Physiologie der Ehe (German Edition)
stand sie auf, nahm aus ihrem Gürtel den Schlüssel und reichte ihn dem Eifersüchtigen; aber im Augenblick, wo er die Truhe öffnen wollte, lachte die schlaue Araberin laut auf. Ganz verdutzt hielt Farun inne und sah seine Frau mit einer gewissen Unruhe an. Diese aber rief, vor Freude hüpfend:
›Endlich bekomme ich meine schöne goldene Kette! Gib sie mir! Du hast das ›Diadeste‹ verloren. Ein anderes Mal sei nicht so vergeßlich.‹
Verblüfft ließ der Gatte den Schlüssel fallen, überreichte auf seinen Knien die wundervolle goldene Kette und versprach seiner geliebten Fatme, er wolle ihr alle Kleinode der im Laufe des Jahres vorüberziehenden Karawanen bringen, wenn sie in Zukunft nicht mehr so grausame Listen anwenden wolle, um das ›Diadeste‹ zu gewinnen; und da er ein Araber war und nicht gerne eine goldene Kette verlor, wenn sie auch in den Besitz seiner Frau überging, so bestieg er flugs wieder seinen Renner und ritt ab, um in der Wüste nach Belieben schimpfen zu können – denn er liebte Fatme zu sehr, um ihr ins Gesicht zu zeigen, daß ihm etwas an ihr nicht recht war. Die junge Frau aber zog jetzt den Philosophen aus der Truhe heraus, in der er mehr tot als lebendig lag, und sagte ernst zu ihm: ›Herr Doktor, vergessen Sie in Ihrer Sammlung ja nicht diesen Streich.‹«
»Madame,« sagte ich zur Herzogin, »ich verstehe! Wenn ich mich verheirate, muß ich irgendeiner unbekannten Teufelei unterliegen; aber in diesem Falle – verlassen Sie sich darauf – werde ich meinen bewundernden Zeitgenossen den Anblick einer Musterehe darbieten.«
Paris , 1824-1829.
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