Physiologie der Ehe (German Edition)
hocherlauchte Zecher, ihr, höchst kostbare Gichtkrüppel, und ihr, unermüdliche Schorfkratzer, ihr angebrannten Liebeshelden: ihr pantagruelisiert den ganzen Tag, ihr habt ja eure recht galanten geheimen Frömmigkeiten, ihr geht zur Tertie, zur Sexte, zur None und gleichermaßen zur Vesper, zur Komplete – mit einem Wort, ihr geht immerzu.«
Nicht an euch wendet sich daher die Physiologie der Ehe, denn ihr seid ja nicht verheiratet. Möge das immer so bleiben!
»Und ihr! Muckerbande! Heuchler, Schwätzer, Duckmäuser, Windmacher und all ihr andern, die ihr euch hinter Masken verbergt, um die Welt zu betrügen! Packt euch, Brummochsen! Aus dem Wege! Raus, ihr Kerle mit euren Fallhüten! Zum Teufel auch – seid ihr immer noch da?«
So bleibt mir denn vielleicht kein anderes Publikum übrig als die guten Seelen, die gerne lachen. Fort mit diesen Heulmeiern, die bei jeder Gelegenheit in Vers und Prosa sich ersäufen wollen; die in Oden, in Sonetten, in Lehrgedichten die Kranken spielen! Fort mit diesen querköpfigen Grüblern aller Art – aber gebt mir dafür einige von diesen alten Pantagruelisten, die es nicht so genau nehmen, wenn es einen Becherlupf und einen Ulk gilt, die ihre Freude haben an Rabelais' Buch über Löffelerbsen mit Speck, cum commento , an dem Buch über die Würde der Hosenlätze, und die diese schönen Bücher hoch in Ehren halten.
Über die Regierung, meine lieben Freunde, kann man kaum noch lachen, seitdem sie es fertig gebracht hat, fünfzehnhundert Millionen Steuern zu erheben. Die Mönche und Mönchinnen sind noch nicht reich genug, um bei ihnen trinken zu können; aber es soll nur der heilige Michel kommen, der den Teufel aus dem Himmel jagte – dann werden wir vielleicht die gute Zeit wiederkommen sehen! Folglich bleibt uns in diesem Augenblick in Frankreich nur die Ehe als Gegenstand der Heiterkeit. Jünger Panurgs, euch allein will ich zu Lesern haben! Ihr wißt ein Buch zur rechten Zeit in die Hand zu nehmen und wieder fortzuwerfen, ihr seid leicht von Begriff, versteht eine halbe Andeutung und wißt aus einem Markknochen Nahrung zu ziehen!
Diese Mikroskopgucker, die nur einen Punkt sehen – ich meine die Zensoren – haben sie auch alles gesagt, alles untersucht? Und haben sie ihr unumstößliches Urteil verkündet, daß ein Buch über die Ehe zu schreiben ebenso unmöglich ist, wie einen zerbrochenen Krug wieder neu zu machen?
»Ja, Meister Narr! quetscht noch so viel an der Ehe herum – es wird nie etwas anderes herauskommen, als Vergnügen für die Junggesellen und Verdruß für die Ehemänner. Das ist die ewige Moral. Eine Million gedruckte Seiten können kein anderes Thema behandeln.«
Hiergegen habe ich indessen einige Sätze aufzustellen; nämlich erstens: die Ehe ist ein Kampf auf Leben und Tod, vor welchem die beiden Gatten den Himmel um seinen Segen bitten – denn sich lieben ist stets das kühnste Wagnis; der Kampf beginnt sofort, und der Sieg, das heißt die Freiheit, verbleibt dem gewandtesten.
»Zugegeben. Inwiefern finden Sie aber hierin eine neue Auffassung?«
Nun, ich wende mich an die Neuvermählten von gestern und heute, an die, die eben aus der Kirche oder vom Standesamt kommen und sich der Hoffnung hingeben, ihre Frauen für sich allein behalten zu können; an die, die irgendein Egoismus oder sonst ein unerklärliches Gefühl verleitet, beim Anblick der Leiden ihres Nächsten zu sagen: » Mir passiert so etwas nicht!«
Ich wende mich an die Schiffer, die zur See gehen, nachdem sie manches Schiff haben scheitern sehen; an die Junggesellen, die sich zu verheiraten wagen, nachdem sie den Schiffbruch mehr als einer ehelichen Tugend verschuldet haben. Und dies ist mein Gegenstand – er ist ewig neu, ewig alt!
Ein junger Mann, oder auch vielleicht ein ältlicher Herr, verliebt oder nicht, erwirbt als sein Eigentum durch einen allen Vorschriften entsprechend protokollierten, auf dem Standesamt und im Himmel unterzeichneten und in die Steuerlisten eingetragenen Ehevertrag ein junges Mädchen mit langen Haaren, mit schwarzen feuchten Augen, mit kleinen Füßchen, mit zierlichen, spitzen Fingern, mit rotem Mund, mit elfenbeinweißen Zähnen – gut gewachsen, lebenatmend, appetitlich, sauber, weiß wie eine Lilie, mit den begehrenswertesten Schätzen der Schönheit reich bedacht: ihre gesenkten Wimpern gleichen den Stacheln der Eisernen Krone; ihre Haut ist frisch wie die Blumenkrone einer weißen Kamelie, gehoben durch den Purpur der roten Kamelie; in
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