftigt, all dies jubelnd
festzustellen, da hörten
sie draußen die dicke Minna kommen. Husch! - waren sie im
Bettchen. Die Minna
kam herein, wie an jedem anderen Morgen und rief:
    »Aufstehen, aufstehen, Kinderlein! Die Sonne ist
schon über der Wiese!
Aufstehen, Peterchen,

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