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Pfade Ins Zwielicht

Pfade Ins Zwielicht

Titel: Pfade Ins Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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anzuhören, bei dem es um Fischereirechte ging, aber auch nur, falls dabei mächtige Leute im Spiel waren und sie deswegen eine zweite Meinung hören wollte, da sie ein Berufungsverfahr en vor dem Thron befürchtete.
    Die Braunen wurden von einem Behüter begleitet - Yukiri konnte sich nicht mehr erinnern, ob er zu Marris oder Doraise gehörte -, einem stämmigen Burschen mit einem harten, runden Gesicht und einem dunklen Haarknoten, der Leonin und die Schwerter auf seinem Rücken mit einem Misstrauen betrachtete, das er sicherlich von seiner Schwester aufgeschnappt hatte.
    Das Pärchen stolzierte den spiralförmigen Korridor mit hoch erhobenem, feistem Kinn nach oben, während sich die dürre Neue beeilte, mit ihnen Schritt zu halten. Der Behüter schlenderte hinter ihnen her mit der Haltung eines Mannes auf feindlichem Gebiet.
    Feindseligkeit war heutzutage fast schon der Normalzustand. Die unsichtbaren Wände zwischen den Ajah, die einst kaum dick genug gewesen waren, um die Geheimnisse der Gruppen zu verbergen, waren zu massiven Festungswällen mit Wassergräben geworden. Nein, keine Wassergräben; breite und tiefe Erdspalten. Schwestern verließen die Quartiere ihrer Ajahs niemals allein, oft nahmen sie ihre Behüter sogar in die Bibliothek oder die Speisesäle mit und trugen immer ihre Stolen, als könnte sonst jemand ihre Ajah verwechseln. Yukiri selbst trug ihre beste Stola, die mit silbernen und goldenen Stickereien versehen war und deren lange Seidenfransen bis zu ihren Knöcheln hingen. Also trug wohl auch sie ihre Ajah etwas zur Schau. Und letztens hatte sie darüber nachgedacht, dass ein Dutzend Jahre wohl genug waren, auf einen Behüter zu verzichten. Ein schrecklicher Gedanke. Keine Schwester sollte im Inneren der Weißen Burg einen Behüter benötigen.
    Nicht zum ersten Mal kam ihr der unerfreuliche Gedanke, dass jemand zwischen den Ajahs vermitteln musste, und zwar bald, oder die Rebellen würden so dreist wie Diebe zur Eingangstür hereinspazieren und das Haus ausräumen, während sich der Rest von ihnen darüber zankte, wer Großtante Sumis Zinnkrug bekommen sollte. Aber sie sah nur ein Ende des Fadens, mit dem man das Knäuel hätte entwirren können: Meidani und ihre Freundinnen mussten öffentlich zugeben, dass die Rebellen sie in die Burg geschickt hatten, um Gerüchte zu verbreiten - Geschichten, von denen sie noch immer behaupteten, dass sie der Wahrheit entsprachen! -, dass die Rote Ajah Logain als falschen Drachen erschaffen hatte. Konnte das die Wahrheit sein? Ohne dass Pevara es wusste? Der Gedanke, dass eine Sitzende, vor allem Pevara, getäuscht worden war, war unvorstellbar. Aber wie dem auch sei, dieser Teil des Knäuels lag mittlerweile von so vielen anderen überdeckt, dass er allein kaum noch einen Unterschied machte. Außerdem würde sie, bevor der Sturm der Entrüstung sich gelegt hatte, die Hilfe von zehn von vierzehn Frauen verlieren, von denen sie sicher sein konnte, dass sie keine Schwarzen Ajah waren, ganz zu schweigen davon, dass es vermutlich enthüllen würde, womit der Rest von ihnen beschäftigt war.
    Sie fröstelte, und das hatte nichts mit der Zugluft in dem Korridor zu tun. Sie und jede andere Frau, welche die Wahrheit aufdecken konnte, würde vor dem Ende des Sturms sterben, entweder durch so genannte Unfälle oder im Schlaf. Oder sie würde einfach verschwinden, schlichtweg die Burg verlassen, und niemand würde sie jemals wiedersehen. Daran hatte sie nicht den geringsten Zweifel. Jeder Beweis würde so tief vergraben sein, dass nicht einmal eine Armee mit Schaufeln ihn je wieder würde ausgraben können. Sogar die Gerüchte würde man zum Verstummen bringen. So etwas war schon vorgekommen. Die Welt und die meisten Schwestern glaubten noch immer, dass Tamra Ospenya im Schlaf gestorben war. Yukiri hatte es geglaubt. Bevor sie es wagen konnten, sich an die Öffentlichkeit zu wenden, mussten sie die Schwarze Ajah so weit wie möglich aufgespürt und unschädlich gemacht haben.
    Sobald die Braunen außer Sicht waren, fuhr Meidani mit ihrem Bericht fort, verstummte aber Augenblicke später erneut, als unmittelbar vor ihnen eine große, haarige Hand einen Wandbehang zur Seite stieß, der mit den grellbunten Vögeln des Versunkenen Landes bestickt war. Aus der verborgenen Türöffnung strömte ein eiskalter Luftschwall, und ein schwerer Bursche in einem dicken braunen Arbeitsmantel schob sich rückwärts in den Korridor. Er zog einen hoch mit Holzscheiden beladenen

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