Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Planet am Scheideweg

Planet am Scheideweg

Titel: Planet am Scheideweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
Vom Netzwerk:
sich die Leine. Der Riesenfisch schwamm im Zickzack und ließ sich halb ziehen. Ein eigentümlicher Anblick. Die großen Augen starrten die Menschen im Boot böse an. Dann tauchte der Fisch wieder so viel ein, daß nur der Rücken und die Schwanzflosse aus dem Wasser sahen. Yebell schob den Hebel nach vorn, hielt die Trommel an und begann dann wieder aufzuspulen. Als der Leinenmesser nur noch fünfzig Meter zeigte, hörte er auf.
    »Verdammt!« sagte er leise.
    Das Mädchen hatte seinen Fluch gehört und schaute ihn fragend an.
    »Was gibt es, Yebell?«
    »Das habe ich noch niemals erlebt. Ein heimtückischer Bursche, dieser Saghir dort.«
    Der Pilot stand halb auf und hielt sich an der Nabe des Steuerrads fest. Er nahm nicht zum erstenmal an einer solchen Jagd teil. Zusammen mit Le Monte hatte er schon eine ganze Anzahl dieser harten Kämpfe mitgemacht und war immer siegreich geblieben, bis auf das eine Mal, als der Fisch das wesentlich kleinere Boot gerammt und umgeworfen und die Mannschaft attackiert hatte. Gerade dieses Warten, diese untypische Pause zwischen dem letzten Teil des Kampfes und der jetzt bestehenden Situation machte den Piloten und Yebell gleichermaßen nervös. Das hatte noch niemand erlebt.
    Der Pilot sagte scharf:
    »Nimm die Büchse und erschieße diesen Fisch, Le Monte. Ich habe ein verdammt ungutes Gefühl!«
    Yebell streckte die Hand nach der Büchse aus, die Spezialgeschosse feuerte, aber dann schüttelte er den Kopf.
    »Nein! Das muß geklärt werden. Ich habe einen widerlichen Verdacht. Dieser Fisch dort scheint wahnsinnig zu sein.«
    Das Boot schleppte El Saghir an einer vierzig Meter langen Leine hinter sich her. Die Zwillingsdüsen schoben die ARCHÄOPTERYX mit fünfzehn Knoten Geschwindigkeit vorwärts. Jetzt wurden bereits die flachen Ufer unterhalb des Sendemastes und Leuchtfeuers sichtbar. Der Fisch schien, hinter dem Boot ziehend, Kräfte für einen letzten Angriff zu sammeln. Zwischen den Insassen des Bootes breitete sich ein unbehagliches Schweigen aus. Niemand wußte, was er von dieser Jagd halten sollte. Sie verlief im letzten Drittel völlig untypisch.
    Die Leine tauchte ins Wasser ein, wurde wieder gespannt und schleuderte Tropfen nach allen Richtungen. El Saghir ließ sich schleppen. Der rasende Schmerz der Harpune, die sich mit vier Haken in sein Fleisch bohrte, schien ihn nicht zu stören.
    Der Pilot warf Yebell einen langen, nachdenklichen Blick zu. Le Monte biß sich auf die Lippen und beugte sich nach vorn. Er sah jetzt aus wie ein Schwimmer, der startbereit am Beckenrand kauerte. Er starrte den Fisch an, der zurückzustarren schien.
    Plötzlich bewegte sich El Saghir .
    Die Leine hing durch und verschwand an zwei Stellen im grünen Wasser. Wie ein Rasender schlug der Fisch mit seiner Schwanzflosse und kam in gerader Linie näher. Er riß die Schnauze auf. Deutlich waren die beiden Doppelreihen der scharfen Zähne zu erkennen. Aber zwischen den kleinen, rasiermesserscharfen Zähnen wuchsen riesige, fast doppelt fingerlange Dolche heraus. Sie sahen aus wie kleine Spitzkegel und waren leuchtend weiß. Blitzschnell langte Yebell nach der Büchse, lud durch und legte an. Noch zwanzig Meter trennten den angreifenden Fisch und das Bootsheck. Der erste Schuß krachte. Im Schädel des Fisches zeichnete sich eine lange, blutende Schramme ab. Überschlagendes Wasser wusch das Blut herunter und ließ die weiße Wunde erkennen. Der Fisch zuckte nicht einmal zusammen. Mit kraftvollen Schlägen kam er näher. Yebell griff zu den Hebeln, ließ die Waffe neben das Harpunengewehr fallen und spulte schnell die Leine auf. Die Trommel drehte sich, das Getriebe ratterte. Noch zehn Meter ...
    Der Fisch schlug einen Haken und rammte das Boot von Steuerbord. Krachend schlug der Bootsboden in die Wellen, das Gefährt verlor einen Augenblick seine Gleitfahrt; eine meterhohe See kam vom Bug über und rauschte entlang der Aufbauten nach hinten und überschüttete das Mädchen und Le Monte mit Gischt. Dann sprang der Fisch hoch. Noch acht Meter Leine. Er beschrieb in der Luft einen Halbkreis, sein schwarzer Schädel mit dem furchtbaren Gebiß kam senkrecht herunter, und die Kiefer schlossen sich knirschend über dem Bordrand des Bootes. Der Pilot wußte, daß das Zurückfallen von Gleitfahrt in die Verdrängerfahrt ihren sicheren Tod bedeuten konnte. Er schob beide Geschwindigkeitshebel ganz nach vorn, der schlagende Schwanz des Fisches und die beiden kochenden Düsenausstöße erzeugten drei

Weitere Kostenlose Bücher