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Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Jahresfrist in alle Patrouillenschiffe eingebaut worden und hatte sich glänzend bewährt. Nie hatte es auch nur den kleinsten Defekt gegeben.
    Nach langen Bemühungen entdeckten die Elektroniker endlich die Ursache für die Entstehung des Lichtpünktchens. Das Vakuum in den Kathodenstrahlröhren für die Bildwiedergabe ließ nach etlichen tausend Betriebsstunden nach – und auf der Innenfläche des Schirms entstand eine Wanderladung, die sich als milchiger kleiner Fleck auf der Lumineszenzschicht abbildete. Diese Ladung bewegte sich nach ziemlich komplizierten Gesetzmäßigkeiten im Innern. Wenn das Raumschiff mit großem Schub geradeaus flog, verteilte sie sich über eine etwas größere Fläche und wurde gleichsam auf der Innenwand des Leuchtschirms plattgedrückt – dann hatte man den Eindruck, das Lichtpünktchen näherte sich der Rakete. Beim Rückstoß glitt die Ladung in die Röhre zurück, und wenn sich die Beschleunigung stabilisiert hatte und konstant blieb, kehrte die Wanderladung allmählich wieder zum Schirm zurück. Sie konnte sich dort in alle Richtungen bewegen, aber meistens konzentrierte sie sich direkt im Zentrum – wenn nämlich die Rakete auf fester Umlaufbahn und ohne Schub dahinflog. Und so weiter und so fort – die Untersuchungen zogen sich in die Länge, sechsstufige Modelle veranschaulichten die Dynamik der Ladung. Überdies zeigte sich, daß stärkere Lichtsignale im Bereich der Elektronenröhre die Ladung zerstreuten. Sie konzentrierte sich nur dann, wenn die Intensität der von der Röhre empfangenen Impulse ausnehmend schwach war – so schwach wie eben im kosmischen Vakuum, in großer Entfernung von der Sonne. Es genügte, daß ein einziger Sonnenstrahl über den Leuchtschirm leckte, und die Ladung löste sich auf und verschwand für Stunden.
    Ungefähr so viel stellten die Elektroniker fest – ein stattliches, mit mathematischen Formeln und Modellen gespicktes Buch war das Ergebnis. Darauf machten sich Ärzte und Psychologen, die verschiedensten Koryphäen auf dem Gebiet der Astroneurosen und Astropsychosen ans Werk. Und abermals nach vielen Wochen stellte sich heraus, daß die Wanderladung pulsierte – was man mit dem bloßen Auge als feine dunkle Streifen wahrnahm, die über die kleine Lichtscheibe rutschten. Die dichte Folge der Entladungen wiederum, die zu kurz waren, um einzeln vom Auge registriert zu werden, bildete den sogenannten Teta-Rhythmus der Hirnrinde und schaukelte die Potentialschwankungen der Rinde so lange durcheinander, bis Symptome auftraten, die einem epileptischen Anfall ähnelten. Die absolute äußere Ruhe, das Fehlen jeglicher Reize, die des Lichtes ausgenommen, und das anhaltende, unbewegliche Starren auf den flackernden Lichtpunkt waren die Begleiterscheinungen, die einem derartigen Ausbruch besonders förderlich waren.
    Die Fachleute, die das alles entdeckten, wurden natürlich berühmt. Die Elektroniker der ganzen Welt kennen heute den Ledieux-Harper-Effekt, der auf der Entstehung von Wanderladungen im hohen Kathodenstrahlvakuum beruht, und die Astrobiologen das komplexe ataktisch-katatonisch-klonische Nuggelheimer-Syndrom.
    Die Person des Piloten Pirx wurde von der Wissenschaft totgeschwiegen, und nur sehr aufmerksame Zeitungsleser konnten aus den kleingedruckten Meldungen mancher Abendblätter erfahren, daß es ihm zu verdanken war, wenn keinem Piloten mehr das Geschick von Wilmer und Thomas drohte, die die Schubkraft ihrer Raumschiffe bis an die maximale Grenze gesteigert und während ihrer Jagd nach dem »Irrlicht« das Bewußtsein verloren und in den Abgründen des Kosmos den Tod gefunden hatten.
    So also blieb Pirx der Ruhm versagt, aber das kümmerte ihn wenig. Selbst den künstlichen Zahn, den er sich für den alten, mit dem Knie ausgeschlagenen einsetzen ließ, bezahlte er aus der eigenen Tasche.

 
    Die Jagd
     
    Fuchsteufelswild kam er aus der Hafenleitung. Ausge rechnet ihm mußte das passieren! Der Armator hatte die Sendung nicht geliefert – einfach nicht geliefert, und damit basta! Näheres wußten sie nicht. Schön, ein Telegramm war eingetroffen: »Verspätung 72 Stunden – stop – zahle Konventionalstrafe auf euer Konto – stop – Estrand.« Kein Wort mehr. Im Büro des Handelsrates konnte er auch nichts ausrichten. Es wurde langsam eng im Hafen, und die Hafenleitung gab sich mit der Konventionalstrafe nicht zufrieden. Standgeld hin, Standgeld her – das beste wäre immer noch, wenn der Herr Navigator schleunigst startete und

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