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Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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auf Umlaufbahn ginge ... Triebwerke lassen sich stoppen, es kostet also keinen Treibstoff. Sie warten die drei Tage dort oben und kommen dann zurück. Was kann Ihnen das schon ausmachen ...?
    Drei Tage lang um den Mond trudeln, bloß weil der Armator mich versetzt hat! Pirx verschlug es die Sprache, aber zum Glück fiel ihm der Kollektivvertrag ein. Na, und als er ihnen die Vorschriften über den Aufenthalt im Raum unter die Nase rieb, die von der Gesellschaft festgelegt worden waren, machten die anderen einen Rückzieher. In der Tat, es war nicht das Jahr der ruhigen Sonne, die Strahlungsdosen waren nicht zu unterschätzen. Er hätte demnach manövrieren, sich hinter dem Mond vor der Sonne verkriechen und dieses Blindekuhspiel mit Schub ausführen müssen. Wer würde das bezahlen? Der Armator nicht, das stand fest. Etwa die Hafenleitung? Sind Sie sich darüber im klaren, meine Herren, was zehn Minuten voller Schub bei einem Reaktor von siebzig Millionen Kilowatt kosten? Schließlich erhielt er die Halteerlaubnis, aber nur für genau zweiundsiebzig Stunden plus vier Stunden für das Löschen dieses verdammten Stückguts. Keine Minute länger! Sie gebärdeten sich, als erwiesen sie ihm damit eine Gnade. Als ob es seine Schuld gewesen wäre! Dabei hatte er pünktlich auf die Minute zur Landung angesetzt, obwohl er nicht direkt vom Mars kam. Aber daß der Armator ...
    Über alledem hätte er fast vergessen, wo er sich befand – beim Hinausgehen schloß er die Tür so heftig, daß er im nächsten Augenblick zur Decke hinaufsegelte. Das behagte ihm gar nicht, und er schaute sich argwöhnisch um, doch es war niemand da. Überhaupt erweckte die Luna irgendwie einen Eindruck der Leere.
    Klar, etliche hundert Kilometer weiter nördlich, zwischen Hypathia und Toricelli, hatten die großen Arbeiten begonnen. Die Ingenieure und Techniker, von denen es hier vor einem Monat nur so wimmelte, waren bereits zur Baustelle abgereist. Das große UNO-Projekt Luna II lockte immer mehr Leute von der Erde herbei. Wenigstens werde ich diesmal keine Scherereien mit dem Hotelzimmer haben, ging es ihm durch den Kopf, während er mit der Rolltreppe ins letzte Stockwerk der unterirdischen Stadt fuhr. Die Leuchten verbreiteten ein grelles, kaltes Tageslicht. Jede zweite war abgeschaltet. Aha, Sparmaßnahmen! Er stieß die Glastür auf und betrat die kleine Halle. Natürlich, freie Zimmer gab es noch. In Hülle und Fülle. Er ließ den kleinen Koffer oder vielmehr die Reisetasche beim Portier und überlegte: Ob Tyndall auch aufpaßt, daß die Mechaniker die Zentraldüse ausschleifen? Denn noch auf dem Mars hatte sie sich wie eine mittelalterliche Kartätsche aufgeführt. Eigentlich hätte er sich selbst darum kümmern müssen, denn wenn der Chef seine Augen nicht überall hat ... Aber er hatte keine Lust, zwölf Stockwerke mit dem Lift zu fahren, vermutlich waren sowieso schon alle verduftet. Be stimmt saßen sie im Warenhaus des Flugplatzes und hörten sich die neuesten Platten an. Er ging weiter, ohne recht zu wissen, wohin. Das Hotelrestaurant war leer, schien geschlossen, aber am Büfett saß ein rothaariges Mädchen und las in einem Buch. Vielleicht war sie auch darüber eingenickt, denn ihre Zigarette hatte sich auf der Marmorplatte in einen langen Aschestengel verwandelt ...
    Pirx setzte sich, stellte die Uhr nach Ortszeit, und schlagartig wurde es spät: zehn Uhr abends. An Bord war noch vor wenigen Minuten Mittag gewesen. Dieses ewige Ringelspiel mit der Zeit war immer noch genauso anstrengend wie zu Anfang, als er eben erst fliegen lernte. Er aß sein Mittagessen, das sich nun auf einmal als Abendbrot entpuppte, und trank Mineralwasser dazu, das wärmer war als die Vorsuppe. Der Ober, der trübsinnig und verschlafen wirkte wie ein waschechter Mondsüchtiger, verrechnete sich zu seinen Ungunsten – ein bedenkliches Zeichen. Pirx riet ihm, Urlaub auf der Erde zu machen, und stahl sich leise hinaus, um das Mädchen am Büfett nicht aufzuwecken. Dann holte er sich beim Portier den Schlüssel und fuhr in sein Zimmer. Er guckte nicht gleich auf die Blechmarke, doch als er unterwegs einen Blick auf die Nummer warf, beschlich ihn ein seltsames Gefühl: 173. In diesem Zimmer hatte er früher schon mal gewohnt, damals, als er zum erstenmal »auf die andere Seite« flog. Aber nachdem er die Tür aufgemacht hatte, stellte er fest, daß es entweder doch ein anderes Zimmer war oder daß man es völlig umgebaut hatte. Nein, er mußte sich wohl geirrt

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