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Pfad der Seelen

Pfad der Seelen

Titel: Pfad der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kendall
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auszuruhen. Dann zwang ich mich weiter voran.
    Andere Türen, alle verschlossen, säumten den Gang. Ich roch Weizen und Wein. Dann machte der Tunnel eine Biegung, wurde breiter und endete in einem niedrigen Raum mit einer Holztreppe, die zu einer Falltür hinaufführte. Im Raum lagen Lederstiefel, Saatgut und das verschmutzte Unterkleid eines Mädchens herum. Stroh, das nicht annähernd so sauber wie das in meinem Apfelkeller war, lag in einer Ecke aufgehäuft.
    Maggie sprach über die Schulter: » Die Höflinge und Küchenmägde nutzen diesen Raum manchmal, um … naja, du weißt schon.«
    Ich fragte sie nicht, ob sie hier jemals zum Du-weißt-Schon gewesen war. Ich wusste, dass sie es nicht getan hatte. Ich war ihr Erster gewesen, und sie meine Erste.
    » Roger, lass mich vorgehen. Um zu sehen, wer hier unterwegs ist.«
    Ich nickte. Sie stellte die Laterne ab, stieg die Treppe nach oben, öffnete die Falltür und verschwand.
    Allein brach ich auf dem Strohhaufen zusammen. Mein Atem ging schwer und keuchend. Der Stumpf meines Handgelenks fing an, ernsthaft wehzutun, aber das war nichts im Vergleich zu der Panik in meinen Gedanken. Wie konnten wir fliehen? Und wenn wir aus dem Palast entkamen, wohin würden wir gehen?
    Anscheinend bestand mein ganzes Leben aus verzweifelten Fluchtversuchen. Vor Hartah, vor den Soldaten, die den blonden Strandräuber gehängt hatten, vor der Königin, vor Lord Soleks Männern, vor Hyrgyll. Ich sehnte mich nach einem Ort, an dem ich nicht mehr fliehen musste, einem Ort des Friedens und der Ruhe …
    Aber der einzige solche Ort war das Land der Toten.
    Ich hatte mich gerade erst wieder aufgerichtet, um die Treppe hinaufzusteigen, als sich die Falltür öffnete. Maggies Gesicht kam über mir zum Vorschein, ihr Haar fiel ihr in das zerschlagene Auge. Die andere Hälfte ihres Gesichts war weiß vor Entsetzen.
    » Sie führen die Königin gerade zum Feuer«, sagte sie. » Und Lord Robert nähert sich mit einer Armee!«

31
    Lord Robert Hopewell. Ich hatte ihn vergessen … und weshalb auch nicht? Zum letzten Mal war ich ihm vor Monaten begegnet, als er gegen die Tür zu den Privatgemächern der Königin getreten und » Caroline!« gebrüllt hatte. Und dann die Königin, barfuß und mit nichts als einem kurzen Unterkleid bekleidet, ihr dunkles Haar ein wilder Fluss um ihre bloßen Schultern, und Lord Solek war gerade erst aus ihrem Schlafgemach gekommen. Nun ritt Lord Robert an der Spitze einer Armee, die er irgendwie aufgestellt hatte, aus Bauern und Ausländern und wer weiß was noch.
    Liebte er sie noch, liebte er die wandlungsfähige und rücksichtslose und zarte Schönheit der Königin, obwohl sie ihn mit dem wilden Häuptling betrogen hatte? Er musste sie noch lieben, wenn er die Blauen der alten Königin um Carolines Leben willen herausforderte.
    Ich blickte zu Maggie auf und fragte eindringlich: » Wo verbrennen sie die Königin?«
    » Gleich jenseits der Westbrücke! Damit die Dorfbewohner es sehen können … der Scheiterhaufen ist schon bereit. Komm schnell herauf, es ist niemand da außer dem Diener, der es mir erzählt hat, und der ist jetzt auch weg – komm!«
    Aber ich konnte die Treppen nicht hinaufsteigen. Maggie musste herabkommen und mich dann halb hinauftragen. Sie war unglaublich stark. Wir betraten einen Raum, der mit Pritschen, Sätteln, Teilen von blauen Livreen und Zügeln übersät war und in dem es stark nach den Pferdeknechten roch, die hier dicht zusammenlebten. Am anderen Ende der Kammer öffnete sich eine Tür zu einem hellen, sonnenbeschienenen Innenhof. Ich humpelte darauf zu, Maggie stützte mich halb.
    » Wie kommen wir am schnellsten aus dem Palast?«
    » Durch die Küche.«
    Auf meinem alten Weg in die Stadt. Nachdem wir den Hof der Kuriere hinter uns gelassen hatten, erkannte ich die Strecke wieder. Aber wir konnten sie nicht nehmen. Auf einmal waren die Gänge voller Leute – Diener mit bleichen Gesichtern, sogar ein paar Soldaten, die Befehle brüllten. Maggie zog mich in einen Seitengang, damit wir nicht gesehen wurden, und dann in einen anderen, und die ganze Zeit bewegten wir uns weiter von der Küche fort. Schließlich fanden wir uns im Hof vor dem Thronsaal wieder. Und dort stand Mutter Chilton.
    » Roger«, sagte sie ruhig. Sie wirkte überhaupt nicht überrascht, mich zu sehen. » Du solltest nicht aufstehen und herumgehen.«
    » Die Blauen …«, keuchte ich. » Die Schlacht …«
    » Ja. Ich weiß. Kommt mit mir.«
    » Ich kann nicht … Ich

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